0400 - Ich und die grauen Hyänen
Sag mal, Chas, ist 5000 nicht ein bißchen viel auf einmal. Selbst wenn der Kerl ’nen riesigen Laden hat, der wird es sich reiflich überlegen, ob er so viel ’rausrückt.«
»Ist ’ne Idee vom Boß, nicht meine«, verwahrte sich Chas Fisher. »Ich finde es ja auch viel, aber wenn’s klappt, dann haben wir auf einen Schlag ’ne ganze schöne Summe.«
»… und müssen den größten Teil von dem Moos an den geheimnisvollen Boß abliefern«, ergänzte der Gangster mit der schlecht verheilten Hasenscharte den Satz nicht ganz sinngemäß.
»Da bleibt aber immer noch genügend für uns kleben«, widersprach Chas Fisher. »Und daß der Boß sich den Rahm abschöpft, kannst du ihm ja eigentlich nicht verdenken.«
»No, würde ich auch machen«, sagte Eddie Barlow, ohne seine Haltung zu verändern. Er schielte noch immer nach der Flasche und suchte krampfhaft nach einer Gelegenheit, in die Nähe der Anrichte zu kommen. »Sag mal, Chas, kennst du den Boß eigentlich?«
Chas Fisher fuhr herum.
»Wie kommst du darauf? Was soll das?«
»Ich meine bloß, ob du den Boß schon mal gesehen hast. Wir arbeiten doch schon lange zusammen, aber ich habe ihn noch nie zu Gesicht bekommen. Du vielleicht?«
»Du weißt ganz genau, daß wir darüber nicht sprechen sollen, Barlow«, versuchte Fisher den Gangster abzulenken. »Der Boß will das nicht, halte dich daran.«
»Pfeif doch drauf! Warum sollen wir nicht darüber sprechen? Vielleicht bist du selbst der Boß und kassierst bei jeder Tour den Extraanteil.«
Kaum hatte der Hasenschartige das letzte Wort gesagt, da war Chas Fisher heran. Noch mitten im Sprung hob er die Faust und setzte sie Barlow genau unter die Nase.
Der Kopf des Gangsters flog in den Nacken. Ein heiserer Schrei brach aus seinem schmerzverzerrten Mund. Da sauste auch schon der nächste Schlag auf Barlow nieder. Diesnjal hatte Chas Fisher auf die Kinnspitze gezielt, die er mit einem Aufwärtshaken treffen wollte.
Blitzschnell ließ sich Barlow vom Stuhl kippen und entging dem Schlag in letzter Sekunde.
Die Faust von Fisher krachte gegen , die hohe Stuhllehne.
Er stieß einen gräßlichen Fluch aus und wollte Barlow, der am Boden lag, mit dem Fuß treffen.
Der Gangster reagierte mit einer Geschwindigkeit, die man dem trägen Mann niemals zugetraut hätte. Mit einem Satz war er plötzlich auf den Beinen und hatte eine schwere 08 in der Rechten liegen.
Chas Fisher erstarrte zur Salzsäule und stierte mit unsicherem Blick auf die Waffe in Barlows Hand.
»Mach keinen Quatsch, Barlow«, zischte Fisher leise. »Steck das Ding ein. Du hast doch nicht vor, mich zu erschießen? War ja nicht so gemeint, Mann.«
Eddie Barlow wischte sich mit der linken Hand über den Mund. Der Handrücken war rot. Barlow blutete aus Nase und Mund.
»War nicht so gemeint, he?« knurrte er wütend und belauerte aus zusammengekniffenen Augen den blonden Fisher, der sich an der Stuhllehne festhielt und damit rechnete, daß der andere schießen würde. »Du schlägst mir das Gesicht kaputt, aber du hast es nicht so gemeint. Wenn ich dir eine Kugel in deinen Schädel gejagt habe, dann werde ich auch sagen, daß ich das nicht so gemeint habe.«
Barlow spuckte aus und lachte böse. Die Waffe hielt er noch immer auf Fisher gerichtet.
»Mann, tu das Ding weg. Du hast mich gereizt, und da habe ich dir eben eine kräftige Antwort gegeben. Warum, verflucht, hast du mich nicht in Ruhe gelassen? Für die blöde Verdächtigung hattest du eine Abreibung verdient. Aber jetzt steck das Ding weg, und dann will ich vergessen, daß du’s aus der Halfter geholt hast.«
Gemächlich steckte Barlow die 08 in die Schulterhalfter zurück und drehte sich wortlos um. Mit schweren Schritten ging er zur Anrichte hinüber. Er griff nach der Flasche, entkorkte sie und setzte sie an die blutenden Lippen.
Chas Fisher biß die Zähne so fest zusammen, daß die Kiefer schneeweiß wurden. Er hatte einen scharfen Befehl auf der Zunge, schluckte ihn aber hinunter und stellte den Stuhl, dessen Lehne er noch immer gepackt hielt, mit einem Ruck zur Seite.
»Brauch ein Schmerzmittel, Chas«, brummte Barlow, der genau wußte, was der Vormann dachte. Er nahm noch einen Schluck und stellte die Flasche dann zur Seite. »Gegen ein Beruhigungsmittel kann wohl keiner was einwenden, oder?«
»Ich hab’ die 5000 gefunden«, sagte Joe Monzelio so gleichgültig, als hätten seine beiden Komplicen sich nicht vor wenigen Sekunden wie wilde Kampfhähne gegenübergestanden.
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