0401 - Das Vampir-Internat
dem wir durch Zufall oder Glück möglicherweise nur die Spitze entdeckt haben.«
»Kennst du denn einen Ausweg?«
Da war Harry zwar nicht überfragt, aber eine konkrete Antwort hatte er auch nicht parat. »Es ist so, Maggy, wir müssen uns an Bobby halten. Nur er kann uns die Lösung des Falles bringen. Er ist die einzige Spur, die wir haben.«
»Er wird dir nichts sagen.«
»Stimmt. Nur braucht er nicht gerade zu merken, dass wir ihm auf den Fersen sind. Oder zumindest ich.«
»Was hast du vor?«
»Ich werde ihn verfolgen.« Belmont grinste scharf. »Wie ein Detektiv die Leute beschattet, so werde ich mich an die Fersen meines Sohnes Bobby heften.«
Margret wusste zunächst nicht, was sie sagen sollte. Nach einer Weile erst fragte sie: »Und das willst du wirklich tun?«
»Siehst du eine andere Möglichkeit?«
»Nein, nein. Ich sehe überhaupt nichts. Ich habe das Gefühl, gar nicht mehr denken zu können. Das ist alles über mich gekommen wie ein Sturmwind. Ja, Bobby hatte sich in den letzten Tagen verändert, aber dass so etwas passieren würde, wer konnte damit schon rechnen?«
Margret war verzweifelt. Ihr Mann wusste jetzt, was er tun musste, ging auf sie zu und nahm sie in den Arm. Sacht strich er über das Haar seiner Ehefrau. »Es wird alles wieder gut werden, glaub mir. Wir packen es gemeinsam und holen Bobby aus den Klauen dieses anderen.«
Margret ließ sich Zeit mit einer Antwort. »Ich möchte dir so gern glauben, Harry, aber ich kann es nicht. Ich fühle, dass da eine starke Macht ist, die uns Bobby entreißen will. Etwas lauert hier, gegen das wir nicht ankommen.«
Harry war im Prinzip mit seiner Frau einer Meinung. Er gab es nur nicht zu, um sie nicht noch hoffnungsloser zu machen, als sie ohnehin schon war.
Stattdessen drückte er sie zurück. »Ich muss jetzt gehen.«
»Wohin?«
»Zu Bobby!«
»Es hat keinen Sinn. Er wird dir kaum antworten und vielleicht sogar eingeschlafen sein.«
Da musste Harry Belmont lachen. »Bobby und eingeschlafen? Nein, meine Liebe, das stimmt nicht. Der Hass hält ihn wach und auch der Glaube an diesen verdammten Acron.«
Der Mann öffnete die Tür. Das Bad lag, wie auch die Schlafzimmer, im ersten Stock des Reihenhauses. In den Wohnraum führte eine ziemlich enge Holztreppe hinunter.
Auf der dritten Stufe von oben blieb der Mann stehen und lauschte. Von Bobby hörte er nichts. Er vernahm nur die Schritte seiner Frau hinter sich, hob die Hand und bedeutete ihr, zu schweigen.
Sie blieb stehen. Nach einigen Sekunden hielt sie es nicht mehr aus und fragte flüsternd: »Was ist denn los?«
»Ich höre nichts.«
»Er schläft sicherlich.«
»Das will ich genau sehen.« Harry Belmont schritt die Treppe hinab. Nein, an die Worte seiner Frau wollte er nicht glauben. Seine Hand schleifte über das Geländer, während er die Holzbohlen bei jedem Schritt nur mit den Zehenspitzen berührte.
Der Flur bildete nahe der Tür zum Wohnraum einen Winkel, der einen langen Schatten warf, sodass sich dieser wie ein breiter, schwarzer Geisterfinger in den Raum schob.
Dieser Schatten war symbolisch für alles, was der Familie in der letzten Stunde widerfahren war. Fremde Kräfte hatten nach ihnen gegriffen und sie in ihre Gewalt gebracht. Zudem fühlte sich der Mann mitschuldig an den Ereignissen.
Nach der letzten Stufe konnte er in den Wohnraum schauen. Sein Blick fiel direkt auf die Couch.
Sie war leer!
***
Harry Belmont schrie nicht, er fluchte nicht, er sagte überhaupt nichts. Er spürte nur den gewaltigen Druck im Magen, der auf ihm lastete wie ein schwerer Fluch.
Nur die innere Stimme wallte in ihm hoch, und die sagte ihm:
»Du hast es gewusst, zumindest geahnt. Dass er jetzt weg ist, trifft dich. Es ist deine Schuld.«
Wie ein Roboter ging er vor, blieb in der Tür stehen, sah die spaltbreit geöffnete Terrassentür und spürte erst jetzt den kühlen Wind, der in das Zimmer fuhr und über sein Gesicht strich.
Margret kam näher. »Was ist denn los?« hauchte sie.
»Er ist weg!« erwiderte Harry tonlos. »Unser Sohn hat sein Elternhaus verlassen, um Acron zu folgen. Er ist gegangen«, sagte der Mann mit zuckender und stotternder Stimme. »Furchtbar.«
Diesmal hatte sich Margret besser unter Kontrolle. »Und jetzt?« fragte sie leise.
»Ich habe keine Ahnung.«
Sie fasste ihren Mann an. »Aber du musst doch wissen, wo er hingegangen ist.«
»Vielleicht.«
»Dann geh hinter ihm her. Oder ich mache es, Harry. Kampflos gebe ich Bobby nicht her!«
Der
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