0401 - Das Vampir-Internat
mehr in ihm. Dieser Junge war wieder völlig normal geworden, konnte sich auch kniend nicht mehr halten, kippte nach vorn und wurde von Bill aufgefangen, bevor er mit dem Gesicht zu Boden schlug.
Hatten wir es geschafft?
Mein Freund nahm Peter Wade wie ein kleines Kind auf die Arme und trug ihn zu seinem Bett. Als er ihn dort niederlegte, hatte ich mich bereits um die anderen gekümmert. Auch sie brachte ich zu ihren Schlafplätzen und war froh, dass ein jeder von ihnen atmete und keiner unter der Kraft des Schattenkreuzes gestorben war.
Ich schaute in die Münder hinein, entdeckte aber bei keinem mehr die Vampirzähne. Ich lehnte mich aufatmend neben der Tür gegen die Wand. Wir hatten es überstanden. Keines dieser Kinder hatten wir töten müssen. Allein das zählte.
»Willst du noch bleiben?« fragte Bill. Er trat auf mich zu. Sein Gang wirkte schwerfällig.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Bill, nicht mehr. Hier wird nichts passieren.«
»Hoffentlich.«
Ein letztes Mal drehten wir noch die Runde. In jedes Bett warf ich einen Blick und sah schlafende Kinder. Keine Spuren hatte dieser geheimnisvolle Acron an ihnen hinterlassen. Die Schüler würden, so hoffte ich, dem neuen Tag entgegenschlummern.
Deshalb verließen wir den Schlafsaal. Im Flur atmeten wir tief durch.
In das Internat war Ruhe eingekehrt. Ich hoffte nur, dass am nächsten Tag, einem Samstag, auch unterrichtet wurde, denn mir brannten einige Fragen auf der Zunge.
Auf dem Weg, den wir gekommen waren, verschwanden wir auch wieder. Schon bald hatte uns der Heizungskeller verschluckt.
Durch die Hintertür gelangten wir ins Freie und atmeten dort tief durch.
Erst danach tauschten wir Gedanken aus. »Bist du jetzt schlauer geworden?« fragte Bill.
»Nein.«
»Ich auch nicht.« Er malte mit der Fußspitze Kringel in den Boden. »Und du kannst mit dem Namen Acron wirklich nichts anfangen?«
»Nein, Bill.«
»Vielleicht eure Computer. Die Abteilung ist Tag und Nacht besetzt. Ruf doch mal an.«
»Die steinigen mich.«
Bill grinste schief. »Können die so weit werfen?«
»Lass uns gehen.«
Ungesehen erreichten wir den Silbergrauen. Bills Idee war nicht schlecht gewesen, und so rief ich beim Yard über Autotelefon an. Ich ließ mich mit der Fahndungsabteilung verbinden und mir den verantwortlichen Chef geben.
»Au, Sinclair, das gibt Ärger, wenn Sie mitten in der Nacht anklingeln. Wie eilig ist es denn diesmal?«
»Am besten bis vorgestern.«
»Dann schießen Sie mal los.«
»Nur ein Wort, Kollege. Acron. Prüfen Sie nach, ob Sie diesen Begriff gespeichert haben.«
»Mehr nicht?«
»Nein. Wann soll ich zurückrufen?«
»Sagen wir in einer halben Stunde.«
»Ich verkürze auf zwanzig Minuten.«
»Sklaventreiber, verdammter.« Damit war die Verbindung unterbrochen. Ich sah Bills Hand, die eine Zigarettenpackung hielt.
»Willst du eine?«
»Ja.«
Wir rauchten schweigend. Durch das zur Hälfte geöffnete Fenster an meiner Seite zogen die Wolken träge nach draußen. Jeder hing seinen Gedanken nach, die nur trübe sein konnten.
»John, wenn ich mir vorstelle, dass meinem Sohn mal so etwas passiert…«
»Um das zu verhindern, sind wir ja hier.«
»Stimmt auch. Und wo willst du schlafen? Ich meine, die Nacht ist noch lang.«
Wir hatten vorgehabt, in dieses relativ nahe gelegene kleine Hotel zu fahren. Das genau wollte ich nicht mehr und erwiderte grinsend:
»Weißt du eigentlich, dass dieser Bentley, über dessen Alter du dich immer so aufregst, auch Liegesitze hat?«
»Ach, wirklich?«
Ich drückte die Zigarette im Ascher aus. »In der Tat, mein Lieber. Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir uns hier zur Ruhe legen. Ist ein Vorschlag, oder?«
»Das schon«, gab Bill mürrisch zu.
»Wenn es dir nicht passt, Alter, draußen ist es frisch. Du kannst dich mit Laub vom letzten Jahr zudecken, dir eine Höhle graben und Eichhörnchen spielen.«
»Danke, so viele Nüsse habe ich nicht.« Er lachte kurz. »Okay, John, bleiben wir hier.«
Noch ließ ich den Sitz in der normalen Stellung und holtestattdessen den Chip wieder hervor. Bill schaltete die Innenbeleuchtung ein. In ihrem Licht schauten wir uns den Gegenstand an.
»Fällt dir was auf?« fragte ich meinen Freund.
»Von der Form her hat er sich nicht verändert, doch irgendwie kommt er mir blasser vor. Dir nicht auch?«
Wenn ich genauer hinschaute, fiel es mir ebenfalls auf. Der Chip hatte sich in der vergangenen Stunde farblich verändert. Seine Oberfläche war
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