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0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht

0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht

Titel: 0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf der Klappe, der immerhin einiges Gewicht hatte«, warf Phil ein.
    »Das Gewicht von Potter war eben nicht groß genug, um den Widerstand zu überwinden.«
    »Das klingt wie im Märchen, Cäsar«, sagte ich.
    »Zur Sicherheit bin ich allerdings noch weiter gegangen«, fuhr Cäsar fort. »Ich habe an den federnden Planken zu beiden Seiten der Fallklappe noch winzige, kaum sichtbare Nuten eingefräst, die sich unter die Falltür schoben und sie eisern festhielten. Hinzu kommt, dass Potter nicht schwer wie ein Elefant ist. Darum musste es so kommen, wie ihr es erlebt habt. Wenn Potter von dem Gerüst heruntergeführt wurde, fehlten drei Mann am Galgen. Der Gehilfe wechselte auch seinen Platz. Nur noch der Henker stand am Auslöseknopf. Die Planken schoben sich nicht an die Fallklappe, sie löste sich. Doch wenn alle wieder die vorgeschriebenen Plätze, eingenommen hatten, saß sie fest.«
    »Hätten die Männer am Galgen aber eine andere Aufstellung genommen, Cäsar, dann wäre Gerald Potter durch die Luke gesegelt.«
    Cäsar grinste breit. »Sie kennen Maryland nicht, Cotton. In unserem Staat werden Tradition, Brauch und Vorschrift exakt wie vor hundert Jahren eingehalten. Hier ändert sich kaum etwas. Das sehen Sie schon daran, dass der Galgen immer noch nicht dem elektrischen Stuhl oder der Gaskammer gewichen ist. Doch ich gebe zu, ein gewisses Risiko blieb immer noch bestehen. Aber, was hat das alles Potter genützt? Jetzt ist er trotzdem tot.«
    Wir hatten alle verblüfft gelauscht. Es gab noch eine Menge Fragen, die ich stellen wollte, aber die waren für die Zeitungsleute nicht mehr interessant. Ich hob die Versammlung auf, nachdem Cäsar sich noch einmal in die Brust geworfen hatte, um seine imponierende Gestalt bei den Aufnahmen herauszustreichen. Als die Reporter weg waren, sagte ich: »Wir warten noch auf den Namen des Kassiber-Boten, Cäsar.«
    »Nachtigall«, erwiderte der Häftling.
    »Die Rolle des Komikers steht dir nicht, Cäsar.«
    »Der Mann heißt Nachtigall«, brummte Cäsar. »Er arbeitet bei mir in der Tischlerei. Er hobelte bei eurem Besuch.«
    »Na schön, dann wollen wir hören, was für ein Lied deine Nachtigall zu singen hat, Cäsar.«
    ***
    Der Mann war genauso klein und unscheinbar wie der Vogel, der die schönsten Töne von sich gibt. Nachtigall hobelte an der Werkbank auf einem kantigen Holz herum, als Phil, Cäsar und ich an ihn herantraten. Er trug, genau wie Cäsar, einen grauen Leinenanzug, der mit einer weißen Nummer versehen war und um den dünnen Körper wie Lumpen um eine Vogelscheuche schlotterte. Auf einem mageren, wie gerupft aussehenden Hals saß ein winziger Kopf.
    Wir wussten von Cäsar, dass Nachtigall dann und wann außerhalb des Gefängnisses arbeitete und von einem dieser Ausflüge auch den Kassiber mitgebracht hatte. Woher er ihn bezogen hatte, war Cäsar bis dahin auch nicht bekannt.
    »Nachtigall«, sagte Cäsar, »das sind Cotton und Decker vom FBI. Sie wollen dich etwas fragen.«
    Nachtigall drehte den Hobel nervös in den kleinen Händen herum. »Was wollt ihr wissen?«, fragte er mit dünner Stimme.
    »Cäsar hat uns etwas von einem Kassiber erzählt, den du ins Gefängnis geschmuggelt hast.«
    »Kassiber?«, lispelte er. »Davon ist mir nichts bekannt.« Er schielte zu Cäsar hinüber. »Cäsar muss sich irren.«
    »Reiß nicht auf diese Tour aus, Nachtigall«, rief ihm Cäsar zu. »Die G-men wissen genau über alles Bescheid. Es hat keinen Zweck. Es ist doch nichts dabei, wenn du es zugibst. Von mir wissen sie auch, warum die Falltür am Galgen klemmte.«
    Nachtigall zögerte immer noch. Dann legte er den Hobel auf die Werkbank. »Also, um den Kassiber geht es.«
    »Ja, den du Cäsar überbracht hast. Wo hast du ihn bekommen, und wer übergab ihn dir?« Wir boten den beiden Zigaretten an. Mit Zustimmung des Wärters durften sie rauchen.
    »Ich arbeite manchmal in der Ziegelei«, sprach Nachtigall langsam. »Es war gerade in der Zeit, als Gerald Potter hier in die Todeszelle eingeliefert wurde und Cäsar den Auftrag bekam, den Galgen zu bauen. Ich befand mich in der Ziegelei, wo ich Lehmrutschen und Fenster reparierte. Ein Aufseher war bei mir. In einem Augenblick, als er gerade nicht aufpasste, tauchte ein Mann bei mir auf.«
    »Wie hieß er?«, fragte ich.
    Nachtigall sagte nichts.
    »Kennst du ihn von früher, Nachtigall?«, richtete Phil die Frage an den Häftling.
    »Na gut«, meinte Nachtigall, »Cäsar hatte Vertrauen zu euch. Dann kann ich es ja auch

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