0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht
an. »Jerry«, sagte er mit seiner ruhigen Stimme, »Tomaten-Jo ist wieder in der Stadt.«
»Wieso wieder?« fragte ich. »War er verreist?«
»Wir nehmen es an«, erwiderte Harding. »Einer meiner Kontaktmänner in der Unterwelt meldete mir eben, dass er sich im Pool Room an der Fayette Street auf hält. Er fuhr mit einem resedagrünen Austin vor. Der Wagen hat eine New Yorker Nummer. Wir nehmen darum an, dass er sich in eurer Heimat aufgehalten hat.«
»Gehört der Wagen Tomaten-Jo?«, fragte ich.
»Das weiß ich nicht. Ich habe bereits ein Fernschreiben nach New York an euer Hauptquartier losgeschickt. Früher hatte Tomaten-Jo wenigstens keinen grünen Austin.«
»In Ordnung, James. Befindet sich Jo noch im Pool Room?«
»Ja.«
»Okay, James. Phil und ich werden uns ab jetzt an Tomaten-Jos Fersen heften.«
Ich legte den Hörer auf, ging zu Phil und teilte ihm die Neuigkeit mit.
Keine drei Minuten nach dem Gespräch mit Harding zog der Jaguar die breite betonierte Garagenauffahrt hoch, surrte durch das hell beleuchtete Eingangsloch und fädelte sich in den Verkehr ein.
»Wenn Tomaten-Jo den Austin in New York gestohlen hat«, sagte ich, »dann bietet sich für uns vielleicht die Chance, dass er ihn dort hinbringt, wo auch die übrigen untertauchen.«
»Möglich«, brummte Phil. Ihm ging das schlechte Wetter auf die Nerven.
Wir parkten den Jaguar am Anfang der Fayette Street und gingen zu Fuß weiter.
Von Weitem erkannte ich die Leuchtreklame der Bar. In roten, grünen, gelben und weißen Buchstaben leuchteten die Worte Pool Room auf und verloschen wieder. Kurz vor dem Eingang sah ich den Austin. Phil war hinter mir geblieben, denn es brauchte nicht jeder zu sehen, dass wir zusammengehörten. Er überquerte gerade die Straße, als ich die in helles Licht getauchte Halle betrat.
Rechts stand ein lebensgroßer Cowboy aus Holz und Pappe. In seinem Brustkorb war eine Vorrichtung eingebaut, mit der man mit einem Revolver auf bewegliche Blechkojoten schießen konnte.
In dem Zerrspiegel an einer Säule grinste mir der dickste Mann der Welt entgegen. Das war ich. Ich war aber nicht stehen geblieben, um mich zu bewundern, sondern um Phil zu beobachten. Er glänzte wie ein winziger Däumling am rechten Rand der Spiegel auf. Ich gab ihm ein Zeichen. Das Spiegelbild nickte mir zu. Die Marschordnung stand fest. Ich nahm die linke Seite der Spielhalle, Phil ging auf der rechten Seite entlang.
An den Wänden standen Spielautomaten, die von Menschen aller Altersgruppen umlagert wurden.
An der Kasse wechselte ich einen Dollar gegen Nickel ein und trat an einen Spielautomaten. Während ich den Hebel herunterdrückte und die bunten Räder rotierten, beobachtete ich in dem Glas die Halle. Ich erkannte Phil, der weit hinter meinem Rücken auf der anderen Seite entlangschlenderte. Von Tomaten-Jo war nichts zu sehen.
Langsam näherten wir uns dem Ende der mit Rauch angefüllten Halle, in der es klapperte, knallte und lärmte. Ich blickte zu Phil. Er zuckte mit den Schultern.
An der hinteren Wand der Halle standen keine Automaten. Dort befand sich eine Öffnung, die mit einem roten Samtvorhang abgedeckt war. Darüber leuchtete eine rote Schrift: Roulette.
Ich gab Phil mit dem Kopf ein Zeichen. Er warf ein Fünf-Cent-Stück in einen an der Wand stehenden Spielautomaten und blieb stehen.
Ich schob den roten Vorhang auseinander und traf auf einen großen grauhaarigen Mann, der mich schnell musterte. Ich schien seinen Vorstellungen eines Spielbankbesuchers zu entsprechen, denn er schob den nächsten Vorhang auf und ließ mich in das Kasino. Dort war die Luft noch dicker als in der Halle, das Publikum um eine Nuance vornehmer und das Licht gedämpfter.
Es wurde an drei Tischen gespielt. Die Kugeln klackten.
»Bitte das Spiel zu machen«, hörte ich die leise Stimme eines Croupiers.
Mein Blick fiel auf Tomaten-Jo.
Er saß am rechten Tisch, mit dem Rücken gegen die Wand, direkt neben dem Roulette-Kessel und dem zweiten Croupier. Ich wanderte zum linken Tisch ab, wo ich zehn Dollar auf Impair setzte. Der Croupier zog mit dem Rechen meinen Schein zu sich heran und warf einen roten Chip an seine Stelle.
Die Banknote verschwand in dem Schlitz der Kasse.
Die Kugel rollte. Sie sprang in den Kasten mit einer Pair-Zahl, und mein Jeton wurde mit denen der übrigen Verlierer auf einen Haufen zusammengekratzt. Von da ab spielte ich mit kleinerem Einsatz, nachdem ich an der Kasse einen Schein gegen Chips umgetauscht hatte. Dabei
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