0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht
zuckte der Strahl meiner Lampe auf, damit ich mich orientieren konnte. Die Luft in dem Rohr war schwer und stank faul.
Ich stellte fest, dass das Rohr sich stark bergab neigte. Meiner Vermutung nach lief es bis zu den alten Hafenanlagen hinunter, wo die Abwässer ins Meer gespült wurden.
Nachdem ich etwa fünf Minuten in dem Rohr herumgetappt war, entdeckte ich im Schein meiner Lampe eine Abzweigung. Sie lag auf der linken Seite und war mit einem starken Eisengitter versehen, das von der Decke der Zementröhre bis zum Boden reichte. Ich blieb stehen.
Tomaten-Jos Schritte hatte ich schon seit einiger Zeit nicht mehr vernommen. Ich überlegte, ob er in dem Rohr hinter dem Eisengitter untergetaucht sein konnte.
Dann zog ich an dem Gitter und rüttelte an den Stäben. Sie gaben nicht nach. Ich drückte die Lampe aus und untersuchte das Gestänge.
Meine Finger tasteten über einen dicken eisernen Riegel, in dessen Öse ein starkes Schloss hing. Ich zerrte an dem Riegel, bekam ihn aber nicht auf.
Da wurde ich abgelenkt.
Hinter mir in der Röhre entstand ein starkes, grollendes Tosen und Rauschen.
Ich riss die Lampe herum und leuchtete in das Rohr hinein. Erst beim zweiten Blick sah ich es. Das kleine, rot gefärbte Rinnsal führte plötzlich mehr Wasser. Das Rauschen näherte sich unheimlich schnell und erzeugte einen starken Luftstrom, der an meinem Gesicht entlang fegte.
Das Schmutzwasser kletterte in wenigen Minuten an meinen Beinen hoch. Es zerrte an meinem Körper und drohte mich umzuwerfen.
Ich steckte die Lampe in die Tasche. Mit dem Rücken stand ich an dem Eisengitter und hielt mich mit beiden Händen daran fest, um nicht weggeschwemmt zu werden.
Eine Welle fauligen Wassers schwappte über meinen Kopf und riss den Hut mit sich fört. Ich schnappte nach Luft.
Um mich herum brodelte, zischte und gischtete das schmutzige Wasser.
Der Druck der Hauptwelle warf mich um, obwohl ich versuchte, mich mit aller Kraft am Geländer festzuhalten.
Der starke Wasserschwall wirbelte meinen Körper fort. Ich schwamm in der Brühe und wurde hin und hergerissen.
Ich wusste nicht, welche Strecke ich bis zum Ende der Kanalisation zurücklegen musste. Lange würde ich in dieser Brühe jedenfalls nicht schwimmen können.
Die Luft ging mir aus. Mein Kopf hämmerte und dröhnte. Funken wirbelten vor den Augen hoch.
Ich strampelte mit den Beinen, bekam Grund und drückte mich wie ein Fisch, der nach einer Mücke schnappt, nach oben. Unter der Decke der Röhre befand sich noch ein kleiner Raum, der nicht mit Wasser gefüllt war. Ich schnappte gierig nach Luft. Obwohl sie stank und faul war, kam sie mir wie frische Bergluft vor.
Die starke Strömung riss mir die Füße unter dem Leib weg, und ich tauchte wieder in das Abwasser ein.
Wieder drückte ich mich nach oben ab, erreichte die Decke. Doch jetzt befand sich dort keine Luftblase mehr. Das Wasser füllte das ganze Rohr aus.
Immer wieder versuchte ich, nach Luft zu schnappen. Doch nur Wasser drang in Nase und Mund ein.
Der Funkenregen vor meinen Augen verstärkte sich. Mein Gehirn arbeitete noch klar. Ich wusste, es würde nicht mehr lange dauern, dann erstickte ich in dem Schmutzwasser.
Meine Kräfte schwanden.
Als ich wieder versuchte, mich zur Decke zu drücken, versagten meine Glieder. Sie waren bleischwer und wie gelähmt. Mein Körper sackte ab.
Ich hatte mir mein Ende anders vorgestellt.
***
Phil sah auf die Uhr. Es waren bereits zehn Minuten vergangen, seit Jerry den Wagen verlassen hatte. Er stieg aus dem Jaguar und nahm eine Taschenlampe mit. Langsam näherte er sich dem Schuppen. Der Austin stand immer noch da. Phil leuchtete ihn ab.
»Jerry«, rief er leise in das Dunkel hinein. Er bekam keine Antwort.
Phil ging einmal um den Schuppen herum und leuchtete den Boden ab. Dann blieb er stehen und überlegte, wohin er seine Suche ausdehnen konnte.
Im gleichen Augenblick vernahm er leises Rauschen und Plätschern. Es wurde von schwachem Pfeifen begleitet.
Phil zog den Dienstrevolver und ging gebückt auf die Stelle zu, woher das Geräusch kam. Je mehr er sich auf sie zubewegte, desto stärker schwollen die unheimlichen Laute an.
Jetzt stand er dicht vor dem schwarzen Klotz.
Er drückte die Lampe an und leuchtete in die Öffnung hinein, da der Deckel geöffnet war. Der Lichtstrahl zitterte über schäumendes rötliches Wasser.
»Jerry«, rief Phil noch einmal. Dann richtete er sich wieder auf und sah in die Richtung, in der seiner Meinung nach das
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