0403 - Baals Opferdolch
Gesicht lag ein lauernder und gespannter Ausdruck. Straff war die Haut über den Knochen gespannt. Nicht ein Muskel zuckte, so sehr hatte sich der Ninja in der Gewalt. Um eine Daumenbreite senkte er den Bogen. Dabei hielt er den Schaft des Pfeils mit nur zwei Fingern, ein Beweis für die Kraft dieses Mannes.
Der Schuss.
Die Sehne schnellte mit einem surrenden Geräusch vor. Der Pfeil jagte im spitzen Winkel Richtung Wasseroberfläche. Er »küsste« die Wellenkämme.
Suko sah, dass neben ihm ein Meister seines Fachs stand. Auf die Schulter hatte Yakup gezielt, und aus der Schulter ragte der Pfeil.
Was geschah?
Yakup ließ den Bogen sinken. Beim Schuss hatte er die Luft angehalten. Jetzt stieß er sie langsam aus.
Suko und Yakup starrten plötzlich in Akims Gesicht.
Ja, es war Samaran, auch wenn er unter seiner dünnen Gesichtshaut rötlich leuchtete. Dieses Leuchten hatte auch die Augen erfasst. Hinter den Pupillen lag es, aber das alles interessierte die beiden Freunde nicht. Ihr Blick saugte sich an Akims Mund und an den gefletschten Zähnen fest!
Zwischen ihnen steckte ein giftgrünes Messer.
Baals Opferdolch!
***
Von unterwegs hatte ich beim Yard angerufen und erklärt, welche Beute ich mitbrachte. Sir James, der gewartet hatte, versprach mir, alles Notwendige in die Wege zu leiten. Das hatte er tatsächlich getan.
Wir waren auf den kleinen Hof gefahren, wo es die wenigen Parkplätze gab. Schon dort stand eine Eskorte von schwerbewaffneten Beamten bereit. Sie ließen uns nicht mehr aus den Augen.
Kamikaze war mittlerweile aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht.
Zwar noch taumelig auf den Füßen, konnte er trotzdem gehen, und sein Blick flog hin und wieder nach rechts oder links. Im Wagen schon hatte ich ihm die Fußfessel abgenommen.
Er wurde angestarrt wie ein seltenes Raubtier, das aus einem fernen Land zu uns geschafft worden war. Manchmal fiel sein Blick auf das schimmernde Metall der Maschinenpistolen, aber er sagte nichts und tat auch nichts.
Mit unbewegtem Gesicht ging er seinen Weg. Nur der von der Stirn rinnende und eingetrocknete Blutfaden erinnerte daran, dass sich diese Gestalt nicht kampflos ergeben hatte.
Wenn das Suko hätte sehen können! Kamikaze stand auf der Liste des Inspektors ganz oben, weil er Freunden von ihm zu viel angetan hatte.
Wir hätten mit dem Lift fahren können. Darauf verzichteten wir.
Durch das hellerleuchtete Treppenhaus schritten wir den Kellerregionen entgegen.
Zwei schwerbewaffnete Kollegen in Uniform begleiteten uns. Es waren ausgebildete Einzelkämpfer, deren Finger an den Abzügen der Waffen lagen. Ich kannte mich hier unten aus. Die entsprechenden Türen waren geöffnet worden, und wir begaben uns in den Bereich, wo auch die Einzelzellen lagen.
Es gab sie noch nicht lange. Als die Welle des Terrorismus heranschwappte, hatte man beim Yard diese ausbruchsicheren Einzelzellen geschaffen.
Insgesamt fünf davon. Ziemlich klein, irgendwie auch muffig, aber was konnten Killer, denen ein Menschenleben nichts bedeutete, schon anderes erwarten?
Es gibt Menschen, die gruseln sich nur, wenn sie über alte Friedhöfe schreiten und dabei nebelumflorte Grabsteinesehen, die hin und wieder vom fahlen Licht des Mondes angestrahlt werden.
Okay, das ist geisterhaft und gruselig, kann auch manchmal einen regelrechten Horror bedeuten, aber mich überfällt immer ein solch kaltes Gefühl, wenn ich den unterirdischen Zellentrakt des Yard Building betrete.
Für mich ist dies eine Region ohne Gefühl. Kalte, kahle Wände, dazu das glanzlose Licht der Leuchtstoffröhren und hin und wieder das Klappern schwerer Schlüssel oder das Zurückschnacken der Eisenriegel an den Zellentüren.
Bei dieser Geräuschkulisse jedenfalls kann ich mich nicht wohl fühlen, und einem Gefangenen muss es ebenso ergehen. Ob Kamikaze so dachte, wusste ich nicht. Von seinem Gesicht jedenfalls war nichts abzulesen. Es blieb starr und regungslos.
Unsere beiden Führer wussten Bescheid. Die letzte Zelle in der Reihe gehörte jetzt Kamikaze. Ein Wächter stand neben der offenen Gittertür und hielt sie fest. Der Mann spannte sich etwas, als Kamikaze auf ihn zuging, rechts abdrehte und in die Zelle schritt, wo er sich sofort auf einen Stuhl setzte, der dicht neben der Toilettenschüssel stand.
Mit einer knappen Handbewegung gab ich dem Beamten einen Wink, die Tür zu schließen. In der oberen Hälfte bestand sie aus einem Gitter.
»Sollen wir ihm die Handschellen abnehmen?« wurde ich gefragt.
Ich
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