0403 - Nachts, als die Mörder kamen
den Park hinein. Der Boden war festgefroren, und unsere Schuhe hinterließen kaum sichtbare Spuren.
Je weiter wir in den Park gingen, desto unruhiger wurde Berkely. Wir 62 kamen an ein hohes Denkmal, hinter dem eine dichte Hecke Lebensbäume die Sicht nach drei Seiten abschirmte. Dort blieb er stehen.
»Also?«, fragte ich und streckte die Hand nach der Tasche aus.
»Wer ist es? Wer ist der Boss?«, fragte Berkely keuchend und fuhr mit der Hand zwischen Hals und Hemdkragen. Sein Atem stand wie eine weiße Wolke in der Luft.
»Warum haben Sie Hardy Boone getötet?«, fragte ich ihn.
Er sah mich verblüfft an. Seine Hand zuckte kurz nach seiner Manteltasche und machte dann eine Bewegung, als wollte er nur Mücken verscheuchen. Aber Mücken gab es nicht.
»Waren Sie tatsächlich so dumm, die Pistole aufzubewahren?«, fragte ich ihn. »Das war dumm. Es gibt nicht viele Waffen mit 6,35er Patronen in Gangsterkreisen, aber vielleicht tat es Ihnen leid um die schönen Perlmuttgriffe, oder?«
»Man kann mir nichts beweisen!«
»Oh, ein Ballistiker kann das leicht. Warum haben Sie es getan?«
Er riss mit der Hand an seiner Krawatte: »Ich habe es getan, weil, weil… Die Gilmars hatten Hardy beobachtet. Auch das, was er mit Ihnen angestellt hat. Sie haben alles beobachtet, dann haben sie mich verständigt. Ich bin Hardy nachgegangen. Als er bei Ihnen war, habe ich es getan. Ich dachte, Sie würden selbst die Leiche… aber Sie sind abgehauen. Also habe ich den Mann weggeschafft. Zum Bahnhof, wo man ihn finden musste!«
»Aber warum?«
»Fragen Sie doch nicht so dumm! Damit Sie schnell in die Gang reinkamen! Jeder dort hat Achtung vor so einem Gangster, wie Sie es sind. Sie sollten engen Kontakt bekommen. Es hat doch auch geklappt, oder?«
»Besser, als Sie gedacht haben«, sagte ich.
Langsam machte ich einen Schritt auf ihn zu. Er wollte zurück weichen, aber hinter ihm war der Sockel des Denkmals.
»Hat sich der Boss selbst mit Ihnen in Verbindung gesetzt?«, fragte er.
»Ja, er hat mir sogar einen Auftrag erteilt!«
»Wer ist es?«, kreischte er.
Ich sagte es ihm.
»Nein!«, stammelte er entsetzt. »Das kann nicht wahr sein, das ist unmöglich!« Seine Stimme hob sich zu einem undeutlichen Schreien. Ich unterbrach ihn.
»Es ist so, wie ich sage. Er ist der Boss, und ich habe Beweise dafür!«
»Das hätte ich nie gedacht. Nie!«
»Tja, das ist ein Fehler in der Kombination. Wenn Sie klüger wären, hätten Sie vermutlich Ihren Posten besser halten können. Sie sehen zwar nach außen hin aus wie Mister Wall Street persönlich, aber da oben hapert’s eben noch!« Ich tippte mir mit dem Finger an den Kopf und machte noch einen Schritt auf ihn zu.
»Was für einen Auftrag hat er Ihnen gegeben?«, fragte er und fasste langsam, mit den eckigen Bewegungen einer Puppe, nach seiner Manteltasche. Ich schoss vor und umspannte seinen Arm mit meiner Faust.
»Denken Sie mal nach, was für ein Auftrag könnte das wohl sein?«, fragte ich leise.
Seine Augen traten aus den Höhlen. Sein Gesicht wurde aschfahl.
»Nein!«, schrie er. »Nicht das! Nein!«
***
Ich fuhr die Boston-Avenue entlang. Es war kurz vor 10 Uhr. Ich hatte noch fünf Minuten Zeit.
Ich parkte an der Telefonzelle beim St. Mary’s Park.
Es war zwei Minuten nach zehn, als das Telefon läutete.
Ich hob ab.
»Ja?«, sagte ich leise.
Die gedämpfte Stimme antwörtete: »Ah, der clevere Stan. Der Portier, dieser nette Hausmeister, den Sie befragt haben, er hat mich verständigt!«
»So? Kann er denn das?«
Er lachte gutmütig und selbstsicher.
»Ja, es gibt eben noch zuverlässige Hausmeister«, sagte er.
»Haben Sie schon Nachrichten gehört?«, fragte ich.
»Nein.«
»Tun Sie es. Ich vermute, man wird bald von einem sonderbaren Mordfall im Crotona Park berichten.«
»Ehrlich?« Seine Stimme war plötzlich wieder angespannt und hart. »Wenn es stimmt, gibt es das Geld in einer Stunde.«
»Einverstanden. Wo?«
»Am Kiosk! Verlangen Sie eine Florida Mail und einen Kasten Zigarren!«
»Gut, ich werde kommen!«
»Aber lassen Sie es sich nicht einfallen, am' Kiosk herumzuspionieren. Es wird Ihnen nichts nützen!«
Ich lachte laut und hängte auf.
Dieser Mann war kein kleiner Fisch wie Berkely. Er war ein Gegner, der so gerissen arbeitete, dass ich gewaltig aufpassen musste.
Langsam fuhr ich durch die Boston-Avenue. Ich bog in die 163. Straße ein, erwischte einen Fahrgast, der nach Manhattan hinüber wollte, und nahm ihn mit. Ich fuhr
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