0404 - Tod im Schlangensumpf
dem Kennedy-Airport von New York gelandet sein…
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Su Ling fühlte sich erleichtert, als sie amerikanischen Boden betrat. Ihre eigentliche Heimat lag zwar auf der anderen Seite des Kontinents, aber trotzdem war hier eine vertraute Welt. England, das war für sie nur ein vager Begriff, eine Insel in einem kalten, verregneten Europa. Zumal sie so gut wie nichts davon gesehen hatte; aus Sicherheitsgründen hatte sie Merlins Burg so gut wie nie verlassen.
Jetzt befand sie sich wieder in den USA. Der große Sprung zurück hatte stattgefunden, und plötzlich erschien ihr San Francisco wieder zum Greifen nahe. Es war, als müsse sie nur einen einzigen Schritt tun, um wieder zu Hause zu sein in ihrer kleinen Wohnung in Chinatown.
Wenn sie es doch nur einfach tun könnte! Dorthin zurückkehren, wo sie aufgewachsen war und wo sie ihre Freunde und Bekannten hatte! Aber Wang Lee würde das nicht zulassen, und er hatte recht.
Sie mußten nach Florida, und sie konnten dann nur hoffen, daß es Rob Tendyke und jenem Ted Ewigk gelang, Caermardhin wieder zurückzuerobern. Aber dennoch würde nichts mehr so sein wie zuvor. Wenn Zamorra wirklich tot war, lag eine düstere Zukunft vor ihnen allen.
Er durfte nicht tot sein, er nicht und auch nicht die, die bei ihm gewesen waren, als es in Caermardhin im Saal des Wissens zur Katastrophe kam. Sie waren spurlos im Nichts verschwunden…
Wang Lee Chan hatte auf dem New Yorker Flughafen noch keine Schwierigkeiten. Die würden erst in Miami anfangen. Ein Besucher-Visum besaß er – es war sorgfältig vorbereitet, und daß nur das Datum auf dem Blanko-Papier nachgetragen worden war, fiel nicht so leicht auf. Sie waren immer auf alle Eventualitäten vorbereitet gewesen. Das Schwert befand sich nach wie vor im Gepäck und wurde gerade ausgeladen und zwischengelagert; das Flugzeug nach Florida war noch nicht da. Es kam von Ontario, machte hier eine Zwischenlandung und hatte ärgerlicherweise über eine halbe Stunde Verspätung.
Wang Lees Nervosität hatte nicht nachgelassen. Immer noch befürchtete er, daß Leonardos Schatten hier wieder auftauchen würde. Er konnte Ted Ewigks Worte nicht vergessen. Und auch die Versuche Su Lings, ihn von seinem Verfolgungswahn abzubringen, halfen ihm nicht weiter. Sie wollte ihm klarmachen, daß ein ganzer Ozean zwischen ihnen und dem Fürsten der Finsternis lag. Er hatte die Spur längst verloren. Einem Flugzeug konnte er nicht so einfach folgen. Auch er mußte seine Grenzen haben.
Aber dennoch fand Wang Lee keine Ruhe. Er konnte die heranziehende tödliche Gefahr förmlich riechen.
Die Hölle hatte ihre Diener überall…
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In einem anderen Teil der Welt, wo es Nacht war, fand ein Ritualmord statt. Teufelsanbeter weihten Blut und Leben des Opfers dem Fürsten der Finsternis. Auf geheimnisvollen, von menschlichen Sinnen nicht nachzuvollziehenden Wegen erreichte die Lebenskraft des Opfers Leonardo deMontagne, der sie begierig in sich aufsog. Er wußte, daß sein Bote, der Irrwisch, seinen Auftrag erfüllt hatte. Er würde auch einen weiteren Auftrag ausführen können.
Jetzt hockte er in erwartungsvoller Bereitschaft da und sah, wie sein Herr und Meister von Sekunde zu Sekunde stärker wurde. Müdigkeit und Erschöpfung schwanden. Der Dämon erstarkte.
Schließlich, als der Strom der Kraft verebbte, erhob sich Leonardo deMontagne aus seinem Zauberstern, den er gezeichnet hatte. Er wandte sich um zur Burg. Hoch ragte Caermardhin über ihm auf, aber plötzlich kam ihm diese Burg gar nicht mehr so bedrückend großartig vor.
Er, der Fürst der Finsternis, war stark und unbesiegbar!
Er konnte wieder zuschlagen. Und er würde es tun. Wang Lee Chan konnte ihm nicht entkommen. Er würde die Spur wieder finden.
Kennedy-Airport, New York! Dort mußte das Flugzeug gelandet sein, und dort würde sich heraustellen, in welcher Maschine die Flüchtigen jetzt saßen.
Leonardo deMontagne lachte laut, und sein Lachen brach sich in den Bäumen des Hangwaldes unterhalb der Burg.
Der Böse setzte das Amulett erneut ein. Daß für die Erneuerung seiner Kräfte, mit denen er es wieder steuerte und stärkte, ein Mensch sein Leben lassen mußte, berührte ihn nicht.
Leonardo deMontagne hatte Kaltblütigkeit, Gleichgültigkeit und Grausamkeit schon immer für sich gepachtet…
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Die Verspätung der Florida-Maschine vergrößerte sich noch, weil es beim Start einige Probleme gab. Su Ling hätte liebend gern in Erfahrung gebracht, worum es sich handelte, aber
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