0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing
Ohren sind tatsächlich gut, leider etwas zu gut. Es ist nicht immer ein Vorteil, zu viel zu wissen.«
Ich wollte etwas sagen, ich wollte aufstehen, ich versuchte, meine Augen offen zu halten - dann war es dunkel.
***
Ein leichtes Schwanken machte mich wieder wach. Ich fühlte mich leicht und frei. Es war, als hätte ich alles Gewicht verloren, als gäbe es um mich herum nur Luft und Sonne.
Dann fühlte ich, dass mich etwas kratzte. Direkt, vor meinem Auge sah ich eine raue blaue Kokosmatte. Ich überlegte mir, wie es kam, dass ich mit dem Gesicht so dicht auf der Matte lag, aber ich fand es nicht heraus.
Ein gleichmäßiges Surren schien es darauf angelegt zu haben, mich wieder einschläfern zu wollen. Mit Gewalt riss ich die Augen auf, obwohl die Lider schwer wie Blei waren.
Ich merkte, dass ich auf dem Fußboden lag, auf einer blauen Matte, in irgendeinem Raum, der surrte und schwankte.
Eine Sekunde lang bildete ich mir ein, auf dem Empire State Building zu sein, bei Sturm; aber dann kam es mir doch etwas eng und sonderbar vor.
Ich versuchte, meinen Kopf zu bewegen, aber der tat so höllisch weh, dass ich meinen Versuch sofort wieder auf gab. Aber ich hatte doch schon etwas gesehen.
Eine Sprungschnalle, wie man sie an Sicherheitsgurten in Autos verwendet, und ein Stückchen Gurt.
»Ich bin in einem Auto«, murmelte ich überrascht vor mich hin.
Ich bewegte mich langsamer. Ich war weder gefesselt noch sonst irgendwie behindert. Außer meinem Brummschädel gab es nichts, was mich gehindert hätte, aufzustehen.
Ich biss die Zähne zusammen und hob die Hand. Sie fasste an kühles Leder. Ich schauderte zusammen. Mit einem Mal merkte ich auch, dass es eiskalt war.
»Ich muss verrückt geworden sein«, überlegte ich, »mitten im Sommer fange ich an zu frieren?« Ich krallte meine Hand in das Leder und zog mich mühsam etwas hoch.
Vor meinen Augen drehten sich tausend bunte grelle Kreise. Dann sah ich klarer. Ich hatte mich an einem Ledersitz hochgezogen und sah jetzt ein kleines rundes Fenster, und dahinter - nichts!
Überhaupt nichts. Dunkelheit und vorbeiflitzende helle Fetzen.
Ich saß auf dem Boden eines zweisitzigen Sportflugzeuges, das über den Wolken dahinflog.
Und ich war allein. Die Pilotenkanzel war leer.
Ich rieb mir die Stirn und machte die Augen ein paarmal auf und zu. Aber es war kein Albtraum.
Ich flog allein in einem Flugzeug durch die Nacht, und nach der Temperatur, die . hier herrschte, war ich ziemlich hoch.
Mir wurde mit einem Schlag alles klar. Ich war zu Vancygaard gekommen. Ich hatte ihn im Verdacht, Senters getötet zu haben, und ich hatte ihn mit einigen Beobachtungen konfrontiert, um seine Reaktion zu beobachten.
Ich hatte keine Beweise, aber er hatte seine Schuld zugegeben. Allerdings nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Er hatte mir ein Betäubungsmittel in den Whisky gemixt und mich dann in seine Sportmaschine gepackt. Es würde ein ganz normaler Unfall sein. Kein sehr schöner, aber ein bombensicherer.
Ich zog mich an dem Ledersitz ganz hoch und ließ mich hineinsinken.
Noch halb betäubt, starrte ich auf die funkelnden Armaturen vor mir.
Es war ein Typ, den ich noch nie gesehen, geschweige denn geflogen hatte. Ich las ein kleines schwarzes Schild mit goldenen Buchstaben:
Black Diamond No. IV, Made in England.
Ich hatte den Namen noch nie gehört, aber es gab sicher eine Menge kleiner Firmen, die Liebhabermodelle her stellten.
Ich untersuchte die einzelnen Instrumente und fand Höhenmesser und Geschwindigkeitsanzeiger. Eine Uhr zeigte 24 Uhr 20.
Und noch etwas sah ich. Der Treibstoffanzeiger stand auf null.
Die Funkanlage war blockiert.
Und die automatische Steuerung war blockiert. Ich konnte es an dem kleinen roten Lämpchen neben dem Steuerknüppel erkennen, aber ich konnte keinen Schalter finden, mit dem ich die Blockierung hätte aufheben können.
Ich zwang mich zur Ruhe und suchte der Reihe nach alles ab, jedes Zeichen, jedes Lämpchen, jeden Knopf.
Die Warnlampe an der Treibstoffuhr blinkte jede halbe Sekunde auf.
Es blieb mir keine Zeit. An dem Wendezeiger erkannte ich, dass das Flugzeug einen ziemlich engen Kreis beschrieb.
Ich wusste nicht, wie lange das rote Warnlämpchen schon anzeigte, dass der Treibstoff zu Ende ging, aber wenn ich den günstigsten Fall annahm, blieben mir nur noch höchstens fünf bis sieben Minuten.
Ich begann zu schwitzen. Meine Hände glitten immer nervöser über die glatten Flächen der Armaturen.
Plötzlich
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