0406 - Nachricht aus der Zukunft
verlieren. Dann bereitete er das Wiedergabegerät vor, das selbst auch nicht größer als eine Streichholzschachtel war. Auf der Vorderseite blinkte matt ein kleiner Bildschirm. Vorsichtig legte er den Kristall ein und betätigte den mikroskopisch kleinen Auslöseschalter.
Der eingebaute Verstärker ließ die Stimme des unbekannten Absenders laut und deutlich werden.
Gleichzeitig erschien auf dem Bildschirm ein Tatre unbekanntes Gesicht.
Schon nach den ersten Worten wußte der terranische Agent, daß er eine Meldung abgefangen hatte, die nicht ihm, sondern dem ertrusischen Geheimdienst galt. Er begriff die ungeheure Tragweite dieser Entdeckung und wußte in der gleichen Sekunde, daß das Solare Imperium noch existierte. Er wußte aber auch, daß gerade diese Tatsache den Gegnern Terras unbekannt bleiben mußte. Die Mikrospule mußte die erste Nachricht eines Agenten sein, die eine bislang lückenlose Sperre durchbrochen hatte.
Tatre lauschte den Worten des Verräters, der seinen Namen nicht genannt hatte. Und er merkte sich sein Gesicht. Er würde eine genaue Beschreibung an den Verbindungsmann durchgeben, der noch Kontakt mit der Solaren Abwehr unterhielt.
Inzwischen aber erfuhr er, was vor anderthalb Jahren geschehen war. Als die Flotten der verbündeten Sternenreiche das Solare Imperium angriffen, wurde die Sonne mit ihren Planeten und anderen Himmelskörpern um fünf Minuten in. die Zukunft versetzt. Zugleich mit ihr verließen fünfundzwanzig Milliarden Menschen die normale Zeitebene und existierten damit nicht mehr für das übrige Universum. In völliger Abgeschiedenheit aber lebten sie weiter, unbehelligt durch die verwirrten Gegner, die annehmen mußten, das Solare Imperium sei einer fürchterlichen kosmischen Katastrophe zum Opfer gefallen.
Der unbekannte Sprecher erklärte weiter, daß sich auf dem Planeten Merkur eine riesige Schaltzentrale befand, die das Zeitfeld konstant hielt und jede Entdeckung verhinderte. Es gab jedoch eine Zeitschleuse, ein Korridor von Zukunft in Gegenwart. Durch sie konnten die Terraner oder ihre Handelsschiffe jederzeit in das normale Universum zurückkehren und umgekehrt.
Seit diesen Ereignissen vor anderthalb Jahren hatte sich das Leben der Menschen verändert. Ihre Bewegungsfreiheit war naturgemäß eingeschränkt worden, wenn auch jedem alle neun Planeten des Sonnensystems zugänglich waren. Das System selbst - und damit die von dem Zeitfeld umschlossene Zukunft - durften jedoch nur mit Rhodans Genehmigung verlassen werden. Das wirtschaftliche Leben erfuhr einen ungeahnten Aufstieg, obwohl Pessimisten genau das Gegenteil vorausgesagt hatten.
Handel wurde wie eh und je getrieben, wenn auch fast niemand wußte, woher die Waren stammten.
Noch weniger aber war bekannt, wohin die eigenen Güter geliefert wurden.
Gleichzeitig, so berichtete der Agent, begann sich das Leben der Terraner selbst in neuen Bahnen zu normalisieren. Die grenzenlosen Horizonte des kosmischen Zeitalters schrumpften zusammen. Der Planet Erde gewann wieder an Bedeutung, und die Menschen besannen sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe und kehrten zu dem zurück, was sie einst „Leben" nannten. Das Schicksal selbst hatte ihnen die Grenzen gezeigt, die ihr von der Natur gesteckt waren.
Der Agent ging in Einzelheiten. Er berichtete von der Arbeit der Fosser-Radiochemie und gab der Hoffnung Ausdruck, daß es ihm bald gelingen würde, das Herstellungsverfahren von Ertru-Cosmobin zu stehlen. Im Augenblick jedoch sei ihm in erster Linie daran gelegen, das Geheimnis der verschwundenen Erde preiszugeben und das Solare Imperium damit aus der Isolation zu treiben.
Tont Tatre unterbrach die Wiedergabe und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Blaß starrte er auf das Gerät und den dunkel gewordenen Bildschirm. Er mußte den Agenten entlarven, bevor er seine nächste Meldung absenden konnte. Vielleicht gelang es ihm, Tont, das nächstemal nicht, sie rechtzeitig abzufangen. Und vor allen Dingen mußte er sich jetzt sofort mit seinem Verbindungsmann besprechen, der irgendwo auf Ertrus saß und auf neue Informationen wartete.
Tatre schaltete den Sender im Fernsehgerät ein und wartete, bis das Erkennungssignal kam. Er wußte, daß seine Worte jetzt in der auch ihm unbekannten Empfangsstation aufgenommen und gespeichert wurden.
Genau in diesem Augenblick schrillten die Alarmanlagen des Hauses und verrieten, daß jemand unbefugt Tatres Wohnung betrat.
Hastig begann der Arzt zu sprechen, denn er wußte, daß
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