0407 - Am Tisch des Henkers
er von einem Zombie hatte geliebt werden sollen.
Es kam nicht mehr dazu.
Jemand stand in der offenen Tür.
Eine gewaltige Gestalt, die eine Kapuze über den Kopf gestreift hatte und fast die gesamte Türbreite ausfüllte. Und diese Gestalt war mit einer Axt und einem Schwert bewaffnet. Suko stand dem Henker gegenüber!
Er war also doch gekommen, und er bot bei seinem bühnenreifen Auftritt ein Bild des Schreckens.
Suko konnte sich von diesem Anblick so schnell nicht lösen. Er war auf eine gewisse Art und Weise von ihm fasziniert und auch von dem Hauch der Gewalt, den der Henker ausströmte.
Furchtbar.
Suko hockte auf der Bettkante, der Henker stand bewegungslos auf der Schwelle, und beide starrten sich an.
Der eine durch die Augenschlitze in der düsteren Kapuze, der andere mit einem steinern wirkenden Gesicht und Pupillen, die an Steine erinnerten.
Der Henker war gekommen, um zu töten. Suko glaubte nicht daran, dass er die untote Inderin erledigen wollte, diese Gestalt hatte es allein auf ihn abgesehen.
Und das bewies sie plötzlich, als sie den linken Arm hob. Sie wollte Suko die Axt entgegenschleudern.
Wäre er einige Minuten früher erschienen, hätte er Suko wehrlos unter einem Bann stehend erlebt. So aber war der Inspektor wieder bei Kräften und wollte sich nicht töten lassen.
Suko schnappte nach seiner Beretta.
Da geschah es.
Im Eifer des Gefechts hatte er die tote Inderin vergessen. Sie aber sah ihre Chance gekommen, Suko mit dem Todeskuss der Kali zu überrumpeln. Bevor der Inspektor seine Beretta völlig hervorgezerrt hatte, spürte er die Finger als Klammer an seinem Hals und wurde mit einem Ruck auf das verschimmelte Lager gezogen.
Aber noch etwas vernahm er.
Eine Stimme.
Sie gehörte John Sinclair!
***
»Rühr dich nicht, Henker!«
Ich war so leise wie möglich hinter dem Unheimlichen hergeschlichen und zielte mit der Beretta auf seinen nackten Rücken.
Die Combat-Stellung hatte ich eingenommen, war in den Knien leicht eingeknickt, hatte den rechten Arm ausgestreckt und die Waffenhand mit der anderen unterstützt.
Er selbst hatte ebenfalls seinen linken Arm mit der Axt erhoben.
Das sah so aus, als wollte er die Waffe werfen, aber dann hatte ihn mein Befehl erreicht, und ich war gespannt, wie er reagieren würde.
Es gelang mir leider nicht, einen Blick in den dunklen Raum zu werfen.
So wartete ich ab.
Noch tat sich nichts bei ihm. Wahrscheinlich musste er seine Überraschung zunächst einmal verdauen.
Er stand zwischen den beiden Türrahmen wie eine aus einem Felsen gehauene menschliche Gestalt. Nur der Stoff seiner Kapuze zitterte ein wenig, sonst blieb er ruhig.
Noch wartete ich.
Aus dem Zimmer vernahm ich Geräusche. Es waren unnatürliche Laute. Keuchend und ächzend, als würde dort jemand mit einem anderen kämpfen. Möglicherweise mein Freund Suko.
»Jetzt dreh dich um, Killer!« Meine Stimme klang kratzig, als ich den Befehl gab, denn ich hatte wieder an die drei Toten eine Etage tiefer gedacht.
Der Mörder stand vor meiner Mündung, ich hätte in seinen breiten Rücken feuern können, das tat ich nicht.
Der Henker gehorchte.
Welche Motive ihn dabei leiteten, wusste ich nicht. Vielleicht wollte er auch demjenigen ins Auge sehen, den er als Nächsten auf seine Liste gesetzt hatte.
Seine Bewegung wurde nicht überhastet geführt. Beinahe gemächlich drehte er sich, und ich hielt dabei besonders seinen linken Arm im Auge, dessen Hand den Griff der Axt umschloss.
Der Arm blieb in seiner Haltung.
Allmählich entspannte ich mich und war fast locker, als ich ihn endlich von vorn sah.
Viel war nicht zu sehen. Der bloße, mächtige Oberkörper, die Muskeln an seinen Armen und auch an den Beinen, wo sie sich unter dem dünnen Stoff der Hose abzeichneten.
Diese Gestalt war schon ein Koloss. So groß wie ich, aber in den Schultern wesentlich breiter.
»Es ist gut«, sagte ich. »Komm von der Tür weg. Los, Killer, geh auf mich zu!«
Er kam.
Fast stoisch ging er, und ich schritt zurück. Ich wollte ihn in einen anderen Raum locken und ihm dort die Kapuze vom Kopf reißen.
Ob der Henker Furcht hatte und ob er wusste, welche Kugeln meine Waffe barg, war ihm nicht anzusehen. Er ging jedenfalls weiter und erreichte die nächste Tür auf derselben Gangseite. Ich hatte die Öffnung bereits passiert.
»Stehen bleiben!« Meine Stimme klang gespannt. Der Stress in mir verstärkte sich immer mehr.
Er gehorchte.
»Geh in das Zimmer!«
Für einen Moment lief ein Ruck durch
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