0407 - Die Mordgeister
verstehen, wovon die Gespräche handelten. Sie hörte nur immer wieder die schnelle Stimme des Maklers.
Schließlich entschloß sie sich, Lärm zu machen. Sie mußte so schnell wie möglich frei kommen, und das ging nur, wenn sie Puzoni austrickste. Sie hatte gewartet, ob ein Kunde ihn in seinem Wohnbüro aufsuchte, um dann loszuschreien und dadurch den Makler in höchste Verlegenheit zu bringen, aber niemand kam. Möglicherweise hatte Puzoni alle Besuche abgesagt.
Nun mußte sie es eben ohne Publikum versuchen.
Nachdem sie mehrere Minuten lang gerufen hatte, öffnete der Makler endlich die Tür. Mit gerunzelter Stirn sah er Nicole an.
»Was wollen Sie?« fragte er.
Es klang nicht aggressiv, nicht feindlich. Nicole wären solche Feinheiten nicht entgangen. Puzonis Stimme klang eher so, als wisse er überhaupt nicht, was er mit seiner Gefangenen eigentlich anstellen sollte. Dabei war Nicole heilfroh, daß er noch nicht auf den naheliegendsten Gedanken gekommen war…
»Binden Sie mich los«, sagte sie. »Und erklären Sie mir, was das hier eigentlich zu bedeuten hat. Warum haben Sie mich niedergeschlagen und gefesselt? Haben Sie den Verstand verloren, Puzoni? Das ist Kidnapping…«
Er ging nicht darauf ein. In seinem Gesicht zuckte es nervös. »Was wollen Sie?« wiederholte er.
»Binden Sie mich doch los. Sie können mich hier nicht ewig festhalten.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich muß es tun«, sagte er. »Ich werde Sie nicht losbinden.«
»Dann ruiniere ich Ihnen das Bett«, deutete sie an. »Es gibt bestimmte Bedürfnisse, die sich nicht unterdrücken lassen. Wenn Sie mich schon nicht freilassen wollen, dann lassen Sie mich wenigstens die Toilette aufsuchen. Außerdem habe ich Durst.«
Er rang mit sich. Schließlich nickte er. »In Ordnung, Signorina Duval. Ich werde Sie losbinden. Aber machen Sie keine Dummheiten. Ich lasse nicht mit mir spaßen.«
Ich auch nicht, dachte Nicole, verriet aber mit keiner Regung ihre Erleichterung. Wenn sie erst einmal losgebunden war, hatte sie gewonnen. Vorhin hatte er sie niederschlagen können, weil er sie hinterrücks überraschte. Aber sie war in genug Kampfsportarten geschult, um jetzt mit ihm fertig zu werden.
Er löste ihre Fesseln. Nicole setzte sich ruhig auf und massierte ihre Gliedmaßen.
»Kommen Sie schon«, forderte Puzoni. »Machen Sie schnell. Ich habe keine Lust, eine halbe Stunde zu warten. Ich habe zu tun.«
Sie nickte und erhob sich langsam, als habe sie das Gehen verlernt. In Wirklichkeit hatte sie bereits vorher mit leichten Lockerungsübuhgen und Mentaltraining versucht, den Kreislauf etwas zu beschleunigen, soweit das in ihrem ruhenden Zustand möglich gewesen war.
Blitzschnell warf sie sich auf ihn. Er bekam nicht einmal mehr die Gelegenheit, überrascht aufzuschreien…
***
Teri Rheken räkelte sich träge auf der Liege neben dem Pool. »Wie spät ist es, Angelo?«
Er fischte die Armbanduhr vom kleinen Tisch und warf einen Blick darauf. »Noch nicht zu spät«, schmunzelte er.
Teri erhob sich und nahm ihm die Uhr ab. Ein Blick verriet ihr, daß es zwei Uhr nachmittags war.
»Doch zu spät«, sagte sie.
»Falls du Hunger hast, können wir mal die Vorräte plündern… oder in ein Ristorante in der Stadt fahren…«
Sie erhob sich und drückte ihm einen Kuß auf die Lippen. »Ich habe keinen Hunger«, sagte sie. »Aber ich muß jetzt gehen.«
»He, der Tag hat erst angefangen«, protestierte er. Er zog die schlanke Druidin an sich. Sie entwand sich ihm mit einer schnellen Drehung wieder.
»Es war schön, Angelo«, sagte sie. »Aber ich muß jetzt wirklich gehen. Ich habe noch einiges zu tun.«
»Du hast nicht mal das Tafelsilber gestohlen, schöne Einbrecherin«, sagte er vorwurfsvoll.
Teri schlüpfte in ihre Bluse und knöpfte sie zu. Caraggi sammelte ihre restlichen Sachen auf, ehe sie danach greifen konnte. »Ich werfe alles ins Wasser«, drohte er schmunzelnd. »Bleib noch hier, Teri.«
»Laß den Unsinn. Ich meine es ernst«, erwiderte sie. »Gib die Sachen her.«
»Nur, wenn du mir versprichst, daß wir uns heute abend Wiedersehen. Ich besorge Theater- oder Kinokarten, und anschließend…«
»Ich verspreche gar nichts.«
»Dann werfe ich die Sachen doch ins Wasser.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ciao, Angelo«, sagte sie und wandte sich ab, um über den Seitenweg am Haus vorbei zur Straße zu gehen.
Mit ein paar hastigen Schritten war er bei ihr. »He, bist du verrückt? Du kannst doch nicht halb nackt auf die
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