041 - Die Tür mit den 7 Schlössern
Frau im Mansardenfenster.
Nein, ein Alarmruf hatte sie nicht erreicht. Ihr Mann war schon am frühen Nachmittag ausgegangen, um mit dem Revierförster nach Wilddieben zu fahnden. Ein Telefon hatten sie nicht. Wozu auch? Seit Menschengedenken war nicht das geringste passiert, was eine solche Einrichtung hätte rechtfertigen können. Sie wolle aber gern ihrem Mann jede Bestellung ausrichten. Die Londoner Kriminalbeamten machten anscheinend keinen sehr großen Eindruck auf sie.
Sneed schaute Dick triumphierend an. Wieder einmal hatte er recht behalten. Was er sagte, ging im Geräusch des Fahrens verloren. Das Auto jagte durch die Dorfstraße und hielt unter dem Druck der Bremse jäh vor dem Eingangstor von South Weald House.
Dick ließ seine Hupe in regelmäßigen Abständen ertönen, aber aus dem kleinen Pförtnerhaus drangen kein Laut und keine Bewegung nach außen. Wahrscheinlich war es unbewohnt. Dick stieg ab und prüfte das Tor. Es war nur durch einen Gleitriegel gesichert. Dick schob ihn zurück. Das Tor schwang langsam auf. Er hakte beide Flügel nach innen ein und sprang auf den Führersitz. Mit leisem Knirschen glitten die Räder über den Fahrweg. Plötzlich stand die wuchtige Masse des Hauses mit vorgeschobener Säulenhalle und Freitreppe quer vor der Anfahrt. Der Wagen hielt. Vier Augenpaare suchten die Hausfront ab.
Kein Fenster war erhellt. Totenstille umgab das Haus.
Dick riß an der Glocke. Ihr helles Läuten verlor sich im Innern des Hauses. Er wartete eine Minute und läutete zum zweiten, zum dritten Male mit demselben Ergebnis. Sein scharfes Ohr vernahm nicht einen einzigen verdächtigen Laut.
Nun hämmerten sie mit vereinten Kräften gegen die Tür. Drei Minuten gingen auf diese Weise verloren. Dann warfen sie Kieselsteine gegen die Fenster der oberen Etage, vor denen die Läden fehlten. Aber auch auf dieses Zeichen hin rührte sich nichts.
»Sie wollen nicht öffnen, wir müssen die Fenster einschlagen«, erklärte Sneed mit grimmigem Ernst.
Er blickte am Haus empor. Die Fenster des Erdgeschosses waren durch schwere Rolläden verschlossen. Nirgends bot sich eine erreichbare Scheibe.
Da deutete Dick stumm auf zwei kleine unvergitterte Zierfenster, die das Portal zu beiden Seiten flankierten.
Sneed schüttelte den Kopf.
»Wer soll sich da hindurchzwängen?«
»Ich«, sagte Dick lakonisch.
»Sie?« Der Inspektor maß ihn von Kopf bis Fuß. »Einem fünfjährigen Knirps will ich das zutrauen, aber Ihnen ...?«
»Wollen wir wetten?« fragte Dick.
Er lief zum Auto zurück und suchte in seinem Werkzeugkasten. Mit einem Schraubenschlüssel kam er wieder. Er klopfte die Farbe vom Scheibenrahmen ab und drehte die Schrauben heraus. Nach fünf Minuten nahm er das unbeschädigte Glas aus dem Rahmen. Von Elbert und Staynes unterstützt, schlüpfte er, seitwärts gedreht und die Füße voran, durch die Öffnung. Dabei wand er sich wie ein Aal, bog die Schultern zusammen und zog, als er den Boden unter den Füßen fühlte, behutsam den Kopf nach.
Außer einem Kratzer am Ohr hatte er keinen Schaden genommen. Sneed stand und staunte.
Drinnen richtete Dick sich auf und versuchte, mit den Blicken die Dunkelheit zu durchdringen. Auf einem Treppenabsatz tickte eine Uhr. Es war, als schlüge noch das Herz in einem Körper, der sein Leben bereits ausgehaucht hatte. Dick überwand das Grauen, das ihn aus der völligen Finsternis des Hauses wie ein Raubtier ansprang, und tastete sich vorwärts.
Plötzlich prallte er zurück. Sein außergewöhnlich feiner Geruchssinn hatte eine fürchterliche Wahrnehmung gemacht. Er riß die Taschenlampe aus der Hosentasche und ließ sie aufleuchten. Eine Kette und ein doppelter Riegel sicherten die Haustür. Er nahm die Kette ab, stieß die Riegel zurück und öffnete die Tür.
Im schmalen Strahl des Lichts suchte er Sneeds Augen.
»Hier sind bestimmt Mörder am Werk gewesen. Das ganze Haus riecht nach Blut!«
»Nach Blut . ?« fragte Sneed. Er zog die Luft durch seine Nasenflügel ein. »Ich rieche nichts!«
Seine Augen ruhten hilfesuchend auf seinen Gefährten, deren entsetzte Blicke über den Boden gingen. Unterdessen suchte Dick nach den Lichtschaltern. Er entdeckte ein Schaltbrett und drehte rasch hintereinander sämtliche Schalter an. Eine Lampe erleuchtete die Diele, 'eine zweite den Treppenabsatz darüber. Wo sich die Lampen befanden, die von den übrigen Schaltern bedient wurden, ließ sich jetzt noch nicht feststellen.
Die Blicke der Männer suchten die
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