0410 - Alptraum-Labyrinth
Einsatzköfferlein ’rüber«, verlangte er.
»Du sollst…«
Teri griff ein. Sie hielt Gryf den aufgeklappten Aluminiumkasten hin. Gryf faßte hinein, fast ohne hinzusehen. Er öffnete einen Beutel mit einem graugrünen Pulver, das er über die Wunden streute. Dann berührte er die so behandelten Flächen mit den gespreizten Fingern, strich in einem raschen, genau durchdachten Rhythmus darüber und raunte einen weißmagischen Zauberspruch. Fast augenblicklich hörten die Blutungen auf. Die Wunden schlossen sich.
Nicole atmete auf.
»Was war das?« fragte sie entgeistert.
Gryf zuckte mit den Schultern. »Eine äußere Einwirkung«, sagte er. »Vielleicht benutzt jemand eine Art Voodoo-Zauber, um Zamorra damit langsam, aber sicher umzubringen.«
»Voodoo?« echote Nicole. »Gryf, Teri… ihr…«
»Ja«, unterbrach die Druidin mit dem hüftlangen goldenen Haar. »Den Spruch hast du jetzt schon so oft heruntergeleiert, daß ich ihn nicht mehr hören kann. Wir werden auch etwas tun. Aber du solltest aufhören, dich wie eine hysterische Jungfer zu benehmen. Du bist doch sonst nicht so durcheinander. Was ist mit dir los?«
Nicole ließ sich neben Zamorra auf die Bettkante sinken.
»Ich weiß auch nicht«, sagte sie leise. »Ich bin völlig durcheinander. Es kommt alles zusammen, versteht ihr? Die Fehler, die wir gemacht haben und an denen ich mir eine Teilschuld anlasten muß. Dann das hier… verdammt, ich liebe ihn, und ich will ihn nicht verlieren. Schon gar nicht so! So verdammt hilflos…«
»Eine Lady flucht nicht«, rügte Teri sanft.
»Habe ich jemals behauptet, eine Lady zu sein?« ereiferte sich Nicole. »Mir ist nach Fluchen…«
»Bloß hilft das Zamorra auch nicht weiter. Da drüben ist der Kühlschrank. Mach ’ne halbe Flasche Whisky leer, dann wirst du ruhiger«, empfahl Gryf.
»Du hast das Gemüt eines Fleischerhundes«, regte Nicole sich auf. Der Druide zuckte mit den Schultern.
»Na gut. Wenn du den Whisky nicht willst, darfst du mir ein Glas anbieten. Aber gut gefüllt und ohne Eis. Das verwässert nur unnötig.«
Sie beobachteten Zamorra aufmerksam. Aber es zeigten sich keine neuen Verletzungen.
Nicole füllte drei Gläser mit Whisky. Teri lehnte ab. Gryf nahm einen großzügigen Schluck. »Das reicht«, sagte er dann.
»Was war das für ein Pulver, was du verstreut hast?« fragte Nicole.
Zamorra spürte den Schmerz, als die Krallen des Dämons seine Haut aufrissen. Er wunderte sich, weshalb er dessen Anwesenheit nicht vorher gespürt hatte. Aber einerseits verließ er sich normalerweise eher auf sein Amulett, und seine eigene ›Witterung‹ war nicht so ausgebildet. Und zum anderen war da das Dhyarra-Netz gewesen, das nicht nur den Dämon festgehalten hatte, sondern auch seine Aura abschirmte…
Zamorra schrie auf. Er fühlte, wie er hochgerissen wurde. Plötzlich war eine Monsterfratze unmittelbar vor ihm. Der Dämon starrte ihn verblüfft an. Er schien nicht so recht begreifen zu können, daß sein Gegner so wehrlos war.
Das Dämonenmaul klaffte weit auf. Stinkender Atem drang daraus hervor. Funken tanzten um die langen spitzen Zähne. Das Ungeheuer aus der Hölle ließ seinen kantigen Schädel vorschnellen. Die Zähne zuckten auf Zamorra zu.
Der Professor konnte einen Arm bewegen. Er stieß mit den gestreckten Fingern nach den Augen des Dämons. Huraxoon zuckte brüllend zurück und ließ sein Opfer fallen. Zamorra wußte, daß er keine Chancen hatte. Er konnte den Dämon nur überlisten…
Er spurtete los.
Hinter ihm röhrte der geblendete Huraxoon wütend. Das Brüllen wurde zu einem wütend abgehackten Gesang. Zamorra fühlte, wie sich eine gefährliche Lähmung seiner bemächtigen wollte. Seine Bewegungen verlangsamten sich. Er glaubte, in einem zähen Sumpf zu stecken, der ihn festhielt. Nur mühsam kämpfte er sich noch voran, in die Richtung, aus der er gekommen war.
Der Dämon tappte schwerfällig hinter ihm her. Er war geblendet und stieß überall an den Labyrinthwänden und Kanten an. Aber Zamorra wußte, daß das nicht von Dauer war. Er hatte es nicht geschafft, die Dämonenaugen zu verletzen. Wenn der Schmerz verging und der Dämon wieder sehen konnte, würde er erneut über Zamorra herfallen und ihm diesmal keine solche Chance geben.
Zamorra mußte alle Willenskraft aufbieten, um gegen die Lähmung anzukämpfen, die immer stärker wurde, je länger Huraxoon seine Zauberworte hervorstieß. Eine Flammenwolke stob an dem Parapsychologen vorbei. Der Dämon spie
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