0410 - Blonder Köder für den G-man
manchmal auch häufiger«, sagte der Mann.
»Ich muss mit seinem Freund sprechen.«
Er entblößte sein Raubtiergebiss. »Jack hatte keine Freunde.«
»Aber Kumpel, was?«
»Na ja, natürlich, wer hat die nicht?«
»Wo finde ich den Mann?«, fragte ich. »Oder sind es gleich mehrere?«
»Ich kenne keinen davon.«
»Ich brauche nur einen Namen.«
»Ich sage Ihnen doch, dass ich die Burschen nicht kenne«, raunzte er. »Hier spielt jeder mit jedem, wie’s gerade so kommt. Was, glauben Sie wohl, ist meistens bei uns los! Jetzt ist ’ne flaue Zeit, aber wenn Sie gegen Abend hier reinschauen, ist die Bude knallvoll. Ich habe dann alle Hände voll zu tun, um aufzupassen, dass die Regeln und die Spielzeiten eingehalten werden. Namen und Adressen kümmern mich nicht dabei.«
»Hm«, machte ich, nicht im Mindesten von der Antwort überrascht. In dieser Gegend setzte man sich ungern dem Vorwurf aus, dem FBI oder den Polizeibehörden geholfen zu haben. Ich verließ das Lokal.
Als ich die wenigen Stufen hochstieg, die zur Straße führten, kam er mir entgegen. Der Mann, den ich suchte.
Gaillard.
Er trug die gleiche Kluft wie am Vorabend: Bluejeans, ein knallrotes Hemd und eine schwarze Lederjacke.
Als er mich sah, blieb er wie erstarrt stehen.
Die vier Halbwüchsigen, die am Treppengeländer lehnten, blickten erst mich und dann Gaillard an. Sie witterten, dass etwas in der Luft lag.
Ich nahm die letzte Stufe und trat Gaillard gegenüber. »Nett, Sie hier anzutreffen«, sagte ich. »Ich hoffe, Sie sehen in mir keinen Toten auf Urlaub.«
Er brauchte einige Sekunden, um sich zu fangen. Ich nutzte die Zeit, um mich auf seine Reaktion vorzubereiten.
»Kommen Sie ein Stückchen mit«, empfahl ich ihm. »Dort hinten steht mein Wagen.«
Er starrte mich noch immer an. Sehr intelligent sah er dabei nicht aus.
»Los, Freundchen, setzen Sie sich in Trab«, forderte ich ihn ungeduldig auf.
Genau das tat er nur eine Sekunde später, aber nicht so, wie ich es erwartet hatte. Er schoss auf mich zu wie eine Rakete. Mit eingezogenem Kopf versuchte er meine Magengegend zu rammen, um mich die Treppe hinabzustoßen.
Ich tat ihm nicht den Gefallen, meinen Magen als Zielscheibe zu präsentieren. Ich drehte mich blitzschnell zur Seite.
Gaillard hechtete kopfüber an mir vorbei und flog die Treppe hinab. Er war sofort wieder auf den Beinen. Ohne sich umzudrehen, riss er die Tür auf und stürmte in den Billardsaal.
»Wer von euch kennt den Knaben?«, erkundigte ich mich bei den vier Halbwüchsigen.
Sie starrten mich an, mit blanken, ausdruckslosen Gesichtern. Nur einer lächelte kalt und spöttisch. Keiner der Burschen sagte einen Ton.
Ich hatte keine Zeit, meine Frage dringlicher werden zu lassen. Ich stürmte die Treppe hinab und trat die Tür mit dem Fuß auf.
Alle starrten mich an.
Alle, außer Gaillard. Von ihm war nichts zu sehen. Ich ging auf den Mann hinterm Pult zu. In dem Raum herrschte Totenstille, man hörte nur das laute Atmen eines Mannes.
Der Mann blickte fragend zu mir in die Höhe. Nervös klickte er mit der Mine eines Kugelschreiber.
»Wo ist er?«, fragte ich.
»Wer?«
Ich schaute mich um. Ich sah die leeren, die neugierigen und die höhnischen Gesichter der Gäste. Ein paar von ihnen wichen meinem Blick aus, aber nicht sehr viele. Dann bemerkte ich die Tür. Sie war direkt neben einem Getränkeautomaten. Ich wies mit dem Kopf darauf und fragte: »Wo führt sie hin?«
»Zur Kegelbahn«, informierte mich der Kassierer. »Und zu den Toiletten. Außerdem gibt’s von dort noch einen Zugang zum Heizkeller…«
»Und einen Hinterausgang?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Das fehlte gerade noch. Da könnten die Burschen abhauen, ohne bezahlt zu haben.«
Ich ging auf die Tür zu und öffnete sie.
In der Kegelbahn brannte Licht. Zwei kahle Glühbirnen hingen an Drähten von der Decke herab. Am Ende der Kegelbahn stand auf der linken Seite eine Tür halb offen. Dahinter brannte Licht. Offenbar war es der Zugang zur Toilette.
Die Tür auf der rechten Seite war geschlossen. Zuerst untersuchte ich die Toiletten.
Die Fenster waren vergittert. Gaillard hätte keine Chance gehabt, diesen Fluchtweg zu wählen. Ich ging zu der Tür, die auf der anderen Seite lag.
Ich öffnete sie und vermied es dabei, mich vor dem hellen Licht der Glühbirnen als Zielscheibe zu produzieren.
Ein muffiger Geruch schlug mir entgegen.
Ich fasste mit der Hand um die Ecke und tastete nach dem Schalter. Als ich ihn gefunden
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