0411 - Der Herold des Satans
du kannst mir Rückendeckung geben, während ich mir die Dinge einmal genauer ansehe.«
Er hatte zwar keinen Widerspruch eingelegt, ich sah ihm jedoch an, dass er nicht sehr begeistert war.
Ich hatte die Fassade bald erreicht und entdeckte erst jetzt die Fenster, die in Bodenhöhe lagen. Die mussten zu den Kellern oder Kerkern gehören, zudem waren sie vergittert.
Das beunruhigte mich ein wenig. Wer Fenster vergitterte, der hatte etwas zu verbergen.
Vier vergitterte Fenster lagen nebeneinander, wie bei einem Gefängnis.
Ich trat an das erste Fenster heran, kniete mich hin und untersuchte es.
Scheiben fand ich keine vor, nur eben die Stäbe. Als ich zwischen sie leuchtete, riss der dünne Strahl meiner Bleistiftlampe die Dunkelheit auf.
Menschen entdeckte ich keine. Das Gefängnis schien leer zu sein.
Eigentlich hatte ich die nächsten Fensteröffnungen auch nicht weiter untersuchen wollen, als mir etwas auffiel.
Es war ein Geräusch, das mich misstrauisch werden ließ. Ein leises Fauchen und auch Tappen.
Es war aus dem Fenster gedrungen.
Ich ging einen Schritt weiter, dann noch einen und konnte auf die nächsten Gitter schauen.
Im Vergleich zu der Größe des Schlosses war dies hier alles klein und irgendwie lächerlich.
Als weniger spaßig allerdings empfand ich die beiden Pranken, die sich um zwei Stäbe geklammert hatten.
Es waren keine normalen Hände, sondern fellbewachsene Klauen, die nur einem Werwolf gehören konnten.
Dieser Anblick hatte mich so überrascht, dass ich zunächst einmal gar nichts tat und nur abwartete. Die Pranken sah ich zwar, den Werwolf allerdings nicht. Er musste sich unterhalb des Gitterfensters versteckt halten und hatte nur die Arme ausgestreckt.
Werwölfe am helllichten Tag?
Das war so eine Sache. Wenn sie sich verwandelt hatten und auch so blieben, dann hielten sie sich in der Finsternis auf, wie sie in diesem Keller vorherrschte.
Da sich die Pranken nicht von den Stäben lösten, kam mir eine Idee. Ich holte mein Kreuz hervor, um es gegen die eine Pranke zu drücken, aber der Instinkt hatte die Bestie sofort gewarnt. Sie zog sich hastig zurück.
Innerlich triumphierte ich. Wir hatten uns genau die richtige Stelle ausgesucht. Diese Madame Medoque schien einiges auf dem Kerbholz zu haben. Sie würde mich mit Lügen nicht mehr abweisen können, das hatte ich mir fest vorgenommen.
Ich leuchtete wieder durch die Stäbe. Irgendwo musste sich der Werwolf ja herumtreiben. Als ich den Arm bewegte und der Lampenstrahl mitschwang, entdeckte ich ihn.
Er hockte auf dem Boden. Sein Körper war fellbewachsen, das Maul stand offen. Auch die Augen leuchteten mich an. Ich sah die Kälte darin, bevor sich der Werwolf zur Seite drehte und mit einem Satz aus dem Lichtkreis verschwand.
»Ich freue mich schon auf einen Besuch bei dir!« murmelte ich und wollte mich wieder zurückziehen.
Bevor ich mich umdrehen konnte, hörte ich das dumpfe Geräusch. So, als wäre jemand zu Boden gefallen.
Ich drehte mich um.
Mein Blick fiel auf eine Gestalt, die rücklings und wie tot im Gras lag. Es war Gerald Gress.
Auf einmal verschwand meine Euphorie. Was war geschehen?
Von allein war mein Partner bestimmt nicht zu Boden gegangen, da musste jemand nachgeholfen haben. Aber wer?
Langsam kam ich wieder in die Höhe. Meine Hand näherte sich der Waffe, ohne sie jedoch zu ziehen, denn ich sah kein Ziel. Nur eben Gress, der sich nicht mehr rührte.
War er tot?
Dieser Gedanke gefiel mir überhaupt nicht. Ich spürte den Druck im Magen, das Gefühl der Spannung, das mich festhielt und sich auch immer weiter ausbreitete.
Etwas stimmte da nicht. Irgendjemand belauerte mich, aber ich konnte ihn nirgendwo entdecken.
Wieder spürte ich den Wind. Diesmal kam er mir kühler vor. Mit vorsichtigen Schritten näherte ich mich dem Reporter. Er lag nicht weit von einer Buschinsel entfernt, auf der unser Gegner durchaus lauern konnte, denn sie war mit Pflanzen bewachsen, die auch im Winter ihre Blätter nicht verloren.
Sosehr ich mich auch bemühte, erkennen konnte ich hinter dem dichten Blättervorhang nichts.
Trotzdem roch es meilenweit nach einer Falle. Aber konnte ich Gress einfach liegen lassen?
Nein, das brachte ich nicht fertig. Wenigstens wollte ich ihn in Deckung ziehen.
Eine Wunde erkannte ich bei ihm nicht. Ich sah auch kein Blut.
Wer immer ihn erwischt hatte, war ein Meister seines Fachs gewesen. Er hatte sehr hart und präzise zugeschlagen.
Bevor ich mich um ihn kümmerte, warf ich noch
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