0411 - Der Herold des Satans
ich hörte dich fallen, als ich den Werwolf entdeckte, der sich hier im Keller oder Verlies verborgen hielt.«
»Sag bloß.«
Ich ließ Gress nicht länger im Ungewissen und berichtete davon, wie es mir ergangen war und wie ich ihn ins Schloss hatte schleppen müssen.
»Du bist nicht zusammengebrochen?«
»Fast.«
Er nickte und entschuldigte sich dafür, dass er unbedingt eine Schwarze haben musste.
»Lass es sein. Dann wird die Luft noch mieser.«
»Du hast Recht.«
Und mies war die Luft tatsächlich. Stickig und gleichzeitig feucht.
Für mich nichts Neues, denn man hatte mich schon des öfteren in Verliesen ähnlicher Art festgehalten.
Gress senkte seine Stimme. »Wenn die wollen, können die uns hier vermodern lassen. Nicht mal ein Fenster gibt es.«
Das stimmte. Ich kam zu der Überzeugung, dass unser Gefängnis unter dem Werwolfkeller lag.
Dass es mir gut ging, wäre übertrieben gewesen. Doch ich konnte nicht ewig auf dem kalten Boden liegen bleiben. Irgendwann musste ich mal aufstehen und das Gefängnis untersuchen, das sagte ich auch meinem Begleiter.
»Schaffst du das denn?«
»Ich muss es versuchen.«
Behutsam richtete ich mich auf, um in eine sitzende Stellung zu gelangen. Das nahm mir mein Kopf übel. Ich hatte das Gefühl, in einem Kreisel zu sitzen, so plötzlich kam der Schwindel.
»Verdammt, es geht noch nicht«, flüsterte ich, wobei mir kalter Schweiß auf die Stirn trat.
»Was hattest du denn vor, John?«
»Zumindest das Verlies durchsuchen.«
»Dann löse ich dich ab.«
»Gut.«
Er stand auf, langsamer als sonst, um nur keine falsche Bewegung zu machen. Während er sich aufrappelte, hob er die kleine Lampe vom Boden auf und ließ den fingerdicken Strahl kreisen.
Er tastete sich über die feuchten, dicken, ausbruchsicheren Innenwände des Gefängnisses, als wollte er in die Ritzen und Spalten der dicken Quader eindringen, um diese näher zu untersuchen. Spinnweben und Staub hatten sich zu einer feuchten Schicht vermengt, die grau auf dem Gestein klebte. Der Lehmboden war uneben, aber fest. Die Kälte war unangenehm.
Gerald Gress hatte mit der Lampe einen Kreis geschlagen. Als wir die Tür sahen, schwanden unsere letzten Hoffnungen.
»Merde!« kommentierte Gress.
Ich brauchte diesem Urteil nichts mehr hinzuzufügen. Der Lampenstrahl wanderte über feuchtes und verschimmeltes Holz.
Ein Ausbruch war ohne Werkzeug nicht drin.
Ich konnte auch das Schloss sehen. Eine viereckige Eisenplatte aus Metall, völlig verrostet. Da drehte sich kein Schlüssel mehr. Wahrscheinlich war die Tür an der Außenseite durch Riegel oder Eisenketten gesichert worden.
Gress hob die Schultern. »Hier können wir tatsächlich vergammeln«, sagte er. »Irgendwann in ferner Zukunft wird dann jemand unsere Knochen finden.«
Gress kam wieder zu mir und setzte sich. Zwar grinste er, aber es sah verdammt gequält aus. Ich konnte ihn verstehen, denn uns drückten die gleichen Sorgen.
»Wir können nur warten, bis man uns abholt!« erklärte ich. »In hundert Jahren?«
»So geduldig ist Manon Medoque nicht.«
»Ich frage mich nur, John, weshalb sie uns nicht schon längst getötet hat.«
»Sie selbst? Das glaubt mal nicht. Die hat noch etwas vor. Außerdem kennt sie mich.«
»Woher?«
»Das hat sie leider nicht gesagt. Ich werde sie noch einmal fragen.«
»So optimistisch?«
»Immer.«
»Dann versuch es mal wieder.«
Er hatte Recht, ich musste mich einfach auf die Beine quälen. So war ich wehrlos. Zunächst aber tastete ich nach meinen Waffen. Die Beretta hatte ich abgeben müssen, doch die anderen beiden waren noch vorhanden, und das gab mir Mut.
Kreuz und Dolch. Es war wie früher. Damit ließ sich schon einiges anfangen.
Gress hatte meine Suche bemerkt. »Dir hat man noch einiges gelassen?«
»Ja, das Kreuz und den Dolch.«
Der Reporter winkte ab. »Eine Kanone wäre mir persönlich lieber gewesen.«
»Das kannst du nicht so sagen. Man soll sich manchmal auf andere Dinge verlassen.«
»Na ja, du bist der Chef.«
»Der seinen Diener mal um Unterstützung bittet.« Ich startete einen zweiten Versuch, richtete mich auf und fühlte die flache Hand des Franzosen in meinem Rücken.
Es klappte leidlich. Als ich saß, wurde ich sogar übermütig und wollte aufstehen.
Das ging schlecht. Wie ein Mensch, der tagelang im Bett gelegen hatte, fühlte ich mich. Ich musste mich breitbeinig aufbauen, und Gress hielt meinen rechten Arm umfasst.
»Geht es?«
»Noch.« Wieder trat mir der Schweiß
Weitere Kostenlose Bücher