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0412 - Ein Grab aus der Vergangenheit

0412 - Ein Grab aus der Vergangenheit

Titel: 0412 - Ein Grab aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sofort klar, dass Gerald Gress verloren war und ich als Nächster auf der Liste des unheimlichen Herolds stand.
    Dem wollte ich mich widersetzen.
    Schon einmal war es mir gelungen, ihn sichtbar zu machen. Wozu hatte ich mein Kreuz?
    Als Gress fiel, befand ich mich bereits in der Hocke. Mit einer Hand stützte ich ihn ab, damit er nicht zu hart auf den Steinboden schlug, mit der anderen holte ich mein Kreuz hervor.
    Der Herold musste sich auf der Galerie befinden. Im Ort hatten wir seine Schritte vernommen, doch er würde sich auch lautlos bewegen können, dessen war ich mir sicher.
    Um ihn auszuschalten, musste ich ihn sehen. Ein gutes Gefühl hatte ich nicht. Wenn er sich schon so weit genähert hatte, dass er mit seiner zweiten Waffe, dem Schwert, zuschlagen konnte, sah es böse für mich aus. Deshalb schleuderte ich das Kreuz halbhoch über den Boden der Galerie hinweg.
    Ich traf.
    Zwar fand das Kreuz keinen direkten Widerstand, doch genau dort, wo sich der andere befand, strahlte es plötzlich auf, und aus dieser silbrig flimmernden Helligkeit schälte sich die Gestalt des Werwolfes hervor, der wie ein mittelalterlicher Bote gekleidet war und sogar einen Helm auf seinem Fellschädel trug.
    Meine Annahme über die zweite Gefahr war nicht aus der Luft gegriffen worden, denn mein Gegner war dabei, das Schwert aus der Scheide zu ziehen. Seine Hand lag auf dem Griff, und zur Hälfte war es bereits aus der Scheide geglitten.
    In dem Augenblick griff ich ihn an. Wo das Kreuz lag, wusste ich nicht. Wichtig war, dass es nicht auf das Dach gefallen war und ich hinterher klettern musste.
    Der Herold wurde voll von mir getroffen. Ich rammte ihn schneller, als er mit seiner freien Pranke zuschlagen konnte. Er wurde weit zurückgeschleudert. Ich sah ihn taumeln, mit beiden Armen um sich schlagen, und er fand die Brüstung der Galerie, auf der er sich abstützen konnte.
    Fast wäre er gefallen.
    Ich zog die Beretta.
    Er sah die Bewegung und zeigte mir, wie geschmeidig und schnell Werwölfe reagieren können. Ehe ich abdrücken konnte, hatte er seinen Körper schon in die Höhe gewuchtet, die Pranke auf die Brüstung gedrückt und sich über sie hinweggeschwungen.
    Jenseits der Mauer prallte er auf die Dachpfannen. Ich hörte den harten Aufschlag, auch das Brechen einiger Pfannen und drehte mich um neunzig Grad, um ihn sehen zu können.
    Er überrollte sich noch, und ich wusste sofort, was er vorhatte. Ein Werwolf konnte einen Fall aus dieser Höhe überleben. Wieder schoss ich.
    Im Duell geht es oft um den berühmten Sekundenbruchteil. Diesmal war ich langsamer. Vielleicht hatte ich in der Hektik und der Dunkelheit auch nicht genug gezielt, jedenfalls gelang es dem Herold, sich über die Dachkante zu rollen und zu verschwinden.
    Mehrmals hörte ich ihn aufschlagen, aber keinen Schrei oder einen anderen Ausdruck der Todesangst.
    Ich hob mein Kreuz auf, drehte mich um und spürte das Zittern überall. An den Beinen, den Armen, in den Schultern. Was ich jetzt tun musste, war schlimm: einem Sterbenden letzte, tröstende Worte sagen oder einem schon Toten die Augen zudrücken.
    Ich ging zu ihm.
    Er sah mich, denn er lebte noch, aber um die Brust herum war alles voller Blut. Die Lanzenspitze hatte sich tief in seinen Körper gebohrt und einiges dort verletzt.
    »He, Partner.«
    Ich hörte die geflüsterten Worte, als ich mich neben ihn kniete. Ich spürte auch das Würgen in der Kehle. Eigentlich hätte ich Werwölfe jagen müssen, darauf verzichtete ich jetzt. Dieser Mann ging vor. Ich hatte ihn gemocht, den kleinen Gerald Gress, der so gern seine Schwarze rauchte, sich manchmal feige gab, aber doch raffiniert war und mir sogar das Leben gerettet hatte.
    Ich konnte nichts mehr für ihn tun. Oder doch?
    Er legte seine blutbefleckte Hand gegen mein Gelenk. »John, tu mir noch einen Gefallen, bevor mich der Himmel verschlingt.«
    »Okay, was möchtest du?«
    »Eine Schwarze. Sie stecken in meiner Jackentasche.«
    Klar, ich würde ihm diesen Wunsch erfüllen. Die letzte Zigarette, vielleicht der letzte Zug in seinem Leben, was machte das schon?
    Während ich stumm war und die Schachtel suchte, hörte ich ihn leise, stockend und ächzend reden.
    »Irgendwie hast du mir gefallen, Engländer. Aus uns hätte noch ein starkes Team werden können, aber dieser verdammte Sensenmann ist einfach stärker. Weißt du, dass mir plötzlich kalt ist, John? An den Füßen spüre ich es. Es ist nicht der Wind, das ist der Tod, der seine Knochenklaue

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