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0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

Titel: 0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
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412.
    »Hübsch,« knurrte mein Freund und verzog angeekelt das Gesicht.
    »Was hast du erwartet?« fragte ich. »Einen Hintereingang zum Waldorf Astoria?«'
    Phil zog die Handbremse an und den Zündschlüssel ab. Wir stiegen aus und versuchten möglichst lässig und fläzig auszusehen, um niemanden auf die Idee zu bringen, daß es sich bei uns um »Bullen« handelte. Zwar konnte ich keine Menschenseele entdecken, obwohl ich meine Blicke in alle Richtungen schwirren ließ. Aber ich hätte meinen Hut gefrühstückt, wenn nicht hinter vielen Fenstern mißtrauische, verkniffene Gesichter zu uns gewandt waren und unser Auftauchen mit wenig Wohlwollen'registrierten.
    Nummer 412 war so schimmelig wie ein vergessener Camembert-Käse, ein mittelgroßes zweistöckiges, altes, unscheinbares, reparaturbedürftiges Haus mit schmutzigen Gardinen hinter den geschlossenen Fenstern, einer drei Stufen hoch liegenden Eingangstür und grüngetünchtem Lattenzaun — rings um das kleine Grundstück.
    Die Zaunpforte war aus den Angeln gehoben und auf den ungepflegten Rasen geworfen worden. Aber es sah nicht so aus, als habe das jemand heute oder gestern getan. Es sah so aus, als liege das Gartentor seit Jahrzehnten auf dem Rasen.
    Wir gingen über den mit brüchigen Steinplatten ausgelegten Weg zur Haustür. Es gab eine altmodische Klingel. Unter einem Plastikschildchen war auf vergilbtem Papier ein Name zu lesen: Benjamin Older.
    »Floras Beschützer«, sagte Phil und drückte auf die Klingel. Irgendwo im Haus entstand ein Geräusch, alä lasse jemand eine Blechschüssel auf Steinfliesen fallen.
    Mein Freund klingelte noch einmal. Wieder schepperte es. Wir warteten.
    Zwei Minuten vergingen, ohne daß sich etwas rührte.
    »Komisch«, sagte ich. »Flora hat uns doch bestimmt gesehen. Warum macht sie nicht auf?«
    Als auch ein drittes Klingeln nichts half, legte ich die Hand auf die Klinke. Knarrend schwang die Tür vor mir auf.
    Mit leichtem Unbehagen blickte ich in einen dunklen, muffigen Flur. Schwarz-gelb marmorierte Fliesen, brüchig und ausgetreten, wurden von dem matten Sonnenlicht erhellt, das durchs Oberlicht hereinfiel. Ich sah eine Treppe, am Ende des Flurs eine Hintertür, einen hohen Wandspiegel — der so stark gewölbt war, daß er nur Zerrbilder wiedergab, eine hohe Bodenvase mit braunem, offenbar künstlichem Laub und — die Füße eines Mannes.
    Die Füße ragten über die Schwelle einer links vom Gang abzweigenden Tür. Sie steckten in schweren, lehmigen Schuhen. Ich sah graue, ausgefranste Hosenbeine. Da die Spitzen der Schuhe schräg nach unten wiesen, mußte der Mann auf dem Gesicht liegen.
    Phil schloß die Haustür hinter sich.
    Ich stand schon neben dem Mann.
    Er war groß, knochig, alt und schäbig gekleidet, lag mit dem Oberkörper in einem altmodisch eingerichtetem Wohnzimmer. Der graue Haarfilz war am Hjnterkopf blutverkurstet.
    Ich beugte mich über den Niedergeschlagenen und fühlte nach seinem Puls. Er schlug — und nicht mal schwach. Ich betastete den Hinterkopf. Eine Beule und eine kleine Platzwunde wären deutlich festzustellen. Lebensgefährlich war das nicht.
    Vorsichtig drehte ich den Alten auf den Rücken. Ein langes dürres Pferdegesicht mit grauer schlaffer Haut und einem halben Hundert tiefer, grämlicher Falten kam zum Vorschein.
    Ich hob den Alten auf und legte ihn auf die rote Couch, die zwischen den beiden Fenstern an der Wand stand.
    »Wir sind zu spät gekommen«, sagte Phil. »Dieser Johnny Stkr hat Floras Versteck gefunden.«
    Ich biß mich auf die Lippen und fluchte in mich hinein. Wenn Star — und wahrscheinlich auch Kramer — das Girl erwischt hatten, war ihr Schicksal besiegelt.
    Ich blickte mich um, aber ein Telefon war nicht zu entdecken.
    »Komm!« sagte ich. »Wir müssen das Haus durchsuchen. Vielleicht hat sie sich irgendwo versteckt. Vielleicht hat man ihr nur einen Denkzettel verpaßt.«
    Phil nickte.
    »Hast du Whisky bei dir?« fragte ich.
    Mein Freund zog eine lederüberzogene kleine Taschenflasche aus dem Jackett.
    Ich hob den Kopf des Alten etwas an. Phil setzte den Hals der Flasche an die fast blutleeren Lippen. Schon nach wenigen Tropfen begann der Mann zu husten. Er verschluckte sich, schlug die Augen auf und starrte uns mit glasigem Blick an.
    »Geht’s wieder?«
    Der Alte richtete sich langsam auf, stöhnte und griff mit der Linken an den Hinterkopf. »Donnerwetter, mich hat’s erwischt.«
    »Nicht so schlimm, wie sich’s anfühlt«, tröstete ich ihn. »Kleine

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