0416 - Das Duell der Halbstarken
dieser Text erscheinen soll, variieren von Fall zu Fall. Die Drohungen am Schluß der Briefe haben immer den gleichen Wortlaut.«
Der Chef lehnte sich zurück.
»Nach dem Gesetz sind uns die Hände gebunden. In sieben Fällen haben die Eltern es bisher abgelehnt, unsere Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ihnen sitzt das Schicksal Jimmy Rovelts noch in den Gliedern. Sie fürchten, der Erpresser würde auch für ihre Kinder ähnlich raffinierte Tricks bereithalten, gegen die das FBI machtlos wäre. Wir können nur hoffen, daß einige ihre Entscheidung korrigieren.«
»Bleibt also der Fall Jack Heley, in dem wir aktiv werden können«, stellte ich fest.
Der Chef antwortete nicht sofort. »Wird das Haus überwacht?« fragte er dann.
»Ständige Zwei-Mann-Patrouille in Zivil!«
»Haben Sie einen Vorschlag, was wir in den anderen Fällen unternehmen können?«
»Wir sollten, auch wenn die Eltern vorerst unsere Hilfe abgelehnt haben, feststellen, wie diese sich verhalten«, sagte ich. »Wir handeln auch nicht gegen das Gesetz. Bleiben die Jugendlichen der verschiedenen Familien in New York, so heißt das, daß die Eltern sich zur Zahlung entschlossen haben. Das läßt sich durch eine unauffällige Beobachtung leicht herausfinden.«
Phil grinste. »Es läßt sich noch leichter herausfinden. Es genügt, den Anzeigenteil der Zeitungen zu studieren. Erscheint das Stichwort, so heißt es, daß gezahlt wird.«
Ich lachte und schlug mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ich habe vor Bäumen den Wald nicht gesehen.«
»Die Erpresser haben verschiedene Termine genannt«, sagte Mr. High. »Wer ist zuerst an der Reihe?«
»Die Round-Tochter. Das Stichwort ›Holen Sie das Kleid ab‹ soll am 10. in der Morning-Post erscheinen.«
»Wer ist der nächste?«
»Thomas McLeygh am 13. Dann folgt Jack Heley am 15.«
»Ich glaube, man kann daraus schließen, daß die Gangster den einen Fall erledigen wollen, bevor sie den nächsten anfassen. Die Anzeige für die Round-Tochter erscheint am 10. Spätestens am gleichen Tag wird Harold Round angerufen werden. Die Gangster werden ihm die Bedingungen der Geld-Übergabe mitteilen. Diese Übergabe wird bereits am 11., spätestens am 12. stattfinden.«
»Sollen wir uns auf den Fall von Lizzy Round konzentrieren?« fragte ich.
»Wir können uns nicht darauf konzentrieren, wenn der Vater des Girls unsere Mitarbeit nicht wünscht.«
»Wenn Mr. Round zu zahlen gedenkt, können wir ihn nicht daran hindern. Von dem Augenblick an, in dem er gezahlt hat, müßte sich seine Tochter außer jeder Gefahr befinden, zumal die Gangster dann ihren nächsten Fall ins Auge fassen. Warum sollen wir zwischen dem Fall Round und dem Fall McLeygh nicht einen Versuch unternehmen, die Erpresser zu stellen? Alles, was ich von Mr. Round erwarte, ist, daß er uns anruft, sobald er das Geld übergeben hat.«
Ich blickte den Chef erwartungsvoll an.
Er nickte.
»Ja, Jerry, das können Sie tun.« In diesem Moment schoß mir ein neuer Gedanke durch den Kopf.
***
Zwei Tage später, am 9., rief mich Christoph Darring an.
»Können Sie zu mir kommen, Mr. Cotton?« fragte er. Seine Stimme klang bedrückt.
»In Ihre Wohnung?«
»Nein. Bitte kommen Sie in die Bank, 14. Straße West, 312.«
Ich wußte, daß Jack Heleys Großvater eine Privatbank gegründet hatte, die sich zwar mit keiner großen Bank messen konnte, die aber den Ruf eines guten und soliden Unternehmens besaß. Durch seine Heirat mit der Witwe Thomas Heleys war Darring zum Generaldirektor der Bank aufgestiegen.
Er empfing mich in einem nicht einmal großartig eingerichteten Büro. Sobald ich mich gesetzt hatte, schob er mir einen Brief über den Tisch.
»Ich fand ihn schon gestern abend unter der Privatpost, aber ich konnte Sie nicht benachrichtigen, weil ich meine Frau nicht noch mehr beunruhigen wollte.«
Der Umschlag war an Mrs. Darring adressiert. Wieder waren Adresse und der Brieftext aus Zeitungsbuchstaben zusammengeklebt. Der Text lautete:
Sie haben die Polizei unterrichtet! Ein schwerer Fehler, Madam, den Jack ausbaden muß. Investieren Sie die fünfzigtausend Dollar ruhig in Schmuck und Pelzmänteln. Wir wollen sie nämlich nicht mehr, denn wir verstehen keinen Spaß Verabschieden Sie sich von Ihrem Sohn. Er lebt nicht mehr lange.
»Wo ist Ihr Stiefsohn jetzt?« fragte ich nach der Lektüre.
»In der Fremdsprachenschule Testwake, Sorrington Avenue. Er nimmt an einem Kursus für Spanisch teil. Der Chauffeur hat ihn hirigefahren. Ihre Leute
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