0419 - Schattenjäger
glauben Sie, daß sie deshalb den gebührenden Respekt vor ihrem älteren Bruder hätte? Nee… frech wie die Spatzen ist sie!«
Dann parkten sie in einer schmalen Seitenstraße. Der Cadillac paßte hierher wie Sonnenkönig Ludwig in einen Kuhstall, und Zamorra begann um Radkappen, Spiegel und Antennen zu fürchten. Aber Jim warf den herumstrolchenden Banden-Jugendlichen ein paar böse Blicke zu, und damit war das Problem gelöst. Jim schien hier nicht unerheblichen Respekt zu genießen.
Zamorra hoffte, daß Lou-Belle noch nicht gefrühstückt hatte. Er bereitete sich vorsichtshalber schon einmal auf einen Kampf gegen Ombre vor. Das konnte bedeuten, daß Amulett gegen Amulett eingesetzt werden mußte. Aber Zamorra besaß das siebte, und das war unschlagbar. Höchstens alle sechs anderen konnten das siebte gemeinsam bezwingen, lautete ein Gerücht, aber den Beweis hatte noch nie jemand antreten können. Trotzdem war Zamorra nicht unbedingt auf einen Kampf aus. Darüber konnte das ganze Haus zertrümmert werden.
Er richtete sich auch darauf ein, einem Kung-Fu-Kämpfer gegenüberzustehen. Das würde ein etwas härterer Kampf werden, falls Ombre angriff und sie beide auf den Einsatz ihrer Amulette verzichteten.
Innerlich vibrierte der Parapsychologe. Jim schien etwas davon zu spüren, denn er warf Zamorra einen vorsichtigen Seitenblick zu. »Es wird doch keinen Ärger geben? Dann nehmen Sie Ihre 50 Dollar lieber wieder mit und verschwinden, so schnell Sie können.«
»Ich will nur mit Ombre reden, sonst nichts«, wich Zamorra aus. Mit ihm reden und ihn als Mörder der Polizei übergeben! Wenn das ohne körperlichen oder magischen Kampf ablief, konnte es ihm nur recht sein. Auf einen Kampf legte er keinen Wert. Davon hatte er schon genug ausfechten müssen in seinem Leben.
Jim besaß einen Wohnungsschlüssel. Praktischerweise lebte Lou-Belle im Parterre. Jim drückte bloß auf den Klingelknopf und schloß dann auch schon die Tür auf. Er trat als erster ein. Zamorra folgte ihm sofort.
Sein Amulett signalisierte ihm keine Gefahr.
Eine Zimmertür öffnete sich. In ihr erschien eine dunkelhäutige Schönheit, die nur ein winziges Höschen trug. »Du, Jim? Oh…« Sie hatte den Besucher entdeckt und kreuzte blitzschnell die Arme über ihre gut entwickelten Brüste.
»Ist dein Pflegefall noch hier, Lou-Belle?« fragte Jim. »Der da will mit ihm reden…«
»Muß das vor dem Frühstück sein?« fauchte Lou-Belle. »Wartet doch erst mal, bis wir uns angezogen haben!«
Im hinter ihr liegenden Zimmer hörte Zamorra Geräusche. Blitzschnell setzte er sich in Bewegung. »Ich darf mal, ja?« murmelte er und versuchte an Lou-Belle vorbei ins Allerheiligste zu kommen. Aber Lou-Belle sprang ihm in den Weg, und von hinten packte Jim mit beiden Händen zu und zerrte Zamorra an den Schultern zurück. »Moment mal«, bellte er. »Sie wollten doch keinen Ärger machen, oder wie war das?«
Zamorra hörte quietschende Fensterscharniere!
Er riß sich los. »Verdammt noch mal, merkt ihr denn nicht, daß der Vogel ausfliegt?« schrie er auf. Er schob Lou-Belle jetzt doch zur Seite, stürmte in das Schlafzimmer und konnte gerade noch einem Hocker ausweichen, der ihm entgegenflog und vom Türrahmen zurückprallte. Ein Schatten sprang durch das Fenster und verschwand sofort seitwärts. Zamorra machte ein paar schnelle Schritte nach vorn, verhedderte sich in Reizwäsche, die auf dem Teppich war, und stürzte. Als er sich wieder aufraffte und das Fenster erreichte, war von Ombre nichts mehr zu sehen.
»Das ist Hausfriedensbruch!« schrie Lou-Belle empört. »Raus aus meinem Schlafzimmer, Kerl! Ihr verdammten Weißen glaubt wohl, euch mit uns Negern alles erlauben zu können, wie? Ich rufe die Polizei…«
»Laß ihn«, versuchte Jim seine vier Minuten jüngere Schwester zu beruhigen. »Der Mann, mit dem du die Nacht verbracht hast, soll der Krankenhaus-Terrorist sein, und Zamorra ist hinter ihm her…«
»Kein Grund, einfach in mein Schlafzimmer einzudringen!« fauchte Lou-Belle und wollte sich auf Zamorra werfen, um ihm die Augen auszukratzen. Jim hielt sie fest. »Er ist gleich wieder fort, und dann hast du deine Ruhe…«
Zamorra sah sich blitzschnell um. Ombre hatte trotz der Schnelligkeit, mit der er verschwunden war, nichts zurückgelassen.
»Entschuldigen Sie, Miß Lou-Belle«, sagte er. »Ich wollte Ihnen wirklich keine Ungelegenheiten machen und Ihnen auch nicht zu nahe treten. Wenn ich’s wiedergutmachen kann, tue ich das
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