042 - Die Unsterblichen
eine schöne Frau zu bewundern, und unterstützte alle Bemühungen, ihre äußere Form zu bewahren.
Carter machte eine einladende Bewegung in Richtung Zwischentür. Nacheinander traten sie in sein Labor, das große Ähnlichkeit mit einem Ersatzteillager hatte. Überall lagen halbfertige Prothesen herum, die darauf warteten, Arme, Beine oder innere Organe zu ersetzen. Zwischen all der Mechanik stach eine von UV-Licht beleuchtete Glasschale hervor. Sie enthielt eine schimmernde Nährflüssigkeit, in der etwas Breites, Flaches schwamm.
Naoki konnte es kaum glauben. Eilig rannte sie zu dem Tisch, doch sie hatte sich nicht getäuscht. Frisch gezüchtetes Hautgewebe! Genug, um einen ihrer Arme zu erneuern.
»Fröhliche Weihnachten«, wünschte Carter.
Seine Stimme vibrierte vor Stolz. Warum auch nicht? Wieder einmal hatte er Unmögliches möglich gemacht.
»Unglaublich«, flüsterte Naoki. »Wie hast du das nur geschafft? Uns fehlen zur Zeit die einfachsten genetischen Grundstoffe.«
»War gar nicht so schwer«, wich Carter aus.
»Nur mit deinem Teint hatte ich etwas Probleme. Ich musste das Gewebe mit deinen Stammzellen impfen, um den Ton anzupassen.« Naoki hauchte ihm einen KUSS auf die Wange, worauf sich Mikis Gesicht verfinsterte. Sie musste ein Lächeln unterdrücken. Die Eifersucht ihres Gefährten war unbegründet, aber irgendwie süß.
»Lasst uns gleich anfangen«, schlug Carter vor.
Naoki schlüpfte bereitwillig aus ihrem Kittel und nahm auf der Operationsliege Platz. Nachdem ihr der Texaner ein Sedativ verabreicht hatte, schlummerte sie sanft ein.
***
»Klingt vielversprechend.« Die Worte hallten in Naokis Kopf nach, als kämen sie aus weiter Ferne. »Aus der Höhe wären wir praktisch unangreifbar. Wir könnten endlich weiterreichende Expeditionen durchführen.«
»Und da die Magnetlinien der Erde genutzt werden, brauchen wir nur ein Minimum an Energie«, antwortete eine andere Stimme, die eindeutig Miki Takeo gehörte.
»Ein Problem ist der Anschub. Sonnenkollektoren können wir nicht benutzen, solange der Staubmantel in der Atmosphäre das Licht filtert.«
Die Operation, erinnerte sich Naoki wieder. Die Betäubung lässt nach. Sie schlug die Augen auf.
Die Männer unterbrachen ihr Gespräch und traten an die Liege.
»Alles in Ordnung?«, fragte Miki zärtlich, während er ihr eine Locke aus der Stirn strich. Naoki hatte sich längst an die stählerne Kälte seiner Finger gewöhnt, empfand sie als genauso angenehm wie die Berührung von nackter Haut.
»Ich fühle mich noch ein wenig schlapp«, gestand sie, strafte ihre Worte aber sofort Lügen, als sie sich aufrichtete, um ihren linken Arm zu betrachten.
Natürlich gab es nicht mehr als einen stramm gewickelten Verband zu sehen, trotzdem hellten sich ihre Gesichtszüge auf. Das dumpfe Tuckern unter den Mullbinden fühlte sich gut an, denn es signalisierte den Heilungsprozess.
Die blutige Schale mit ihrem alten Hautgewebe, die nur zwei Meter entfernt stand, schreckte sie nicht. Sie war Medizinerin und hatte schon Tausende von Transplantationen bei ihren Kollegen durchgeführt. Den Körper eines Menschen nach eigenem Geschmack neu zu modellieren und die Reste zu verwerten schien ihr absolut natürlich.
Ein heiserer Schrei riss Naoki aus ihren Betrachtungen.
Es war die Stimme einer Frau, die unsägliche Schmerzen litt. Der Lautstärke nach musste sie sich in einem angrenzenden Zimmer befinden.
Carters Gesicht verfinsterte sich. Zwei steile Falten entstanden über seiner Nasenwurzel. Ein sicheres Zeichen, dass er seine internen Systeme abfragte. Vermutlich rief er die aktuelle Uhrzeit ab.
»Ist doch noch viel zu früh«, murmelte er, bevor er seine Verwirrung zur Seite drängte.
»Entschuldigung, ich muss mich um eine andere Patientin kümmern.«
Ohne besondere Eile schritt er zu der Zwischentür, die in seine privaten Räume führte. Wen mochte er dort untergebracht haben?
Die Schreie schwollen an, als er die Tür öffnete. »Nein, böser Mann, gehn weg! Katy viel Schmerz.«
Die primitive Ausdrucksweise, der verwaschene Slang - die Stimme gehörte keinem Bewohner des Centers. Plötzlich keimte ein geradezu monströser Verdacht in Naoki auf. Entsetzt schwang sie sich von der Liege.
Für solche Belastungen war es noch etwas zu früh. Sie musste sich festhalten, um nicht in den Beinen einzuknicken Miki stellte sich ihr in den Weg. »Ganz ruhig«, mahnte er.
»Leg dich wieder hin.«
Naoki drängte ihn unwillig zur Seite, obwohl die
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