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0420 - Aibons Schlangenzauber

0420 - Aibons Schlangenzauber

Titel: 0420 - Aibons Schlangenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kontrolle zu behalten.
    Die Künstlerin hatte ihr Publikum im Griff. Mit der freien Hand sorgte sie für Ruhe.
    Sie bewegte sich leicht von oben nach unten, als würde sie einen Ball aufticken lassen.
    Es wurde still.
    Sehr still sogar. Man konnte die berühmte Nadel fallen hören.
    Auch der Trommelklang war verstummt. Dafür meldete sich ein anderes Instrument. Es war die Orgel. Sie wurde gefühlvoll gespielt. Verheißungsvoll schwang die erste Melodie durch die Disco.
    Wir hatten das Lied Aibon noch nie gehört, trotzdem wußten wir mit der Melodie etwas anzufangen.
    Ein anderer hatte sie gespielt. Jemand, der in Aibon lebte und dort unter dem Namen der rote Ryan bekannt war.
    Was die Gruppe spielte, war seine Erkennungsmelodie!
    ***
    Suko, mein Freund, sah mich an und ich ihn, und wir wußten beide Bescheid. Nicht nur das, wir dachten beide dasselbe.
    Shao wurde aufmerksam. »Was habt ihr denn? Kennt ihr den Song?«
    Suko nickte nur.
    »Und woher?«
    Er legte einen Finger auf den Mund. Auch ich wollte keine Erklärungen geben und mich voll auf das Spiel konzentrieren. Der Musiker saß schräg zu mir. Er hielt den Kopf gesenkt, blickte auf die Tastatur seiner Orgel und spielte die Melodie so wunderbar weich.
    Wir waren fasziniert und angetan zugleich. Es war eine herrliche Melodie, die wir in Aibon gehört hatten. Und vor meinen Augen entstand das Bild des roten Ryan.
    Er war eine ungewöhnliche Persönlichkeit, zu vergleichen mit der Gestalt des Papageno aus der Zauberflöte. Fastebenso angezogen, so ähnlich reagierend, ein Wesen, das sich der Natur hervorragend anzupassen verstand. Schon Shakespeare mußte ihn gekannt haben. Er hatte ihn mit Ariel, dem Luftgeist, verglichen.
    Bisher war mir diese Melodie nur in Aibon begegnet. Jetzt wurde sie hier gespielt, und mir rann es kalt den Rücken hinab. Ich schüttelte mich, atmete durch die Nase und beobachtete die Sängerin, die wie in Trance am Podiumsrand stand und dem Vorspiel lauschte.
    Sie wartete auf ihren Einsatz, der plötzlich kam, mitten in das Vorspiel hinein und einem geschmetterten Stöhnlaut glich.
    »Aibon!«
    Dann sang sie. Sie erzählte von einem Paradies, einer faszinierenden Welt jenseits der unsrigen. Von einer unerfüllten Sehnsucht der Menschen nach dem Paradies, das sie wiederum gefunden hatte. Ein Land, in dem Milch und Honig flossen, das grün war, mit dichten Wäldern, klaren Seen, reinen Hügeln und hohen Bergen.
    Aibon war ein Wunschland. Ein Gebiet, das die Menschen immer gesucht, aber nie gefunden hatten, denn diese Sehnsucht kam auch in dem Text zum Ausdruck. Und immer wieder die Frage und die Suche nach Aibon. Die Frau legte alles hinein. Wenn sie sang, »spielte« sie gleichzeitig den Text. Sie stand am Bühnenrand, beugte sich vor, streckte den Arm aus, winkte den Zuhörern zu und lockte sie nach Aibon. Sie wollte, daß die anderen kamen und von Aibon fasziniert waren.
    »Wo Elfen und Feen regieren, wo Märchen wahr werden und sich Träume realisieren lassen, da ist Aibon…«
    So klang das Lied auch aus, und selbst die Musiker hielten sich zurück. Sie ließen die Sängerin aussingen. Die Frau hatte eine faszinierende Stimme. Eine »Mischung« aus Jennifer Rush und Laura Brannigan. Ich war fasziniert. Als das Lied verklungen war, hielt es uns nicht mehr auf den Sitzen. Wir sprangen ebenso auf wie die anderen.
    Die Sängerin verbeugte sich. Sie wollte den Beifall nicht für sich allein. Sie deutete auf ihre Musiker, die sich ebenfalls tief verbeugten und es immer wieder tun mußten, denn die Ovationen wollten einfach nicht aufhören.
    Ich fing wieder ihren Blick auf.
    Diesmal schaute ich ebenfalls nicht zur Seite, aber ich sah das Funkeln in ihren Augen und hatte das Gefühl, eine Schlange anzustarren. Irgendwie schüttelte es mich, ich wollte nicht länger hinsehen, senkte den Blick und setzte mich wieder.
    Dorian Storm kam auf die Bühne. Der Beifall verklang allmählich.
    Der Mann griff zum Mikro und entschuldigte die Gruppe. »Sie werden später noch einmal auftreten, aber sie baten mich, eine kleine Pause einlegen zu dürfen.«
    Einige Gäste protestierten lautstark. Sie pfiffen sogar, aber Storm gelang es mit wenigen Worten, sie zu beruhigen. Er versprach einen einstündigen Auftritt der Gruppe, und damit gaben sich die Gäste dann zufrieden.
    Bevor Storm entwischen konnte, winkte ich ihm zu. Seinem Gesicht sah ich an, daß er sich überhaupt nicht freute, an unseren Tisch treten zu müssen. Er tat es widerwillig, blieb stehen.

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