0420 - Aibons Schlangenzauber
drängten sich an den übrigen Gästen vorbei. Man hatte sich damit abgefunden, daß es bis zum zweiten Auftritt der »Top Fantastics« wohl noch etwas dauern würde, und spülte seinen Ärger mit zumeist edlen Getränken hinunter.
In der Regel war es Champagner, der perlend in die Kehlen der Leute floß.
Nahe der Tür zum Garderobengang brannte nur eine ziemlich schwache Leuchte. Ihr Streulicht fiel als runder Fleck auf den Boden. Suko mußte sich bücken, um das Schloß zu finden. Shao stand neben ihm. Sie blickte zurück, stieß Suko heftig, so daß er diese Warnung verstand und sich hochdrückte.
Die Chinesin brauchte nichts zu kommentieren. Suko sah selbst, was sich innerhalb weniger Sekunden ereignet hatte.
Die Sänger waren da, und sie standen hinter ihnen wie eine drohende Mauer…
***
Weder Shao noch Suko sprachen ein Wort. Sie schauten sich die Typen an, sahen ihre Gesichter aus der Nähe, und plötzlich hatten beide das Gefühl, daß diese Kerle zwar als Musiker auftraten, aber keine waren.
Vom Alter her paßten sie schon nicht in den Rahmen. Die Mitglieder der meisten Popgruppen waren jünger, zwischen 20 und 25, diese hier hatten die 30 längst überschritten. Im Kunstlicht war dies nicht so genau zu erkennen gewesen, jetzt aber, aus der Nähe betrachtet, gab es keinen Zweifel daran, daß sich hinter den vier Typen wohl etwas anderes verbarg.
Dennoch ließen sich die zwei nichts anmerken. Suko fragte sogar sehr freundlich: »Sie wünschen?«
»Wo wollen Sie hin?«
»Geht Sie das etwas an?«
»Ja.«
»Und wieso?«
»Wir wollen nicht, daß einer von Ihnen die Garderobe unserer Sängerin betritt.«
Suko spürte Shaos Finger an seinem Arm. Die Chinesin suchte Schutz. Sie fürchtete sich vor diesen Menschen, denn die vier verbreiteten eine Aura, die ihr überhaupt nicht gefiel.
»Haben Sie hier das Hausrecht?«
Der Sprecher der Musiker, es war der mit dem grünen Stirnband im weißen Haar, nickte. »Das haben wir uns genommen. Wir bestimmen, wann wir auftreten und wann nicht.«
»Dann kann man Sie als vertragsbrüchig bezeichnen.«
»Das geht Sie wohl nichts an. Gehen Sie wieder auf Ihre Plätze. Was hinter dieser Tür geschieht, hat Sie nicht zu interessieren.«
»Und wenn wir Ihrem Ratschlag nicht folgen?«
»Sehen wir uns gezwungen, zu anderen Maßnahmen zu greifen. Es ist auch in Ihrem Interesse.«
»Sie denken an Gewalt?«
»Nicht unbedingt. Es wird eine Bestrafung sein. Sie können auch kalte Rache dazu sagen.«
Suko zeigte keine Angst. Er schätzte die Kräfte der vier ab. Wenn er schnell war, mußte er sie überwältigen können, und sichtbar trugen sie keine Waffen.
»Es ist unser Ernst«, erklärte der Mann mit dem grünen Stirnband. »Verschwinden Sie jetzt!«
»Nein!«
Da handelten die vier.
Suko hatte sich schon vorwerfen wollen, stoppte aber im letzten Augenblick, denn die Musiker griffen ihn nicht offen und körperlich an. Sie taten es auf eine andere Art und Weise.
Plötzlich öffneten sie die Fäuste, so daß Suko und Shao die Handflächen sehen konnten, auf denen etwas lag.
Vier Steine. Grün in der Farbe und so groß, daß sie die Handflächen fast bedeckten.
Jetzt wußten beide Bescheid. Die Männer, die vor ihnen standen, waren die Abgesandten des Landes Aibon, die Hüter dieser rätselhaften Welt, die Beobachter – kurzum, die Männer in Grau!
***
Der Sog hatte mich voll erwischt. Das Kreuz mußte gewaltig gewachsen sein, um zu einem Gebilde werden zu können, das mich einfach mitriß. Hinein in eine fremde, andere Welt, in ein Loch zwischen den Zeiten und Dimensionen, in den Krater des Nichts.
Eine Zeitreise?
Ich hätte es nicht mit Bestimmtheit sagen können. Ichkannte Zeitreisen. Einige Male schon hatte ich sie erlebt und war hineingezogen worden in einen Strudel, für den ich keine Erklärungen besaß.
Auch jetzt riß man mich weg, man spielte mit mir, andere Kräfte umgaben mich, und sie kamen von verschiedenen Seiten auf mich zu. Ich wurde gepackt, gezerrt, ich hörte das Lachen einer Frau, das irgendwo verhallte, und flog weiter in die Leere hinein.
Automatisch hatte ich die Augen geschlossen. Es war eine Art von Schutzreaktion, aber jetzt, als ich mich ein wenig an diese Reise gewöhnt hatte, riß ich sie wieder auf.
Da war schon alles vorbei.
Ich stand auf einem festen Boden, nahm die mich umgebenden Umwelteinflüsse wahr, spürte den Wind, der kühl in mein Gesicht fuhr und die Haare in die Höhe wirbelte. Ich spürte auch die Kälte einer
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