0420 - Der Magier von Lyon
mit Vaultier angestellt? Sollte dieser Tibor Thibaut doch mehr können als nur ein bißchen Zauber-Show, oder war noch ein anderer Magier oder Hypnotiseur im Spiel? Bei Vaultier begrüßte Zamorra die magische Blockierung, aber ebensogut konnten solche Manipulationen bei anderen Menschen nicht wieder gutzumachende Schäden für die Betreffenden und ihr Umfeld hervorrufen. Wer das Bewußtsein anderer Menschen, auch wenn sie so waren wie Vaultier, manipulierte, dem gehörte das Handwerk gelegt.
Von diesem Augenblick an war Vaultier sein Fall.
»Wie sind Sie überhaupt auf mich gekommen, Monsieur? Wieso auf einen Parapsychologen? Warum sind Sie nicht zu einem anderen Magier gegangen, um Magie gegen Magie zu setzen?«
Vaultier grinste und nippte an Cocgnac Nr. 6. »Haben Sie schon mal erlebt, daß eine Krähe der anderen ein Auge aushackt? Und Feuer mit Feuer oder Wasser mit Wasser zu bekämpfen, davon halte ich herzlich wenig. Aber Sie als Parapsychologe sollten von Magie und Okkultismus genug verstehen, um diesen Thibaut durchschauen zu können. Also, wie ist es? Tun Sie mir den Gefallen? Wenn Ihnen 50 000 Francs zu wenig sind, sagen Sie es mir. Ich bin auch bereit, notfalls mehr zu bezahlen, wenn mir das im Endeffekt Geld sparen hilft, das ich dann Thibaut nicht mehr in den Rachen werfen muß.«
Zamorra nickte langsam.
Er selbst wollte das Geld nicht. Aber es konnte in die De-Blaussac-Stiftung einfließen, die er vor Jahren mit dem Kapital eines ehemaligen Dämonenschatzes gegründet hatte, um Menschen zu helfen, die durch dämonische und teuflische Einflüsse in Not geraten waren. Und für diese Stiftung, die gemeinnützig half, pokerte er jetzt.
»Fünfzigtausend als Anzahlung, Monsieur Vaultier. Und dasselbe noch einmal, wenn ich herausfinde, daß Thibaut ein Scharlatan ist.«
Vaultier pfiff durch die Zähne. »Sie gehen aber ganz schön ran, Professor. Sagen wir 75 000 insgesamt.«
»Einverstanden«, erkärte Zamorra. »Raffael wird Ihnen die Kontonummer und Bankverbindung geben, damit Sie das Geld problemlos überweisen können. Wo finde ich Sie? In St. Etienne oder unter Ihrer Geschäftsadresse, von der ich auf Ihrer Karte nur die Telefonnummer sah?«
Abermals pfiff Vaultier. »Sie beobachten verdammt scharf, Professor. Sie erreichen mich in den nächsten Tagen in St. Etienne, aber Thibauts Adresse interessiert Sie überhaupt nicht?«
»Ich war sicher, daß Sie sie mir von sich aus mitteilen würden«, sagte Zamorra.
Vaultier nickte.
»Er bewohnt eine hübsche kleine Villa in der Nähe von Lyon«, sagte er.
***
Zamorra hatte die Fahrt nach Lyon auf den nächsten Tag verschoben. Wenn er bereits morgens aufbrach, hatte er den ganzen Tag Zeit, und außerdem konnte er sich vorher schon einmal telefonisch anmelden.
Henri Vaultier hatte das Château wenig später wieder verlassen. Zamorra wunderte sich, daß der Winzer ohne Chauffeur gekommen war, und wollte ihn daran hindern, im alkoholisierten Zustand seinen Wagen zu benutzen. »Ich lasse Sie von Raffael ins Dorf fahren, wo Sie im Gasthaus übernachten können«, schlug er vor, »und ehe Sie morgen früh dann wieder abreisen, können wir vielleicht noch einmal ein kurzes Gespräch führen…«
Im Château gab es auch jede Menge Platz, aber Zamorra wollte nicht mit Vaultier unter einem Dach nächtigen. Dafür war ihm der Mann zu unsympathisch, der nur aus rein egoistischen Motiven alle nur erdenklichen Mittel zu benutzen gewillt war, um Polit-Karriere zu machen und dadurch an das große Geld zu kommen. Das war die Sorte Politiker, die Zamorra schon immer verabscheut hatte. Macht- und Geldrausch hatten schon immer aus Menschen Bestien gemacht, die sich irgendwann plötzlich in ihrer wirklichen Gestalt zeigten, aber dann war es meist für alle anderen zu spät.
Er war gewillt, alles zu tun, um herauszufinden, wer mit Magie oder Hypnose Menschen manipulierte, und diesem Jemand das Handwerk zu legen, aber er war ebenfalls gewillt, nicht zuzulassen, daß Vaultier mit seinem Vorhaben Erfolg hatte. Dieser Mann war moralisch ungeeignet, größere Verantwortung und damit Macht in den Schoß gelegt zu bekommen. Er würde sie zu seinen Gunsten mißbrauchen.
Und von dem Angebot, sich zum Gasthaus fahren zu lassen, wollte er auch nichts wissen. Ehe Zamorra es verhindern konnte, saß er bereits hm ter dem Lenkrad seines Mercedes SLC älteren Baujahres und hatte den Wagen gestartet. Wie er mit seiner Kugelfigur in den Sportwagen paßte, war Zamorra ein
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