0422 - Die Zeitpendler
blickten sich die beiden Männer an, und der weißhaarige Arkonide zügelte sein Pferd und wartete, bis Rhodan aufgeschlossen hatte. „Was hast du?" fragte er. Rhodan zog die Schultern in einem dünnen Polohemd hoch und ließ sie mutlos fallen, „Ich glaube, ich muß mir den Vorwurf machen - oder sogar gefallen lassen - die Milliarden Menschen in diesem System in geistiger Unmündigkeit gehalten zu haben." Atlan lächelte vorsichtig. „Wie meinst du das?"
„Wir alle", sagte Rhodan bitter, „scheinen den falschen Weg eingeschlagen zu haben. Die Situation heute und hier scheint es zu beweisen. Wenigstens für mich."
Sie ritten nebeneinander her. Die Hufe der Pferde schlugen dumpfe Wirbel in der Einsamkeit des Parks.
Alles schien tot und zerbrochen unter der Helligkeit zu liegen, die immer stärker wurde. Der Sand des Ufers sah aus wie Nebel. Der See selbst wirkte wie eine Linse, die einseitig verspiegelt war. Die Schläfen der drei Terraner begannen zu klopfen, und hinter den Brillen blinzelten sie. Sie schienen krank zu sein in ihrer Sehnsucht nach Ruhe, nach Kühle und einer deutlichen Geborgenheit vor diesem schrecklichen Lodern der Sonne. Atlan sagte scharf: „Du scheinst tatsächlich sehr zu leiden, Freund Rhodan. Wo ist deine strahlende Selbstsicherheit der frühen Jahre?"
Rhodan lächelte bitter. In den letzten Tagen hatte man ihn in den Nachrichten und den Zeitungen als den Mann, der niemals lachte, charakterisiert. Das stimmte. Er hatte auch nicht einen einzigen Grund dafür.
„Mich hat vor einer Stunde Alaska Saedelaere angerufen", sagte er. „Er hatte so etwas wie einen Traum."
Atlan blieb ernst.
„Traum? Seit wann richtest du deine Entscheidungen nach den Träumen deiner Mitarbeiter, Perry?"
„Seit einiger Zeit. Einen Traum kann man es nicht nennen, eher einen Gedanken oder einen bestimmten Denkanstoß. Alaska sagte mir, daß er eine Ahnung habe. Es wären Fremde, mit denen er sich selbst irgendwie in Verbindung bringt, in erreichbarer Nähe."
Die beiden Pferde griffen aus, und Atlan und Perry ritten einige Minuten schweigend nebeneinander her, bis sie das Mädchen - Altans Begleiterin erreicht hatten. Das Licht war jetzt, eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang, noch intensiver geworden, obwohl die Kühle der Nacht sich noch nicht völlig hatte verdrängen lassen. Die Helligkeit schoß wie mit Myriaden von Lichtpfeilen durch das Geäst, schien aus der Stadt alle Kräfte zu saugen oder verdunsten zu lassen. Farben wurden undeutlich, Gestalten schienen zu verschwimmen wie Schemen, und eine gigantische körperliche Müdigkeit senkte sich über die Millionen von Quadratkilometern des Landes.
„Fremde? Welcher Art?" fragte Atlan beharrlich.
Rhodan wischte den Schweiß von der Stirn und erwiderte: „Keine Ahnung. Alaska wußte es selbst nicht."
„Wo sollen sie sein?" erkundigte sich der Arkonide.
„Das wußte er auch nicht", sagte der Großadministrator.
„Was wußte er überhaupt?" meinte Atlan.
„Wenig", gab Rhodan zu.
„Das ist auch, so eine Art der unbewußten Panikerzeugung", sagte der Arkonide laut und warf das lange Haar zurück. „Selbst nicht genau wissen, was los ist, aber ein mächtiges Geschrei erheben und die Pferde scheu machen - beziehungsweise die Administratoren."
Rhodan schwieg; er schien wieder seinen trüben Gedanken nachzuhängen.
„Warum eigentlich diese Selbstvorwürfe, Partner?" fragte Atlan nach einigen Sekunden. Er sah, während Rhodan überlegte, das Profil des Mädchens, und jedesmal wieder, wenn er Ghislaine von der Seite ansah - aber auch aus sämtlichen anderen Positionen - fand er sie gleichermaßen hinreißend. Bei ihm jedenfalls waren Mädchen keine Zugeständnisse an deren Emanzipation; eher das Gegenteil.
„Hätte ich nicht das Sonnensystem in der Zukunft versteckt", murmelte Rhodan, „dann könnten wir jetzt alle mühelos fliehen und wären nicht der sterbenden Sonne ausgeliefert und ihren Strahlungen!"
Er hob den Arm und deutete in die Richtung des Sees, der wie eine Platte weißglühenden Metalls hinter den Bäumen, Büschen und Riedgräsern lag.
„Fünfundzwanzig Milliarden Menschen!" stöhnte Atlan auf. „Bist du irre?"
Rhodan sagte: „Noch nicht, Atlan, noch nicht. Weißt du einen besseren Weg?"
Atlan bückte sich unter einem überhängenden Ast und sagte, sich wieder aufrichtend, leise: „Ja."
„Welchen?" fragte Rhodan.
Atlan bekannte: „Einen anderen jedenfalls. Wie lange haben wir noch Zeit, bis die Sache akut wird? Ich
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