0423 - Rally des Schreckens
zurückkommt?«
»Ja.«
»Mit oder ohne Sinclair?«
»Das wird sich herausstellen.«
Alice trat zu ihm. »Sie nehmen das ziemlich gelassen hin, wie mir scheint.«
»Soll ich deswegen schreien?«
»Nein, sorry, aber ich bin etwas durcheinander.«
»Das gestehe ich Ihnen gern zu. Aber wir sollten uns trotzdem einmal um das Grabmal kümmern.«
»Und wie?«
»Vielleicht gibt es diesen Eingang tatsächlich.« Suko griff in die Tasche und holte ein Messer hervor.
Alice lachte schrill. »Damit wollen Sie das Zeug wegkratzen?«
»Ich mache einen Anfang.« Suko klappte das Messer auf. Er war sehr dicht an das Grabmal herangetreten, schaute sich die Schicht aus Pflanzen und Moos sehr genau an, bevor er die Klinge drehte und mit ihrer scharfen Seite über den Bewuchs schabte.
In den folgenden Sekunden mußte er feststellen, daß es gar nicht so einfach war, bis auf die Steine durchzukommen. Im Laufe der langen Zeit war die Schicht immer dichter geworden und auch zäher. Es sah fast so aus, als wollte sie nicht, daß man sie abkratzte.
Suko machte weiter, beobachtet von Alice, die auch ab und zu in den dunklen Himmel schaute. Den Wagen entdeckte sie nicht.
»Schauen Sie, Miß Winger.«
»Sagen Sie Alice.«
»Okay.«
Sie trat dicht an Suko heran. Er deutete auf die freigeschabte Stelle. »Fällt Ihnen etwas auf?«
Langsam nickte sie. »Ja«, hauchte sie. »Ja. Da fällt mir etwas auf. Der Stein ist so komisch.«
Der Inspektor lachte leise. »So kann man es auch sagen. Ich würde es anders bezeichnen. Der Stein hier glüht. Von innen her strahlt er eine magische Wärme ab, die den Stein zum Glühen bringt. Und wenn ich weiter überlege, komme ich zu dem Schluß, daß der Götze Wahina nicht tot ist. Man hat ihn zwar begraben, aber vergessen, ihn zu töten.«
»Das wäre ja ein Ding«, hauchte Alice und schüttelte sich gleichzeitig vor Furcht.
»So ähnlich«, sagte Suko.
»Wollen Sie denn alles abschaben?«
»Bestimmt nicht mit dem Messer. Ich nehme an, daß es noch eine andere Möglichkeit gibt, um in das Grab zu gelangen.«
»Ja, ja, vielleicht.«
Suko ließ die Frau stehen und umrundete das Grabmal. Alice fürchtete sich. Ihre Blicke waren scheu geworden. Nur zögernd ging sie die ersten Schritte und lief dabei auf den kleinen, von einem Gitter umrandeten Friedhof zu.
Düster und blaß wirkten die hohen, manchmal senkrecht stehenden oder schräg liegenden Grabsteine.
Ein gespenstischer Ort, ein Fleck zum Fürchten, wo das Grauen zu Hause war und in finsteren Nächten die Geister der Toten ihren lautlosen Reigen drehten.
Auf manchen Grabsteinen war die Innschrift noch zu erkennen. Hin und wieder leuchtete sie auf. Es waren Namen, die Alice noch nie in ihrem Leben gehört hatte.
Der Friedhof war sehr klein. Viele Wege gab es nicht. Auch das Tor bestand aus Stangen. Die Frau ging um den einsamen Platz herum, erreichte die andere Seite und schaute den Hügel hinab. Genau an dieser Stelle mündete der Weg in den Hügel.
Alice Winger wollte sich wieder abwenden, als sie unten auf dem Weg eine Bewegung wahrnahm.
Da kam jemand!
Sie zuckte zurück. Sie wußte selbst nicht, aus welch einem Grund sie sich nicht bemerkbar gemacht hatte, jedenfalls hatte sie plötzlich das Gefühl, daß der andere sie nicht sehen sollte. Außerdem - wer konnte zu dieser Zeit schon einen Grund nennen, dem Friedhof einen Besuch abzustatten.
Da stimmte etwas nicht! Oder wollte der ihr noch Unbekannte auch den Wagen sehen oder zum Grabmal laufen?
Allein konnte Alice keine Entscheidung treffen. Sie wollte mit Suko über ihre Entdeckung reden und lief zu ihm. Der Inspektor hatte den Eingang noch nicht gefunden. Einige Stellen waren von ihm aufgekratzt worden, das Gestein glühte weiter, doch einen Weg hatte Suko nicht entdeckt. »Es sieht schlecht aus«, sagte er.
»Aber nicht zu schlecht.«
»Wie meinen Sie das?«
Alice Winger drückte Suko so in Deckung, daß er vom Weg aus nicht mehr gesehen werden konnte.
»Hören Sie zu, Inspektor, wir bekommen Besuch. Jemand aus dem Dorf kommt den offiziellen Weg hoch.«
»Wer?«
»Ich habe ihn in der Dunkelheit nicht erkennen können.«
Suko wollte hin, aber Alice hielt ihn fest. »Nein, bleiben wir lieber hier und schauen zu, was der andere will.«
»Vielleicht haben Sie recht.«
Und so blieben die beiden in der schützenden Deckung der Grabstätte, den Blick aber auf den kleinen Friedhof gerichtet, wo auch der Weg vom Dorf her mündete.
Es verging Zeit.
Nach einer Weile
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