0423 - Rally des Schreckens
nicht, dafür hörte er ihn. Über den kleinen Totenacker schwangen kratzende und schleifende Geräusche.
Da die Laute nicht in ihrer unmittelbaren Nähe aufgeklungen waren, konnten es Suko und die Frau riskieren, die Deckung zu verlassen. Wieder ging Suko vor. Auch er hatte sich geduckt, hörte noch ein Keuchen und einen zischend gesprochenen Fluch. Dann war es wieder still.
Und es blieb ruhig.
Als sich nach etwa einer Minute weiterhin nichts getan hatte, gingen die beiden weiter. Sie passierten schmale und auch breite Gräber. Sahen prächtige Steine und weniger aufwendige. Kein Grab war verwildert, jede Ruhestätte wirkte gepflegt, auch jetzt im Winter.
O'Hirie blieb verschwunden.
Sosehr sich die beiden auch anstrengten, sie bekamen den Bürgermeister nicht zu Gesicht. Entweder hatte er ein ausgezeichnetes Versteck gefunden, oder er war verschwunden, ohne daß es den beiden Verfolgern aufgefallen war.
»Da stimmt doch was nicht!« sagte Alice leise.
»Wie recht Sie haben.«
»Und was sollen wir jetzt machen?«
»Wir suchen weiter.«
»Auch wenn Sie seinen Namen rufen, der wird sich auf keinen Fall melden, Suko.«
Der Inspektor lächelte knapp. »Das befürchte ich leider auch, aber er hat sich nicht in Luft aufgelöst, Alice. Wahrscheinlich ist dieser Friedhof präpariert worden. Ich kann mir gut vorstellen, daß es hier so etwas wie einen geheimen Gang gibt, durch den unser Freund entwischt ist.«
»Und wo sollte er hingegangen sein?«
»Das, meine Liebe, ist eben die große Frage.«
Nach dieser Bemerkung gingen sie systematisch vor. Natürlich vergaßen beide nicht, hin und wieder einen Blick in den Himmel zu werfen, wo sie nichts von dem Killer-Auto entdeckten.
Dafür standen sie bald vor des Rätsels Lösung. Es gehörte zu den größeren Gräbern, und als sie den Blick senkten und gleichzeitig den breiten Stein ansahen, erkannten sie, was geschehen war.
Auf dem Grab - und wie herausgeschnitten - befand sich eine viereckige Öffnung. Der Eingang zu einem Tunnel.
»Jetzt weiß ich, wo der Kerl hin ist«, sagte Alice Winger und schüttelte den Kopf. »So ein verfluchter Typ, damit hätte ich nicht gerechnet.«
Suko traute sich nicht, in die Öffnung hineinzuleuchten. Er stand an deren Rand, hatte sich gebückt und schaute in die Tiefe. Der Mann hatte es leicht gehabt, denn er brauchte nicht zu springen, weil eine Leiter den Abstieg in die Tiefe erleichterte.
»Er wird doch nicht die Toten suchen«, hauchte Alice.
»Das glaube ich nicht.«
»Was dann?«
»Der Gang muß etwas Besonderes sein. Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie, daß die Leiter noch ziemlich neu ist. Ich habe das Gefühl, daß er in einen Stollen mündet, der zu einem ganz bestimmten Ziel führt.«
»Zu den einzelnen Gräbern?«
Suko lachte. »Die wird er passieren. Es kann sein, daß wir einige Gebeine finden, aber die tun uns ja nichts. Nein, das Ziel des Ganges muß ein anderes sein. Ich denke an das Grabmal.«
Alice Winger stand für einen Moment starr auf dem Fleck und richtete ihren Blick ins Leere. Dann meinte sie: »Ja, Sie könnten recht haben. Weshalb soll es zwischen dem Friedhof und dem Grabmal keine Verbindung geben? Das würde auch erklären, wie…« Sie wußte nicht mehr weiter und schaute zu, wie sich Suko bückte und seinen Fuß auf die erste Sprosse der Leiter setzte.
»Sie wollen wirklich da hinunter?« fragte sie.
»Weshalb nicht?«
Suko war schon weitergegangen und schaute von unten her Alice Winger an. »Bleiben Sie hier oben zurück?«
»Nein, ich will auch das Grabmal des Götzen sehen. Darauf habe ich ein Recht, verdammt!«
»Wie Sie meinen.« Suko nickte. »Lassen Sie mich zuerst gehen, danach sind Sie an der Reihe.«
»Gut, mach ich.«
Suko hätte die Frau am liebsten zurückgelassen. Doch er kannte Typen wie Alice Winger. Diese Frauen wollten stets mit dem Kopf durch die Wand und hatten immer das Gefühl, sich beweisen zu müssen.
Also stieg Suko allein die Leiter hinunter, mußte noch vier Sprossen gehen und erreichte den Grund.
Er schaute hoch.
Alice saß am Loch und starrte zu ihm hinunter. Ihr Gesicht wirkte bleich. Es war ein heller Fleck in der Dunkelheit des Einstiegslochs. »Alles klar da unten?«
Suko hob die Hand.
»Okay, ich komme.«
Alice Winger kletterte mit Suko in die Tiefe. Sie wollte sich lautlos bewegen, schaffte es aber nicht, denn der Stoff der Thermohose raschelte bei jeder Bewegung.
Dann stand sie neben. Suko und atmete erst einmal tief durch. »Das wäre
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