0423 - Rally des Schreckens
ihren Booten schon ziemlich weit draußen. Sie würden das Geräusch nur hören, den Wagen möglicherweise auch als Schatten sehen, bis auf einen.
Es war das letzte Boot!
Die taghelle Deckbeleuchtung bekam durch die beiden Scheinwerfer des Rennwagens noch Verstärkung, denn genau dieses Boot hatte sich Wahina als erstes Ziel ausgesucht.
Untätig mußten wir diesem gnadenlosen Schauspiel zusehen, und Alice Winger preßte die Hand vor ihre Augen.
Ich sah die Männer an Bord wie die Wiesel umherlaufen. Sie mußten gleichzeitig geschockt sein, das Dröhnen des Motors verdichtete sich und wurde für sie zu einer Todesmelodie.
Der Wagen änderte die Richtung. Die beiden Schwingen des Götzen waren ausgefahren, und sie erwischten das Schiff.
Hart und zielsicher droschen sie gegen die hohen Aufbauten des Fischerkahns. Wir hörten das Krachen, Splittern und Bersten. Teile wurden von der Frontpartie des nach unten rasenden Gefährts erwischt, aus ihrem Verbund gerissen und in die Höhe geschleudert. Sie gerieten in den Strahlenteppich der Scheinwerfer, und wir konnten erkennen, daß es auch einen Mann der Besatzung erwischt hatte.
Wie eine Puppe wurde er in die Höhe gewuchtet, überschlug sich, vielleicht schrie er auch, das aber ging unter im Dröhnen der Motoren. Irgendwo jenseits des Bootes kippte er ins Meer und verschwand.
Der Wagen raste weiter. Er hatte einen Teil des Schiffes zerstört. Ob auch andere Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen waren, konnten wir nicht erkennen, dafür sahen wir einen lecken Kahn, der es nicht schaffen würde, sich auf dem Wasser zu halten. Irgendwann würde er versinken.
Der Wagen raste weiter. In einer Parabel-Kurve stieß er wieder in die düstere Wolkenbank hinein, um sich dort zu drehen und sich ein neues Ziel zu suchen.
Die erste grausame Anfahrt war natürlich nicht ungehört verhallt. Viele Menschen schliefen zwar noch, die Familienmitglieder der Fischer befanden sich dagegen schon auf den Beinen.
Und sie verließen ihre Häuser.
Wir standen an einem zentralen Punkt des Ortes. Der Marktplatz und der Kai liefen praktisch zusammen. Wir und auch die anderen Zuschauer besaßen einen ausgezeichneten Blick auf das Wasser und die wogenden Wellen.
Auf den Booten hatte es sich herumgesprochen, was geschehen war. Zeugen gab es zudem genug, und so taten die Fischer das für sie einzig Richtige.
Sie wendeten.
Um sie konnten und brauchten wir uns nicht zu kümmern. Dafür sah es kritischer auf dem Platz aus, wo wir standen. Furcht und Panik breiteten sich aus.
Zwei Frauen, deren Männer auf dem halbzerstörten Kahn gewesen waren, standen weinend in der Nähe und hielten die Hände vor ihre Gesichter.
Der Killerwagen befand sich noch in der Luft. Er zog dort seine Kreise und belauerte das Dorf wie ein gewaltiger Vogel seine Beute, die er erst später schlagen wollte.
»So tut doch was! So tut doch was!« schrie jemand gegen das plötzliche Heulen einer Sirene an.
»Sie sinken…«
Kaum jemand hatte Augen für den Wagen und dessen unheimlichen Fahrer. Suko und ich mußten uns in Sekundenschnelle einen Plan einfallen lassen.
»Er wird kommen«, sagte ich. »Wir sollten ihn erwarten, aber an verschiedenen Stellen.«
Suko war einverstanden. »Okay, wenn er da ist, gehe ich ihm entgegen. Dich kennt er ja!« fügte er grinsend hinzu.
»Leider.«
Ich schlug Suko auf die Schultern und sah noch Alice Wingers fragenden Blick. Um die Frau konnte ich mich nicht mehr kümmern. Sie mußte zusehen, wie sie aus dieser Sache herauskam.
Ob mich der Götze mit den drei Schädeln entdeckt hatte, stand in den Sternen. Ich ging davon aus, daß es nicht der Fall gewesen war und quetschte mich in eine schmale Gasse. Über das Kopfsteinpflaster lief ich, erreichte das Ende und wandte mich nach links, wo eine noch schmalere Gasse wieder in Richtung auf den Kai zulief.
Hier blieb ich.
Rechts oben am Himmel befand sich der Wagen.
Die beiden Strahlen seiner Scheinwerfer wirkten wie Leitern aus Licht, die mit ihren Enden gegen den Boden tupften und dort blasse Kreise hinterließen.
Dann kam er. Mit einem Katapultstart jagte er nach unten.
Die Entscheidung stand bevor, und ich hielt mein Kreuz in der rechten Hand…
***
Suko sah das gleiche wie ich, ebenfalls die zahlreichen Zeugen, selbst die Männer der Rettungswacht, die gerade eines der Boote enterten, blieben geduckt stehen, drehten sich um und schauten dem aus dem grauen Himmel heranjagenden Monstrum entgegen.
Ein furchtbares Gerät.
Weitere Kostenlose Bücher