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0424 - Das lebende Bild

0424 - Das lebende Bild

Titel: 0424 - Das lebende Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Mittelalter. Auch die Geschäfte und kleinen Handwerksbetriebe wurden so geführt wie zu alten Zeiten.
    An der Augustinerstraße, die die Nordgrenze dieses einmaligen Gebiets bildete, gab es ein Parkhaus. Das steuerte ich an.
    ***
    Wahrscheinlich hätte ich im Sommer oder während einer Messe keinen Parkplatz gefunden, doch in meinem Fall hatte ich Glück.
    Ich konnte in das Parkhaus fahren und brauchte nicht erst groß herumzukurven. Schon in der unteren Etage fand ich noch zahlreiche freie Lücken, wo ich den Leihwagen abstellen konnte.
    In den letzten Wochen war ich zu einem Leihwagen-Fahrer geworden, denn man hatte mir meinen Bentley zerstört. Wann ich mir ein neues Fahrzeug zulegen konnte, stand noch in den Sternen.
    Die Stadt duckte sich unter der Kälte. Auf den Dächern lag der dicke Schnee. Wenn er die Straßen bedeckte, wirkte er manchmal wie ein weißer Teppich. Man hatte nur die Hauptstraßen geräumt.
    In den Seitenstraßen rutschten die Autos manchmal mehr, als es ihren Lenkern lieb sein konnte.
    Ich mußte ebenfalls sehr vorsichtig meine Schritte setzen und befand mich schon Minuten später in einer völlig anderen Welt.
    Sehr eng waren die mittelalterlichen Gassen angelegt, nur selten gerade. Wer durch dieses »Alt Nürnberg« schritt, der wurde unwillkürlich an Richard Wagners Werk »Die Meistersinger von Nürnberg« erinnert. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn mir ein Hans Sachs oder ein Stolzing begegnet wäre.
    Es herrschte nicht viel Betrieb. Die Menschen, die ich auf den Straßen traf, waren vermummt.
    Ich suchte diesen Händler. Wie er genau hieß, wußte ich nicht.
    Seinen Laden führte er unter dem Namen Bilder-Franz. Neben einer Apotheke war ich stehengeblieben undfragte einen Kunden, der den Laden verließ. Der ältere Mann nickte bedächtig, bevor er mir den Weg beschrieb. Es war gar nicht mal weit, ich mußte in die nächste Gasse rechts einbiegen und sie fast bis zum Ende durchgehen.
    Ich bedankte mich und stand wenig später vor meinem Ziel. Um den Laden zu erreichen, tauchte man in eine Einfahrt. Zwei Schülerinnen standen dicht zusammen daneben und rauchten.
    Die Einfahrt endete vor der Ladentür. Ich schob sie auf und hörte das Spiel einer kleinen Glocke, die von der oberen Türkante angestoßen worden war.
    Dicht hinter der Tür begann eine Treppe mit vier Stufen, die hinab in den Laden führte. Er war in einem Gewölbe untergebracht.
    Eine Rundbogendecke wurde von mehreren Pfeilern getragen. Als Lichtquellen dienten Laternen aus Gußeisen, die ihren gemütlich wirkenden Schein über die ausgestellten Gegenstände warfen.
    Ich sah Bilder über Bilder.
    Nur die Hälfte von ihnen hing an den Wänden, die anderen standen auf Staffeleien, als hätte der Maler nur eben eine kurze Pause eingelegt, um anschließend weiterzuarbeiten.
    Da sich niemand blicken ließ, begann ich mit einer kurzen Inspektionstour durch den weitläufigen Verkaufsraum.
    Ich sah keine einheitliche Richtung bei den Bildern. Sie zeigten jeweils verschiedene Motive. Da wechselten sich Stilleben mit Landschaftsbildern ab, da sah ich Porträts, Menschengruppen oder abstrakte Motive. Die allerdings waren in der Minderzahl.
    Die großen Bilder zeigten zumeist düstere Szenen, für die der Maler viel Platz auf der Leinwand benötigte. Schlachten und Kriegsgemälde. Familien von unterschiedlichem Stand und verschiedener Herkunft. Das konnte ich an den Kleidungen erkennen.
    Ich entdeckte kein einziges Horror-Motiv. Aber Oberkommissar Robert Moor hatte das Bild in diesem Geschäft gekauft.
    »Gefällt es Ihnen, mein Herr?«
    Ich hatte den Sprecher nicht kommen gehört und sah ihn erst, als ich mich umdrehte.
    »Sind Sie der Bilder-Franz?« erkundigte ich mich.
    »Ja, der bin ich.«
    Ich schaute ihn mir an. Er war ein kleiner Mensch mit einer Halbglatze und einem runden Gesicht, in dem die kleinen schwarzen Augen besonders auffielen. Seine Nase war leicht gebogen. Sie stand wie ein Erker über seiner Oberlippe. Er trug ein großkariertes Jackett in Brauntönen und eine dunkle Cordhose. Das Hemd unter der Jacke bestand aus dickem Winterstoff.
    »Ich hätte gern mit Ihnen gesprochen.«
    »Sie wollen nichts kaufen?«
    »Nein.«
    Seine schmalen Lippen verzogen sich. »Wer sind Sie, und um was geht es bei Ihrem Besuch?«
    »Mein Name ist John Sinclair. Ich bin Engländer…«
    »Sind Sie extra wegen mir nach Nürnberg gereist?«
    »Unter anderem.«
    »Sie sehen aus wie ein Polizist.«
    »Ich will ehrlich sein, ich bin

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