0424 - Das lebende Bild
was da genau läuft.«
»Dein Chef erzählte mir etwas von einem Bild.«
»Ja, es ist ein schreckliches Gemälde. Er zeigt zwei Monster auf der Flucht aus einem brennenden Zimmer.«
»Was für Monster?«
»Mischungen zwischen Werwölfen und Gorillas. Ich gehe davon aus, daß dieses Bild lebt.«
Sehr ernst nickte ich. »Dann hätte ich gern von dir Einzelheiten gehört, Will.«
Der Kommissar erzählte. Hin und wieder nahm er einen Schluck von seinem Vitaminsaft. Seine Stimme klang noch schwach, es fiel ihm auch schwer, sich an Einzelheiten zu erinnern, aber schließlich hatte er alles auf die Reihe bekommen.
»Mehr kann ich dir nicht sagen, John.«
»Das reicht doch schon.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja. Ich denke da an die beiden Killer, die du gesehen hast.«
»Wieso?«
Ich beugte mich dem Kommissar entgegen. »Bist du dir sicher, Will, daß die beiden Männer auf den Vorderseiten ihrer Pullover ein großes B hatten?«
»Völlig sicher.«
»Dann gehören sie zu Baphomet.«
»Wer ist das schon wieder?«
»Eine abtrünnige Templer-Gruppe.«
»Templer?«
»Sie spielen eine immer größere Rolle in meinem Leben. Ich hatte schon das Gefühl gehabt, selbst zu ihnen zu gehören.« Ich dachte bei dieser Erklärung an einen gewissen Hector de Valois, der in mir wiedergeboren war.
Das sagte ich Will Mallmann nicht. Ich wollte ihn nicht unnötig aufregen.
»Jedenfalls mußt du dich in erster Linie um das Bild kümmern. John.«
»Das war mir klar. Ich habe auch schon mit Herrn Weber über dieses Thema gesprochen.«
»Ist etwas dabei herausgekommen?«
»Nicht direkt. Man war natürlich nicht untätig. Deine Kollegen haben geforscht und sind Spuren nachgegangen. Unter anderem haben sie herausgefunden, wo der Tote das Bild erstanden hat.«
»Wo denn?«
»Bei einem Händler hier in Nürnberg. Er hat sein Geschäft in der Altstadt.«
»Ist der Mann verhört worden?«
»Ja, nur ist nichts dabei herausgekommen. Er hat alles abgestritten.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Will Mallmann blickte mich scharf an. »Wie ich dich kenne, John, wirst du dich mit dieser Auskunft nicht zufrieden geben.«
»Sehr richtig. Ich fahre zu dem Mann, und zwar noch heute.«
»Ja, das ist gut. Ich hätte das auch so gemacht.« Der Kommissar verzog das Gesicht. »Verdammt, John, du kannst dir nicht vorstellen, wie es in mir aussieht. Ich liege hier in einem Krankenhaus herum, kann selbst nichts tun und muß andere für mich ermitteln lassen. Das ist grauenhaft…«
»Gut, Will. Grauenhaft gut, mein Lieber. Ich bin froh, dich in guter Obhut zu wissen.«
»Ach, hör auf.«
»Noch etwas. Kannst du mir die Männer beschreiben, die das Bild abgeholt haben?«
»Sie sahen aus wie alle in diesem Winter«, sagte Will nach einigem Überlegen. »Tatsache. Sie trugen dicke, gefütterte Jacken und die Pullover mit den Buchstaben.«
»Kein weiteres Merkmal?«
»Nein.«
»Aber du bist trotzdem ein Zeuge, Will.«
»Das stimmt. Nur rechne ich nicht damit, daß sie zurückkehren und versuchen werden, mich umzubringen. Wenn sie das vorgehabt hätten, hätten sie es billiger haben können.«
Da gab ich Will recht. Ich stand auf.
»Du willst schon weg?«
»Ja, der Job.« Ich deutete auf die beiden Bücher. Es waren Krimis mit Gruseltouch. »Du kannst ja nachlesen, wie es deinen Kollegen in den Büchern ergeht.«
»Mal sehen.«
Ich reichte meinem deutschen Freund die Hand. »Kopf hoch, alter Junge. Ich sehe noch einmal vorbei.«
»Das will ich auch hoffen.« Mallmanns Grinsen fiel verzerrt aus.
Ich konnte es ihm nachfühlen. Es ist eben nicht jedermanns Sache, in einem Krankenbett zu liegen und darauf zu warten, daß man wieder gesund und munter wird. Ich bin auch ein ungeduldiger Patient.
Den Arzt traf ich auf dem Flur. »Alles in Ordnung?« fragte er mich und musterte mich schnell.
»Ja und auch mit dem Kommissar, glaube ich.«
Dr. Heister winkte ab. »Klar, er wird sich wieder erholen. Da bin ich mir ganz sicher.«
Mit einem Händedruck verabschiedeten wir uns voneinander.
Diesmal verließ ich beruhigter das große Krankenhaus, da ich meinen Freund in guten Händen wußte.
Aus der großen Glastür trat ich wieder hinein in einen herrlichen Wintertag. Durch die kalten Temperaturen war der Schnee liegengeblieben.
Im Wagen holte ich den Stadtplan von Nürnberg hervor und breitete ihn auf den Knien aus.
Ich mußte über die Pegnitz zum Handwerkerhof »Alt-Nürnberg«.
Man hatte mir erzählt, daß es dort aussah wie im
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