0425 - Das Mädchen und die Todesperlen
knurren.
Mein Freund Phil sah auf die Uhr. »Ich glaube, wir sind mal wieder die letzten im Büro. Außer den Nachtschicht-Kollegen sitzt schon alles an der Futterkrippe.«
»Dann wird’s Zeit für uns.« Ich erhob mich.
Natürlich schrillte genau in diesem Augenblick das Telefon.
Mißtrauisch beäugte ich den Apparat. »Wir sind nicht mehr da«, knurrte Phil. »Denk an das Steak.«
»Das Pflichtbewußtsein siegt über den Hunger«, sagte ich mit heroischer Miene und nahm den Hörer ab.
»Mister Cotton«, vernahm ich die Stimme einer unserer Telefonistinnen. »Ich habe hier einen Anrufer, der unbedingt den Beamten sprechen will, der ihn heute nachmittag besucht hat. Der Anrufer heißt Ben F. Meyen. Wohnt in Hempstead. Waren Sie zufällig…«
»Nein«, sagte ich erleichtert und sah im Geiste das Steak. »Ich war nicht dort.«
»Dann weiß ich mir nicht mehr zu helfen«, sagte die Telefonistin. Ich kannte das Girl. Braunblond, große Veilchenaugen, schmales rassiges Gesicht und eine Figur wie… Ich führte seit langem eine Einladung im Schilde. Jetzt bot sich Gelegenheit für wirkungsvolle Vorarbeit.
»Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann«, sagte ich sanft. »Weiß dieser Meyen denn nicht, wie der Kollege heißt, der ihn…«
»Eben nicht«, unterbrach mich daä Girl. »Und außer Ihnen und Mister Decker ist niemand mehr im Hause.«
»Stell durch, Darling«, verkündete ich entschlossen.
Phil ließ sich mit einem Seufzer auf den Stuhl zurückfallen.
Es knackte in der Leitung.
»Hier spricht Cotton«, sagte ich. »Ich bin zwar nicht bei Ihnen gewesen, Mister Meyen. Aber vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
»Das wäre sehr liebenswürdig.« Es war die Stimme eines älteren Mannes. »Mir ist nämlich noch etwas eingefallen, das ich dem Beamten unbedingt sagen möchte.«
»Das können Sie auch mir sagen. Ich werde morgen feststellen, wer bei Ihnen war, und den Kollegen über Ihren Anruf informieren.«
»Ja, wissen Sie, es handelt sich um Miß Flynn, die Schwester des Mannes, der vor zwei Jahren die Perlen geraubt haben soll und dann umkam. Miß Flynn…«
»Moment«, sagte ich und war bis in die Haarspitzen elektrisiert. »Da muß eine Verwechslung vorliegen. Den Fall, von dem Sie sprechen, bearbeite ich nämlich. Von welcher Miß Flynn reden Sie? Hatte Denis Flynn eine Schwester?«
»Natürlich, ich dachte, das FBI wußte…«
»Bitte, beschreiben Sie mir doch mal den Kollegen, der Sie besucht hat.«, »Nun, er war mittelgroß und massig. Etwas dick. Vielleicht vierzig. Graues dichtes Haar und stark gerötete Gesichtshaut.«
»Aha.« Wir hatten keinen G-man, auf den diese -Beschreibung zutraf. »Hat er sich ausgewiesen?«
»Ja. Er… Jetzt, da Sie mich fragen, fällt mir ein, daß ich mir den Ausweis gar nicht genau angesehen habe.«
»Was wollte er?«
»Er wollte zu Miß Flynn.«
»Wie ist ihr Vorname?«
»Merle.«
»Und warum kam er gerade zu Ihnen?«
»Miß Flynn hat fast drei Jahre mit ihrer Tochter bei mir gewohnt.«
»Sie sagten: Miß Flynn. Sie ist also nicht verheiratet?«
»Ja. Aber Hattie ist drei Jahre alt.«
»Und jetzt wohnen die beiden nicht mehr bei Ihnen?«
»Nein…« Während der nächsten!Minuten erfuhr ich die ganze Geschichte. Ich hörte von den Brieftauben, nach denen sich der Unbekannte eingehend erkundigt hatte. Und ich erfuhr Merle Flynns neue Adresse.
Nachträglich war Ben F. Meyen eingefallen, daß Merle Flynn ihn vor einiger Zeit aiff einer Postkarte von ihrer bevorstehenden Verlobung mit einem gewissen Burke unterrichtet hatte. Meyen hielt das für so wichtig, daß er den ,G-man‘ darüber informieren wollte.
Ich erklärte dem Alten, daß am nächsten Morgen einer unserer Beamten zu ihm kommen würde, um alles zu Protokoll zu nehmen. »Aber lassen Sie sich diesmal den Ausweis genau zeigen«, fügte ich hinzu. »Der Bursche, der heute nachmittag bei Ihnen war, gehört nicht zum FBI.«
»Um Gottes willen.« Seine Stimme wackelte. »Wer war es denn?«
»Vermutlich jemand, der keine guten Absichten hat. Aber wir werden den Kerl suchen. Auf jeden Fall danken wir Ihnen für die Information. Sie haben uns erheblich weitergeholfen.«
Ich legte auf.
Phil hatte sich den Zweithörer ans Ohr geklemmt und jedes Wort mitbekommen.
Einen Augenblick starrten wir uns wortlos an. Dann meinte Phil: »Du denkst sicherlich das gleiche wie ich. Die Brieftauben sind das Geheimnis.«
»Moment.« Ich griff wieder zum Hörer. »Verbinden Sie mich mit dem Cortland-Hospital in
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