0425 - Das Mädchen und die Todesperlen
Bronx.« Während die Telefonistin für die Vermittlung sorgte, sagte ich zu Phil: »Chas Harting ist dort untergebracht worden, sein Hausarzt hielt es doch für erforderlich, ihn einzuweisen. Marden und Chankin haben den armen Kerl zu hart behandelt.«
Eine Minute später hatte ich den derzeitigen Mieter des Hauses Nummer 111 in der East Tremont Ave an der Strippe.
»Als Sie einzogen«, sagte ich, »haben Sie doch sicherlich den Dachboden ausgeräumt. Gab’s dort oben einen Taubenschlag?«
»Ja, den gab’s, Mister Cotton. Aber er war stark beschädigt. Nahezu vollständig zertrümmert.«
»Ich danke für die Auskunft, Mister Harting. Und gute Besserung.«
Ich legte auf.
»Paßt alles haarklein zusammen«, meinte Phil. »Brieftauben hier. Brieftauben dort. Das heißt, Merle Flynn hat die Perlen erhalten. Jetzt ist ihr jemand auf die Schliche gekommen. Er kennt die Adresse und ist sicherlich schon in Richtung Los Angeles unterwegs.«
»Wahrscheinlich.«
»Aber wer ist der Bursche, Jerry?«
»Keine Ahnung. Wir werden Meyen morgen in unserem Archiv blättern lassen. Wenn es sich bei dem Grauhaarigen um einen Profi handelt, können wir Glück haben.«
»Kimball wußte nichts von den Brieftauben?«
»Bestimmt nicht, sonst hätte er sich nicht auf Harting gestürzt, sondern in der richtigen Richtung gesucht. Woher kann der Grauhaarige, nennen wir ihn vorläufig Mister X, seine Informationen über die Brieftauben haben.«
»Dardano? Joffe?«
Ich zündete mir eine Zigarette an und ging zum Fenster. In den Häuserschluchten wurde es langsam dunkel. Aber der schmale Streifen Himmel zwischen den Wolkenkratzerspitzen war noch blau.
»Ich bin dafür, daß einer von uns nach Los Angeles fährt und sich um Merle Flynn kümmert, Phil. Es ist besser, wir überlassen es nicht ausschließlich unseren dortigen Kollegen. Wir kennen die Zusammenhänge des Falles besser.«
P:hil trat neben mich. »Da ich deine Vorliebe für den Pazifik kenne, kann ich mir auch vorstellen, wer von uns beiden fahren wird.«
Ich grinste. »Falls ich dich brauche, alter Junge, kommst du nach.«
Eine Stunde später hatten wir alles mit Mr. High besprochen. In der Mitternachtsmaschine, die im Non-Stop-Flug nach Los Angeles raste, war ein Platz für mich gebucht. Für Phil blieb in New York genug zu tun. Er mußte sich um Meyen, um Joffe und um Dardano kümmern.
Da der Grauhaarige mindestens sieben Stunden Vorsprung hatte — falls er sofort nach Los Angeles aufgebrochen war — rief ich meine Kollegen in der kalifornischen Zentrale an. Ich informierte sie und bat darum, die Wohnung von Merle Flynn unauffällig unter Bewachung zu stellen.
***
Phil brachte mich zum La Guardia Airport.
Es war zwei Stunden vor Mitternacht. Die Straßen von Queens lagen wie ausgestorben. Durch die herabgekurbelten Fenster strich lauer Sommerwind.
Mein Freund saß hinter dem Lenkrad. Wir hatten noch viel Zeit, und er fuhr nicht sonderlich schnell. Der Jaguar schnurrte mit verhaltener Kraft über eine Avenue.
»Geh gut mit der Karre um«, sagte ich und klopfte gegen das Armaturenbrett.
»Keine Angst.«
Das Ruflämpchen am Sprechfunkgerät leuchtete rot auf. Ich nahm den Hörer ans Ohr und meldete mich. Es war der Einsatzleiter der Nachtschicht.
»Leo Dardano ist tot, Jerry. Ich hab’s eben erfahren. Die Stadtpolizei hat die Leiche ins Schauhaus gebracht. Dardano lag am Ufer der Jamaica Bay. Hinter dem Canarsie Beach Park. Er lag im Wasser, aber er muß schon tot gewesen sein, bevor man ihn dort abgeladen hat. Er hat eine Wunde am Hinterkopf. Aber der Arzt meint, daß Dardano erstickt worden ist.«
»Irgendwelche Spuren?«
»Nichts. Kinder fanden die Leiche. Sie war gefesselt und in einem Sack verborgen. — Das ist alles, was wir bis jetzt wissen.«
»Danke. Phil wird sich darum kümmern.« Ich hängte ein. »Hast du’s mitbekommen?«
»Ja. Der Mord kommt vermutlich auf das Konto von Mister X.«
»Die Information über die Brieftauben stammt also von Dardano«, sagte ich.
»Das ist anzunehmen.«
»Dardano behauptet, nur Veronica Gallet und Joffe die Perlengeschichte erzählt zu haben. Joffe hinterbrachte es Kimball. Wir müßten noch ’rausbekommen, wie Mister X davon erfuhr. Frag Veronica, ob sie mit irgend jemanden darüber gesprochen hat.«
»Wenn nur dieser Joffe auf tauchen würde«, meinte Phil.
»Jetzt ist ein Mord im Spiel.«
»Richtig, Jerry. Und deswegen werden wir nach Morton Joffe fahnden lassen. Hoffentlich finden wir ihn
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