0426 - Gangster in feiner Gesellschaft
gesehen zu haben. Mammie wusste, dass es sich bei dem zweiten um Jeff Barnes, den heruntergekommenen Sohn der Familie, handelte. Jeff ist rauschgiftsüchtig, und solche Leute haben keine Bedenken, ihren eigenen Vater zu bestehlen.«
»Wenn Francis Barnes gewusst hat, dass sein eigener Sohn bei ihm einbrechen wollte, hat er Girardet vorsätzlich erschossen, um seinem Früchtchen eine deutliche Warnung zukommen zu lassen.«
Ich stützte mich mit den Ellbogen auf das Dach des Jaguars und zündete mir eine Zigarette an.
»Barnes ist ein anerkannt guter Schütze. Trotzdem werden wir es ihm nicht beweisen können, dass er vorsätzlich einen Menschen erschossen hat. Schließlich waren Einbrecher in seinem Garten, es war dunkel, er kann eine gewisse Aufregung ins Feld führen, er kann sich auf tausend Möglichkeiten herausreden. Damit kommen wir nicht weiter. Wenn wir Francis Barnes tatsächlich in eine Zelle stecken können, wird er vielleicht gestehen. Aber darauf will ich mich nicht verlassen. Wir haben es ja erlebt, dass er hart wie Granit ist. Mammie weiß nichts, und ich bin davon überzeugt, dass sie die Wahrheit sagt. Linda weiß ebenso wenig. Vielleicht wissen die Ehefrau und der Chauffeur mehr darüber, wenigstens sieht es so aus. Schließlich haben sich beide dünnegemacht. Ohne Grund werden sie’s nicht getan haben…«
»Das Halsband, Jerry«, sagte Phil. »Das ist der Aufhänger in dieser Sache.«
»Natürlich. Das ist der Angelpunkt. Jeff hat es in der Hand gehabt, und er hat es aus diesem Haus. Wahrscheinlich hat er es an Basser weiterverkauft, der sich damit aus dem Staub gemacht hat.« Ich drehte mich um und sah zu dem Küchenfenster hinüber, hinter dessen zugezogenen Vorhängen sich meine Kollegen mit Mammie unterhielten. »Barnes muss den Schmuck schon lange in seinem Besitz gehabt haben. Ich wette mein Jahresgehalt gegen das Grundkapital der RCA, dass er hinter der Wandtäfelung steckte.«
»Du hast keinen Beweis dafür, dass Barnes ihn versteckt hat.«
Damit hatte mein Freund allerdings recht. Seine Frau vielleicht oder der Chauffeur?
Die Ruflampe am Funksprechgerät leuchtete auf, als wir in den Wagen stiegen. Ich nahm den Hörer aus der Halterung und presste ihn ans Ohr. Die Zentrale meldete sich.
»Schießerei in einem Hotel, Mexico City, 58 Greene Street. Eine Mrs. Barnes ist durch einen Schuss verletzt worden. Sie hat sich unter einem falschen Namen eingetragen. Die Cops vom Revier entdeckten es, als sie die Handtasche durchsuchten. Okay, Jerry?«
»Okay. Danke, Al.«
***
In der Halle genoss ein Sergeant der City Police den riesigen Polstersessel für prominente Gäste. Ich kannte ihn nicht. Sein Blick strich gelangweilt über mich hin. Der Nachtportier lehnte mit den Ellbogen auf seinem Pult und kaute an den Fingernägeln.
»Sind Sie von der Presse?«
»Wie kommen Sie auf diese Idee?« Ich legte ihm meinen FBI-Stern hin. Der Sergeant schälte sich langsam aus seinem Sessel und kam näher. Er sah, begriff und wurde dienstlich.
»Wir haben Anweisung, auf Sie zu warten, Sir!«
»Gut. Gehen wir nach oben.«
Der Portier, ein nicht mehr ganz junger Mann, schoss hinter seinem Pult hervor und übernahm die Aufgabe des Liftboys. Man sah es ihm an, dass er uns eine Ehre erwies, die wir nicht im entferntesten abschätzen konnten. Seine Neugierde war zu groß, als dass er uns hätte allein lassen können. Er schloss sich uns an, als wir im zweiten Stockwerk den Lift verließen. Ich steuerte instinktiv auf die Tür zu, vor der ein klein gewachsener Glatzkopf händeringend auf und ab ging. Sofort stürzte er auf uns zu.
»Sie sind vom FBI? Wie gut, dass Sie gekommen sind…« Er warf einen scheuen Blick auf den Sergeant. Er wollte mir damit andeuten, dass diese ganz gewöhnlichen Polizisten nicht diskret genug vorgegangen wären. Ich entschloss mich, für die City Police eine Lanze zu brechen.
»Sergeant«, sagte ich, »ich bin sicher, dass Sie und Ihre Leute gut vorgearbeitet haben.«
»Selbstverständlich, Agent!«
»Wenn Sie eine Frage haben, wenden Sie sich an den Sergeant«, sagte ich zu dem kleinen Fettkloß. »Ich werde mich später noch an Sie wenden, wenn es notwendig ist.«
Der Arzt, der Rita Barnes am Bein verbunden hatte, packte eben seine Sachen in einen kleinen schwarzen Koffer. Ich stellte mich vor, während er an der Wasserleitung seine Hände säuberte.
»Nicht schlimm, Agent Cotton«, meinte er. »Eine Narbe wird natürlich Zurückbleiben. Die Kugel steckt dort drüben
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