043 - Das Beinhaus der Medusa
weiterhin, daß sie selbst nie einen Finger
krummgemacht hätte. Vielleicht kommen wir über Inger Bornholm weiter.
Vielleicht weiß sie etwas von der Person, von der Gunnar Mjörk die Aufnahme
schießen konnte.«
Larry Brent warf einen Blick in die Runde. »Sie geben auf jeden Fall dem
Kommissar Bescheid, Thor. Marnes Statue wird wieder an Ort und Stelle
geschafft. Von dem makabren Zwischenfall erwähnen Sie vorerst noch nichts. Ich
will erst Gewißheit haben …«
»Was haben Sie vor?« fragte Haydaal, während er Larry behilflich war, den
versteinerten Geologen in einer schattigen Ecke des Schuppens zu verbergen. Sie
räumten alle Utensilien weg, die Rudnik gehörten, klappten auch den flachen
Arbeitstisch zusammen. Der Sensationsreporter fühlte instinktiv, daß Larry
Brents Hirnzellen fieberhaft arbeiteten und der Sonderagent der
Psychoanalytischen Spezialabteilung einen Plan schmiedete.
»Ich bin in spätestens zwei Stunden wieder zurück, Thor«, antwortete Larry.
Er packte die Proben zusammen und verstaute sie in seinem Wagen. Leise sprang
der Motor des Lotus Europa an. »Dann unterhalten wir uns weiter. Wenn etwas
dazwischenkommen sollte, rufe ich Sie an! – Bis jetzt steht nur eines fest: Wir
müssen dem unheimlichen Wesen, das hier umgeht, eine Falle stellen. Wir können
nicht mit bloßen Verdachtsmomenten an die Öffentlichkeit treten. Selbst
Berndson würde grinsen, wenn wir ihm erzählten, was wir darüber denken. Wir
brauchen Medusa als lebenden Beweis!«
Thor Haydaal schluckte. Mit einer fahrigen Bewegung strich er sich über
seine schweißnasse Stirn. »Sie wissen, worauf Sie sich einlassen, Larry?!«
»Ja, ich weiß es.«
»Sie setzen Ihr Leben aufs Spiel! Verfolgen Sie schon einen bestimmten
Plan, Larry?«
»Eine Vorstellung habe ich bereits, aber ich kann noch nichts Konkretes
darüber sagen.«
●
Noch während der Lotus über das Wasser raste, gab Larry über den PSA-Ring
einen detaillierten Bericht nach New York durch. Ein PSA-eigener Satellit fing
den Funkspruch auf und strahlte ihn sofort über den Vereinigten Staaten von
Amerika ab.
Dort wurde es gerade Abend. X-RAY-1, der geheimnisvolle Leiter der
Abteilung, die in der kurzen Zeit ihres Bestehens schon so spektakuläre Erfolge
zu verzeichnen hatte, empfing die Nachricht in seinem Büro. Über den großen
Hauptcomputer wurde wenige Minuten später seine Entscheidung und seine Hinweise
dechiffriert und über die Funkstation der Abteilung wieder an den Satelliten
abgestrahlt.
Über den PSA-Ring, der lange Zeit nur als Miniatursendestation fungierte,
war seit kurzem auch ein direkter Empfang möglich. Die Ringe der Agenten waren
vor wenigen Wochen ausgetauscht und damit eine Schwäche beseitigt worden. Die
PSA war damit noch schneller, noch moderner geworden, und die Agenten waren zu
jeder Zeit in der Lage, auch direkt in der Zentrale nachzufragen. Ein Zwiegespräch
zwischen X-RAY-1 und den eingesetzten Agenten war damit keine Utopie mehr.
»… Ihre Entscheidung ist gut und richtig, X-RAY-3«, tönte die leise,
väterliche Stimme von X-RAY-1 aus dem Sendeteil des Ringes, der am linken
Ringfinger des Agenten steckte. Die goldene Weltkugel war in Längen- und
Breitengrade eingeteilt, und hinter den feinziselierten Kontinenten war
deutlich das stilisierte Gesicht eines Menschen zu erkennen.
Die Stimme des Leiters der PSA klang etwas verzerrt und war von
atmosphärischen Störungen begleitet. Dennoch war alles gut zu verstehen.
»… Sie haben wie immer volle Handlungsfreiheit. Doch seien Sie auf der Hut!
Der Fall ist mehr als ungewöhnlich, und im Augenblick liegen mir noch keine
vergleichbaren Unterlagen vor. – Sie sind auf dem Weg zu unserem Mittelsmann.
Ich habe ihm sofort ein Fernschreiben geschickt. Tom Kvaale wird Ihnen auf
halbem Weg entgegenkommen. Er wird die von Ihnen erwähnten Proben umgehend
weiterleiten. Die Dinge werden mit einem Militärhubschrauber noch in dieser
Nacht nach Oslo geflogen. Das bedeutet, daß Sie spätestens mit dem Anbruch des
kommenden Tages einen entsprechenden und verwertbaren Bescheid in Händen
halten. – Für gut finde ich auch Ihre Vorsichtsmaßnahme, daß Sie vorerst keine
weiteren Personen unterrichtet haben. Die Dinge sind zu frisch, als daß die
Behörden dort schon mit Vermutungen belastet werden könnten. Außerdem dürfte
man Ihnen auch wenig Glauben schenken. Ich selbst bin noch skeptisch, was Ihren
Verdacht anbetrifft, kann mich aber eines gewissen Unbehagens nicht
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