0431 - Der Gentleman-Killer
beugte sich über einen zweiten, der knurrte und stammelte, aber sich jetzt mühsam aufrichtete. Der Kerl, der mir am nächsten stand, nahm einen nassen Lappen und klatschte ihn dem anderen ins Gesicht, was anscheinend Erfolg hatte, denn eine knurrige Stimme grunzte:
»Ist ja schon gut, Joe!«
Der Mann, der Joe hieß, hatte das Format eines Berufscatchers, nur daß es bei ihm kein Fett gab. Jedes Gramm waren Muskeln, die unter einem straff sitzenden Seidenhemd spielten, als er den anderen Mann hochhievte, als wäre 4 er ein Kind.
Ich wollte gerade einen weiteren Schrit in die Hütte machen, als mich etwas warnte.
Ich fuhr herum, konnte aber nur noch das silbrige Aufblitzen eines Totschlägers in der Luft erkennen und mich zur Seite werfen. Dadurch traf er statt des Hinterkopfes nur meinen Nacken.
Der Schmerz schien meine Muskeln bersten zu lassen, und eine Sekunde lang hatte ich das Gefühl, mein Kopf hätte sich abgelöst und würde davonschweben. Aber durch meine Reaktion war der Schlag nicht mit voller Wucht erfolgt, und ich stand schon wieder auf beiden Beinen, als der Totschläger von neuem durch die Luft zischte. Das Gesicht des Alten hatte seine sture Ausdruckslosigkeit verloren und war jetzt von besessener Mordlust gezeichnet. Ich wartete, bis sein Arm dicht über meinem Kopf war, dann ließ ich beide Arme vorschnellen, schlug sein Handgelenk zurück und packte es dann mit beiden Händen, während der Totschläger zu Boden fiel.
Der Alte ächzte auf, als ich ihn mit einem Judogriff auf die Schulterblätter krachen ließ. Trotzdem kam er wieder hoch. Ich machte einen Satz nach rechts, um die Bretterwand des Schuppens im Rücken zu haben. Es war keine Sekunde zu spät. Joe hatte seinen schlafenden Kumpel fallen gelassen und stampfte schwer atmend heraus. Während Joe mich ansprach und ich auswich, hatte der Alte eine Pistole in der Hand. Die Mündung zeigte auf meinen Magen.
Ich sah, wie sich der knochige Finger krümmte. Ich machte einen Sprung zur Seite und traf mit meiner Schuhspitze sein Handgelenk, als sich der Schuß löste Es klang wie eine Dynamitexplosion, und die Luft war sofort mit Pulvergeruch erfüllt. Über mir splitterte Holz vom Dach der Hütte. Ich sah mit einem Blick, daß die Waffe zu Boden gefallen war und sprang vor, um meinen Fuß darauf zu setzen.
Der Alte wollte sich gegen mich werfen, aber Joe gab ihm einen kleinen Stoß und nahm ihm die Arbeit ab. Ich empfing ihn mit einer Geraden gegen seine Kinnspitze, die jeden normalen Mann flach gelegt hätte. Joe schüttelte sich nicht einmal.
Seine Rechte holte weit aus — wie mir schien — im Zeitlupentempo. Er war so schwer gebaut, daß ich nicht damit rechnete, daß er bluffen würde. Sein Tritt traf mich daher unvorbereitet auf das Schienbein und warf mich zu Boden. Der stechende Schmerz strahlte über den ganzen Körper, und im ersten Moment war ich unfähig, mich, aufzurichten. Er stand über mir und sah zufrieden keuchend auf mich herunter.
»Machen wir ihn fertig!« kreischte der Alte und hopste aufgeregt um mich herum. Er hob einen Fuß, um mich am Kopf zu treffen und holte aus. Als der Fuß über mir war, packte ich ihn, umklammerte das Gelenk und rollte mich zurück. Meine Knie trafen ihn an der Schulter.
Er krachte gegen Joe, der ihn unwillig auf die Seite stieß. Ich sprang auf, taumelte etwas, weil ich mein verletztes Schienbein zu früh belastet hatte und wartete auf Joe.
Ich brauchte nicht lange zu warten. Er kam auf mich zugerollt wie eine Lokomotive. Ich wich zurück. Joe konnte seinen Antritt nicht mehr bremsen. Wo gerade noch meine Magengrube war, befand sich jetzt wieder die Bretterwand des Schuppens. Sie zitterte unter dem Anprall des schweren Kopfes.
Ich machte einen Satz zurück und griff nach meiner Waffe. Ich hatte den Griff noch nicht in der Hand, als eine heisere Stimme mich warnte:
»Nimm lieber die Pfoten hoch, Freund!«
Als Unterstützung der Worte bohrte sich der Lauf einer Waffe zwischen meine Rippen.
Langsam hob ich die Hände.
»Lehn dich mit beiden Händen an die Wand!«
Vorsichtig drehte ich mich zur Wand um. Ich wußte, wem die Stimme gehörte. Speedy Crow. Und ich war sicher-, daß er der Mann war, der Susan Delane und seinen Freund Sam Vane ermordet hatte ebenso wie Ted Quingley und Matt Carlee.
***
Ich hatte eine Vorstellung, was er in dem Schuppen gemacht hatte. Vermutlich hatte er sich mit Opium aufgetankt und wai; dann eingeschlafen. Was ich vorhin mit einem flüchtigen Blick
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