0435 - Das Hexentor
weniger.
»Lebt sie noch?« rief mir Jane fragend zu.
»Ich weiß es nicht.«
»Verflixt, John«, sagte sie ächzend. »Die hätte mich umbringen können. Ich hätte es merken müssen.«
»Was macht deine Wunde?«
»Das Messer ist nicht sehr tief in die Wade gefahren. Mehr eine Fleischwunde.«
Ich schaute mir den Schnitt an. Er war tatsächlich nicht allzu tief in die Wade hineingefahren. Nur noch wenig Blut quoll aus der Wunde.
»Kannst du laufen?«
Sie lachte scharf. »Ob ich es kann, John, ist nicht die Frage. Ich muß laufen. Wir müssen dieses verfluchte Haus finden oder diesen komischen Keller.«
»Ich will nicht, daß du bei mir bleibst. Du bist zu sehr behindert, Jane!«
»Mitgegangen, mitgefangen«, antwortete sie hart. »Ich lasse mich nicht zurückdrängen.«
Ich kannte ihren Dickkopf und wußte, daß es keinen Sinn hatte, wenn ich weiterhin versuchte, sie zu überreden. Schließlich nickte ich. »Okay, du gehst so weit mit, bis du mir sagen kannst, wo sich das Hauptquartier der Hexen befindet.«
»Einverstanden!«
Von allein kam sie nicht hoch. Ich zog sie in die Höhe. Sie biß die Zähne zusammen und stützte sich nur mehr auf ihr linkes Bein. Das rechte belastete sie nicht.
Und so gingen wir weiter. Ein schon angeschlagenes Duo, trotzdem optimistisch.
Jane stöhnte nicht. Sie zog das rechte Bein nach. Schweiß lag auf ihrem Gesicht, und sie konzentrierte sich gleichzeitig auf den zentralen Punkt, während ich die Umgebung im Auge behielt und daran dachte, daß wir sieben Hexen gesehen hatten.
Eine davon war ausgeschaltet.
Blieben noch sechs.
Es war etwas belebter geworden. Wir sahen an einem Haus mehrere Personen zusammenstehen, die meisten davon mit Taschenlampen ausgerüstet, mit denen sie die Umgebung ableuchteten und sich darüber beschwerten, daß der Strom noch immer nicht kreiste.
»Da werden sie lange warten können«, sagte Jane gepreßt. »Die Große Mutter nutzt doch so etwas aus. Wir müssen übrigens auf die andere Seite, John.«
»Spürst du es?«
»Ja, das Haus ist nicht mehr weit.«
»Haus oder Zentrum?«
»Das ist gleich.«
Wir hatten die andere Seite der Straße erreicht. Ein Lieferwagen rollte an uns vorbei. Der Aufschrift nach zu urteilen, gehörte er zu den Stadtwerken. Die Männer darin würden sich wundern, wenn sie keinen Erfolg hatten.
Zwar lagen die Grundstücke stets dicht beisammen oder nebeneinander, aber es gab auch hin und wieder schmale Wege, die wie enge Täler in die einzelnen Geländeabschnitte hineinstachen.
Vor einem dieser Wege stoppte Jane. »Ist es hier?« fragte ich.
»Ja, laß uns hineingehen.«
Der Weg lag im Dunklen. Kein Lichtschein traf ihn. Ein Tunnel, ein unheimlicher Gang, so kam er uns vor. Rechts von uns begleitete uns eine höhere Mauer, links wurde der Pfad von einer dichten Hecke abgegrenzt. Er war gewissermaßen ein Durchgang zu einer anderen Straße und auch der Pfad, der zu einem Haus führte, das quer gebaut zu den anderen Villen stand.
Wir sahen es am Ende des Weges. Es war von einem verwilderten Grundstück umgeben, dessen Maschendrahtzaun fast am Boden lag. In allen Einzelheiten war das Haus für uns nicht zu erkennen. Es kam uns eher vor wie ein hochragender kompakter Schatten, in dem es matt blinkte. Das waren die Scheiben der Fenster.
Hinter keiner brannte Licht, und im Erdgeschoß sahen wir selbst die Fenster kaum.
Jane stützte sich auf mich. »Ich spüre es, John!« hauchte sie. »Wir sind am Ziel. Das ist es.«
Ich schaute zurück. Wohl fühlte ich mich nicht. Wenn die Hexen mit Messern bewaffnet waren, konnten sie diese auch schleudern. Und es war ihnen dabei egal, ob sie ihre Waffen in die Rücken der Menschen warfen oder nicht.
Die anderen Villen standen ziemlich weit entfernt. Wir sahen die rechte, und dort auch nur das Dach, das wie ein großer Schatten in die Dunkelheit führte.
»Wo willst du bleiben?« fragte ich Jane.
Sie schaute mich an und wollte lächeln, es mißlang aber. Die Schmerzen waren wohl zu groß. »Jetzt bin ich schon so weit gekommen, ich gehe auch noch weiter.«
»Jane, du…«
»John, du brauchst mich und meine Kräfte. Denk an den verdammten Gullydeckel.«
»Okay, dann weiter!«
»Sobald wir alles geschafft haben, verspreche ich dir…« Sie verstummte, weil ihr wohl klargeworden war, daß die Chancen nicht gerade optimal standen.
»Kann das Haus auch das Tor sein, von dem du immer geredet hast?« fragte ich sie.
»Das ist möglich.«
»Wie hast du es denn
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