0435 - Das Hexentor
hielt die Hände vor ihrem Körper zusammen und schaute ins Leere.
»Weshalb hast du mich töten wollen?« fragte er.
»Lilith wollte es so. Du gehörst zu ihm.«
»Zu John Sinclair?«
»Ja.«
Bill lachte. »Nein, ich gehöre nicht zu ihm…«
»Aber du bist sein Freund. Wie auch Jane Collins eine Freundin von ihm ist.«
»Das stimmt allerdings.«
»Wir werden alle töten müssen!«
»Wer ist wir?«
»Die Dienerinnen der Großen Mutter!« erklärte sie nicht ohne Stolz.
Überhaupt war Bill von der Gesprächigkeit dieser Person überrascht.
Daß sie so redete, ließ auf eine große Sicherheit schließen.
»Ihr dient also Lilith.«
»Ja, der Großen Mutter.«
»Habt ihr sie gesehen?«
»Noch nicht, aber sie wird sich uns zeigen.«
»Durch das Hexentor?«
Bill hatte die Frage so einfach dahingesprochen, doch die Frau zuckte zusammen. »Du… du weißt davon?«
»Sicher. Nicht nur ihr wartet darauf, daß sich das Tor öffnet. Auch wir.«
Plötzlich begannen ihre Augen zu leuchten. Ihr Lachen klang scharf und abgehackt. »Das Tor ist für Menschen tödlich. Liliths Welt ist nur für uns gut, begreift das endlich.«
»Wann erscheint es?«
»Um Mitternacht.«
»Und wo?«
»Hast du nicht bemerkt, daß es sein Kommen bereits angekündigt hat? Ihr seid alle ohne Licht. Die Kraft der Hexe ist stärker. Die Urmutter steht über den Gesetzen der Physik. Sie setzt die Magie ein, um alles an sich zu reißen.«
»Auch Menschen?«
»Das Tor wird die Feinde verschlingen, den Dienerinnen aber wird es Kraft geben«, erwiderte sie orakelhaft.
»Du bist also nicht allein?«
»Nein.«
»Wie heißt du?«
»Loretta!«
»Und die anderen sechs Hexen?« fragte Bill. »Wo kann ich sie finden? Ich weiß, daß ihr zu siebt seid, und ich weiß auch, daß ihr euch in der Nähe aufhaltet. Du bist zu Fuß gekommen, kein Wagen hat dich gebracht. Wo kamst du her?«
Loretta schwieg.
Bill trat auf sie zu und packte sie am Kragen ihres sackähnlichen Gewandes. Auch Nadine erhob sich. Sie spürte, daß es in den nächsten Sekunden darauf ankam.
»Ich habe euch gesehen!« flüsterte der Reporter. »Ich habe euch verdammt genau gesehen. Du kannst dir keine Ausrede mehr einfallen lassen. Deshalb frage ich dich. Wo habt ihr euch verkrochen? Wo befindet sich euer verdammtes Versteck?«
»Nicht weit weg!«
»Genauer!«
»In einem Haus.«
Er schüttelte sie durch. Auch die Wölfin spürte, daß es jetzt auf eine Entscheidung ankam. Sie streckte ihren Körper und stellte sich auf die Hinterläufe, während sie ihre Vorderpfoten gegen den Körper der Hexe stemmte.
»Hier hilft dir auch die Große Mutter nicht oder wie immer ihr diese Person auch nennt!« flüsterte der Reporter. »Hier wirst du genau tun, was ich dir sage.« Bill drückte sie zurück. »Ich habe Lilith gesehen. Sie sah häßlich aus, sie war eine Steinfigur. Und ihr habt sie angehimmelt! Feuer brannte in der Nähe. Es ist ein Keller gewesen oder ein altes Verlies, wo ihr euch versammelt habt. Nicht wahr?«
»Das Stimmt.«
»Wunderbar. Jetzt will ich nur noch wissen, in welchem Haus sich der Keller befindet. Wenn du es vorziehst, zu schweigen, werde ich der Wölfin Bescheid geben, damit sie sich mit dir beschäftigt. Dann wirst du ähnliches empfinden wie ich, als du mir das Messer gegen die Kehle gedrückt hast.«
Die Drohung wirkte. Loretta schielte auf Nadine, die sich noch immer gegen sie stemmte und nur darauf zu warten schien, daß Bill den entsprechenden Befehl gab.
»Wirst du reden?«
Der Blick bekam einen tückischen Ausdruck. Dieses Weib hatte etwas in der Hinterhand, von dem Bill nicht wußte, was es war. Sie vertraute voll und ganz auf Lilith, ein Fehler war dies nicht aus ihrer Sicht, denn dieser erste gefallene Engel besaß eine unwahrscheinliche Macht. Allein schon daran zu erkennen, daß es der Großen Mutter gelungen war, Johns Kreuz zu manipulieren.
Sie redete plötzlich wie ein Automat. »Das Haus ist nicht weit entfernt. Wir haben es uns ausgesucht, es steht leer, niemand will es haben, der Makler wollte es erst nicht vermieten, doch wir überredeten ihn. Jetzt besitzen wir es und haben dort unsere Beschwörungen durchgeführt.«
»Bill, das ist die alte Villa!« rief Sheila laut und in die Worte der Hexendienerin hinein.
Der Reporter ließ Loretta los. Auch die Pfoten der Wölfin rutschten ab.
Die Hexe ging zwei Schritte zurück, blieb stehen und wischte über ihr Gesicht.
»Stimmt es?«
Sie nickte.
Bill schaute seine Frau an.
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