0437 - Das Monster im Keller
schnarrte Kommissar Peltier unzufrieden. »Sie können’s auch anders haben, wenn Sie unbedingt meinen, uns mehr als die Hälfte der Geschichte verschweigen zu müssen. Ich lasse Sie vorladen und…«
»Jetzt halten Sie mal die Luft an, mon ami«, unterbrach Nicole ihn. »Der Tote war Charlenes Lebensgefährte. Begreifen Sie nicht, daß das Mädchen total fertig ist? Wir werden uns an höherer Stelle über Sie beschweren und auf Ihre Ablösung drängen.«
»Viel Vergnügen dabei« erwiderte Peltier verdrossen. »Ich leite die Ermittlungen und Befragungen so, wie ich es für richtig halte, und meine Aufklärungsquote liegt bei 100 Prozent.«
»Ach, nur?« Zamorra zog die Brauen hoch. »Ihrem Auftreten nach habe ich auf wenigstens 101 geschätzt…«
»Wenn Sie glauben, sich über mich lustig machen zu können…«, fuhr Peltier auf. Zamorra grinste ihn nur kopfschüttelnd an. »Für Glaubensfragen, mein Bester, ist die Kirche zuständig«, sagte er. »Und was ich glaube, steht daher hier nicht zur Debatte. Und für Sie dürften doch auch nur Fakten zählen…«
Peltier versuchte den ausgestreckten Zeigefinger gegen Zamorras Brust zu stoßen.
Der schnappte blitzschnell mit der Hand zu und umklammerte den Polizistenfinger. »Langsam, Freundchen«, sagte er. »Soweit sind wir doch noch nicht, oder?«
Sie wurden unterbrochen. Der Polizeiarzt und die Leute von der Spurensicherung, die unten mit tragbaren Scheinwerfern und Notstrom Versorgung gearbeitet hatten, tauchten wieder aus dem Keller auf.
»Der Leichnam kann abtransportiert werden«, sagte der Arzt, ein gemütlich wirkender Mann, der vorwiegend aus Bauch, Glatze, Schnurrbart und Zigarre zu bestehen schien. »Todesursache: Enthauptung durch einen recht scharfen Gegenstand. Könnte eine zugeschliffene Axt gewesen sein.«
»Das Schwert«, warf Zamorra ein.
»Ein Schwert wäre natürlich auch möglich«, sagte der Arzt. »Aber dann sicher keines von diesen Zierschwertern, die man im Kaufhaus bekommt. Eher eine Samuraiwaffe, oder so etwas, rasiermesserscharf…«
Zamorra hob abermals die Brauen. »Die Tatwaffe dürfte doch wohl eindeutig sein. Das Schwert, das neben dem Toten lag.«
»Welches Schwert? Können Sie sich mal etwas klarer ausdrücken, Monsieur?« erkundigte sich einer der Spurensicherer.
»Moment mal«, sagte Zamorra. »Vorhin, als ich unten war, lag ein Schwert neben dem Toten!« Er beschrieb die Waffe einschließlich der Blutrinne, die ins Innere der Klinge führte.
»Sie müssen sich irren«, sagte der Spurensicherer, und auch der Polizeiarzt schüttelte Kopf und Zigarre. »Da war kein Schwert, Monsieur.«
»Ich bin doch nicht blind!« entfuhr es Zamorra. »Das…«
Er wechselte einen schnellen Blick mit Nicole.
Charlene!
Sie war, als sie beide von draußen zurückkamen, nicht mehr in ihrem Sessel gewesen und war aus Richtung Kellertreppe zurückgekommen…
Sollte sie etwa das Schwert versteckt haben…?
Aber weshalb?
»Hausdurchsuchung«, sagte Kommissar Peltier. »Entweder gibt es dieses Schwert, dann werden wir es finden, oder es existiert nicht, und dann, mein lieber Zamorra, sieht Ihr Beitrag zu dieser Geschichte doch recht eigenartig aus, finden Sie nicht?«
***
Das Schwert tauchte nicht wieder auf.
Kommissar Peltier ging zwar nicht so weit, daß er Festnahmen anordnete oder das Haus versiegeln ließ, aber er machte klar, daß er der Sache nicht traute. Er ordnete an, daß Charlene Riveaux sich bis auf weiteres täglich bei der Polizei zu melden hatte, zog ihren Ausweis vorläufig ein und bedeutete Zamorra, Nicole und Charlene, daß sie sich am kommenden Tag in Lyon zu einem ›zwanglosen‹ Gespräch einzufinden hätten, wie er es nannte. »Ist doch seltsam, wie genau Sie die angebliche Tatwaffe beschrieben haben. Gerade so, als wären Sie bei dem Mord zugegen gewesen oder als hätten Sie die Waffe möglicherweise verschwinden lassen…«
»Ich gebe Ihnen einen guten Rat«, sagte Zamorra. »Ob Sie ihn beherzigen oder nicht, ist Ihre Sache. Aber wenn Sie weiterhin unhaltbare Verdächtigungen aussprechen, werde ich mir Vorbehalten, gerichtliche Schritte gegen Sie einzuleiten, Peltier. Sie sollten mit Ihren Äußerungen etwas vorsichtiger sein.«
»Wir sprechen uns morgen in Lyon, Zamorra«, sagte Peltier. »Bringen Sie ruhig Ihren Anwalt mit. Vielleicht brauchen Sie ihn.«
Er verließ das Haus, musterte die beiden BMWs eingehend und zog dann mit seiner Truppe ab. Seinem Gesicht war anzusehen, daß er sich fragte, wieso ein
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