0438 - Sie wollten mich ans Messer liefern
Mercury.
***
»Na also«, sagte ich erfreut. »Marga hat sich bestens bewährt. Wenn das FBI mal keine Arbeit für sie hat, kann sie sich bei einer Bildagentur bewerben!«
Die Bilder waren wirklich ausgezeichnet geworden. Die Kollegen im Archiv besaßen Abzüge, damit sie die abgebildeten Personen identifizieren konnten. Nur eins enttäuschte mich: Der Gangster, der vor dem Wagen gestanden und sich mit mir unterhalten hatte, war nicht drauf. Er hatte die ganze Zeit mit dem Rücken zu Marga gestanden. Ich erinnerte mich, daß er mir nie ins Gesicht gesehen hatte. Hoffentlich kriegte ich noch eine vernünftige Beschreibung hin. Dafür war der andere, der hinter dem Wagen mit der Kanone in Bereitschaft gestanden hatte, wunderbar aufs Bild gekommen. Viel deutlicher, als ich ihn in der Nacht hatte sehen können.
Ein Bote brachte bereits das Ergebnis und legte es auf meinen Schreibtisch. Ein Homer Hill, geboren in Chicago, dort auch einige Male vorbestraft, gehörte zur Gang eines gewissen Leslie Grover. Phil schaute mir über die Schulter und las mit.
»Ob Grover auch mit nach New York gekommen ist, Jerry?«
»Keine, Ahnung. Ich werde mir mal sein Bild ansehen, wenn wir ihn im Archiv haben. Vielleicht war das auch der Boß gestern abend.«
»Ich werde mal in Chicago anrufen, ob sie Grovers jetziges Revier kennen«, meinte Phil.
Aber in Chicago wußte niemand, wo Grover geblieben war. Seit vierzehn Tagen hatte niemand etwas von ihm gehört. Er war untergetaucht, und unsere Kollegen waren der Ansicht, er wollte sich für einige Zeit ruhig halten. Es waren einige Dinge vorgekommen, die es ratsam erscheinen ließen.
»Sieht so aus, als wollte dieser Leslie Grover in der Zwischenzeit nicht untätig bleiben«, meinte Phil.
»Möglich! Wir könnten uns ja derweil umsehen, ob einer von unseren Lieblingen Konkurrenz bekommen hat!«
Kein Unterwelt-Boß hat es gern, wenn jemand seine Kreise stört. In einem solchen Fall durften wir durchaus hoffen, ein paar marktfrische Informationen zu erhalten. Und wenn man gar durchblicken ließ, worum es sich in diesem Fall handelte, stiegen unsere Chancen noch mehr. Ein Kidnapping ist eine Sache, für die meist Außenseiter zuständig sind. Keiner aus der Branche hat für solche Angelegenheiten Verständnis. Für einen Mann mit Erfahrung ist das Risiko einfach zu groß.
»Let’s go!« Phil schnappte sich seinen Hut. Draußen auf dem Weg zum Lift trafen wir Marga.
»Schöne Geschichten hört man von dir«, sagte mein Freund vorwurfsvoll. »Eine ganze Nacht lang hast du dich mit diesem Kerl herumgetrieben?«
»Neidhammel!« sagte Marga und ging weiter. Ich kostete meinen Triumph aus. Und rot war sie auch geworden.
Phil schwieg beharrlich.
»Lower East Side!« entschied ich, als wir im Jaguar saßen.
In diesem Viertel, gespickt mit Kneipen und Bars aller Schattierungen, hatten wir noch am ehesten Aussicht, etwas zu erfahren.
In der Dover Street hielt ich nach einer Parkmöglichkeit Ausschau. Von Randells Bar wollte einer ’raus, ein grüner Mercury. Ich stellte mich hinten an, um in die Lücke zu schlüpfen.
»Der hat öl verloren«, sagte ich, als ich ausstieg.
»öl? Das ist kein öl!«
Ich beugte mich nieder und musterte den Fleck auf dem Asphalt.
»Blut!«
»Es muß aus dem Kofferraum des Mercury gesickert sein, Jerry!«
Phil zeigte auf ein paar Tropfen, die sich auf die Fahrbahn zu zogen. Dort, wo eben der Mercury hinausgekurvt war.
»Hast du dir die Zulassungsnummer gemerkt?«
»Keine Spur! Wer denkt denn auch an so was!«
Der Mann war aus Randells Bar gekommen, also marschierten wir hinein. An der Theke verlangten wir einen Whisky. Der Mann in der weißen Schürze ließ drei Eiswürfel in jedes Glas klicken.
»Entschuldigen Sie«, begann ich und kostete das Getränk. »Ist da nicht eben ein Gast gegangen? Grüner Mercury?«
»Ich sehe mir allenfalls die Gesichter an, die Wagen in keinem Fall.«
»Kannten Sie den Mann?«
Ein forschender Blick aus mißtrauischen Augen traf mich. »Sind Sie ein Cop?«
Ich schob ihm meinen Ausweis über die Theke. Er zeigte sich nicht sonderlich überrascht.
»Leslie Grover. Ich weiß nicht, ob das sein richtiger Name ist. Vor vierzehn Tagen kam er das erstemal her. Seitdem trank er vielleicht vier- oder fünfmal seinen Whisky bei mir.«
»War er allein?«
»Beim ersten Male nicht, Da war so eine Type bei ihm, einer von denen, die einen frieren lassen, wenn man sie nur anschaut.«
Zwei Minuten später standen wir wieder
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