0438 - Sie wollten mich ans Messer liefern
eine Whiskyflasche, aber kein Glas dazu. Auf der Suche nach einem Trinkgefäß kam er an uns vorbei, und er behandelte uns wie einen Fußball.
Hill fuhrwerkte immer noch draußen herum. Ein paarmal ging Grover zur Tür, um sich nach den Fortschritten zu erkundigen. Sein Ärger wuchs. Der Flüssigkeitspegel in der Flasche sank. Nach einer Stunde wäre es an der Zeit gewesen, Hill einen gerechten Rest aus der Flasche anzubieten, aber derartige Überlegungen waren Leslie Grover fremd. Er schaltete das Transistorradio auf dem Tisch ein und warf uns grimmige Blicke zu. Jedesmal, wenn er die Flasche absetzte, verfluchte er Phil und mich, als hatten wir den Mercury gebaut, der ihn so schändlich im Stich ließ.
Das Radio wurde leiser. Die Musik brach ab. Es war Zeit für die Nachrichten. Ich spitzte die Ohren, denn ich wartete auf die Durchsagen, die am Ende der Nachrichten kommen würden. Grover bemerkte meinen Blick, nahm das Radio von der Tischplatte und ging hinaus in den Schlafraum. Sosehr ich mich auch anstrengte, ich konnte nicht mehr als ein undeutliches Gemurmel verstehen.
Plötzlich erschien der Gangsterboß wieder im Türrahmen. Er blieb nicht stehen, sondern hastete durch die Hütte und rief Hill herein. Der erschien mit ölverschmiertem Gesicht, einen Schraubenschlüssel in der Hand.
»Sie haben Stan erwischt«, verkündete Grover. »Er wurde erschossen, als er versuchte, eine Straßensperre zu durchbrechen.«
Homer steckte den Schraubenschlüssel in die Tasche.
»Und die Kinder?«
»Es muß auf der Rückfahrt passiert sein. Im Radio war' davon nicht die Rede.«
Homer Hill schwieg einen Augenblick, ehe er die nächste Frage losließ.
»Wo sind die Kinder?«
Grover ergriff die Whiskyflasche und schmetterte sie in die Ecke. So großspurig diese Aktion war, so kleinlaut klang seine Antwort.
»Ich weiß es nicht. Er sagte, er hätte ein sicheres Versteck.«
»Aber du hast doch noch das Geld, Boß! — Und diese Burschen hier sind achtzig Grand wert!«
Ich reimte mir blitzschnell die Geschehnisse zusammen. Stan hatte die Kinder in‘ein neues Versteck bringen sollen. In der Eile hatte er Grover nicht mitgeteilt, wo er die kleine Maggie und ihren Spielgefährten unterbringen würde. Und nun war Baxter tot, weil er die Nerven verloren hatte, als eine Polizeistreife ihn stoppte.
Homer Hill faßte Leslie Grover scharf ins Auge.
»Warum hauen wir eigentlich nicht ab, Boß? Wir haben doch mehr Bucks bei dieser Geschichte eingeheimst, als wir tragen können.«
»So, haben wir das?«
Grover würde nicht mit Hill teilen. Das entnahm ich dem Ton der Antwort. Der Gangsterboß war dem Geldrausch verfallen. Sein Kumpan verstand. Homer öffnete den Knopf seiner Jacke, so als wollte er es sich leichtermachen. Schließlich kommt man so besser an den Griff seiner Kanone unter der Achsel. Gespannt verfolgten wir die Auseinandersetzung, die sich hier anzubahnen schien.
»Wo sind eigentlich die Bucks, Boß?« Homers Stimme schrillte beinahe.
»Jedenfalls nicht draußen im Wagen! Ohne mich kommt keiner daran! Hörst du?« Grover hatte also begriffen, daß Homer die Sohlen heiß wurden.
»Wir teilen die Bucks und schlagen uns durch«, schlug Homer vor. Auch er schien nicht mehr bereit zu sein, eine neue Erpressung mitzumachen.
Grover keuchte. Das war der große Schlag, von dem er sein Gangsterleben lang geträumt hatte, und er würde den letzten Cent noch mitnehmen, bevor die Hölle hinter ihm ausbrach.
»Nur ich weiß, wo die Bucks stecken!« Er wiederholte den Satz noch einmal. Ich glaube, er berauschte sich selber an diesen Worten. »Vergiß das nicht, Homer! Wer nicht mitmacht bis zum Ende, bekommt keinen Cent zu sehen!«
»Es wird ein bitteres Ende!« warf ich ein. Grover sah mich wütend an und gab mir einen Fußtritt.
»Warum nimmst du dir nicht diese Burschen vor?« fragte er Hill. »Sie haben immerhin achtzigtausend zu bieten! Warum beschäftigst du dich nicht mit ihnen? Oder willst du sie laufen lassen?«
Man sah Hill an, wie er nachdachte. Er überlegte sich, daß achtzigtausend mehr als nichts sind. Als er mich auf die Beine zog, trat Grover blitzschnell hinter ihn. Der Boß zuckte mit der Hand in den Ausschnitt seiner Jacke.
Ich überlegte nicht mehr lange, trat die Beine nach vorn und ließ mich fallen. Hills Beine rutschten nach hinten weg, er knallte mit dem Kopf gegen die Wand und fiel über mich. Grovers Kanone bellte auf. Das Geschoß fetzte Holzsplitter aus der Wand und blieb darin
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