044 - Der Todesschwarm
sich im Nachtwind wie geblähte Segel auf.
Erst jetzt vernahm er das Summen. Er blieb mitten im Raum stehen und lauschte angespannt. „Was kann das sein? Scheint von draußen zu kommen.“
Er ging rasch zum Fenster, zog den Vorhang weg, beugte sich weit hinaus und suchte mit zusammengekniffenen Augen den Nachthimmel ab, den die Sichel des Mondes nur schwach beleuchtete. Aber er konnte nichts Ungewöhnliches entdecken.
Das ungewohnte Brausen und Dröhnen ängstigte ihn irgendwie. Er zog den Kopf zurück und wollte das Fenster schließen.
Im selben Augenblick prallte von draußen eine dunkle Masse gegen die Scheiben. Glas barst, die Fensterflügel wurden ihm förmlich aus der Hand gerissen. Mit ohrenbetäubendem Summen und Brausen ergoss sich eine rote Traube aus Millionen winziger Tiere ins Zimmer und stürzte sich auf den nackten Mann.
„Mein Gott – mein Gott!“ stöhnte Sergeant Priston und wich entsetzt zurück.
Die Tiere saugten sich an seinem nackten Körper fest.
„Nicht – nicht – zu Hilfe – zu Hilfe!“ Schreiend lief der Polizist durch das Zimmer, tastete nach der Tür, um ins Freie zu gelangen und Hilfe zu holen. Doch er sah überhaupt nichts mehr, hatte in dem Gewühl der ihn umschwirrenden Tiere die Orientierung gänzlich verloren.
Todesangst befiel ihn.
Das Bad – er musste sich in die Wanne stürzen. Vielleicht schützte ihn das Wasser und vertrieb die Tiere von seinem Körper?
Er schleppte sich durch den Raum, fand endlich die Tür zum Bad, stolperte hinein.
Aber er schaffte es nicht mehr. Vor der Wanne brach er zusammen. Er versuchte sich hochzuziehen – vergeblich.
Seine erschlafften Hände fielen ins Wasser. Verschwommen sah er, dass die Tiere auch unter Wasser nicht von ihm abließen. Gierig saugten sie jeden Tropfen Blut aus seinem Körper.
Gloria Barneby fiel ihm ein. Jetzt wusste er, wie sie ums Leben gekommen sein musste. Und er wusste auch: Dr. Hillarys Diagnose stimmte nicht – Marvin hatte recht gehabt!
„Verschließen Sie in der nächsten Zeit sorgfältig Ihre Türen und Fenster“, hatte er gesagt.
Aber was nützte ihm Ronalds Warnung jetzt noch?
„Ich hätte auf ihn hören sollen“, stöhnte der Sergeant halb erstickt, „hätte – auf – ihn – hören – soll …“
Seine Einsicht kam zu spät – viel zu spät.
Sein Kopf sank auf die Brust, der leblose Körper rutschte zur Seite, schlug hart auf dem Boden auf.
Sergeant Priston hörte den Wagen nicht mehr, der kurz darauf mit quietschenden Bremsen vor der Polizeistation hielt. Er sah auch die Gestalt in dem weiten Umhang nicht mehr, die wenig später im Badezimmer auftauchte und sich mit triumphierendem Grinsen über ihn beugte.
„Verfluchte Schweinerei!“ schimpfte Ronald Marvin und knallte die Morgenzeitung wütend auf den Tisch.
Patsy richtete sich im Bett auf und blickte ihren Verlobten, der im Schlafanzug auf der Couch saß, überrascht an.
„Diesem sauberen Dr. Hillary werde ich aber den Marsch blasen – verlass dich drauf. Das kann er mit mir nicht machen – nicht mit mir, verdammt noch mal. Zieh dich an – wir fahren sofort zu ihm.“
„Was ist denn überhaupt los?“
„Dieser Schuft hat der Presse bereits das endgültige Untersuchungsergebnis mitgeteilt. Obwohl er mir gestern fest versprach, mich zuerst darüber zu informieren.“ Er sprang auf, starrte die Wexforder Morgenzeitung einen Augenblick lang hasserfüllt an und verschwand dann im Bad.
„Sind auch Bilder drinnen?“ fragte Patsy und schlug die Bettdecke zurück.
„Natürlich nicht“, rief Ronald ihr aus dem Badezimmer zu.
Sie stand auf, ging zum Tisch, faltete die Zeitung auseinander. „Wo steht es eigentlich – ich kann nichts finden.“
„Auf Seite zwei – der kleine Artikel links oben. Es sind nur ein paar Zeilen. Genauso, wie es der Doktor wollte – möglichst verschwiegen und unauffällig, um nur ja keinen Staub aufzuwirbeln und den Herrn nicht in seiner Ruhe zu stören.“
Endlich fand Patsy den Artikel. Hastig überflog sie ihn.
„Ich verstehe nicht, dass du dich so darüber aufregst, Schatz“, sagte sie erleichtert. „Er wurde mit der Untersuchung früher fertig als geplant und gab das Ergebnis gleich weiter. Was ist daran so schlimm?“
„ …dass er sich nicht an unsere Abmachung hielt.“
„Ich finde es auch nicht richtig, aber ärgere dich jetzt nicht weiter darüber. Jetzt ist der Fall wenigstens erledigt – wir können endlich abreisen.“
„Nicht so eilig, Patsy – erst
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