044 - Die Millionengeschichte
zu Hause war, mußte ich Mr. Sands unterhalten, und er sprach dauernd von nichts anderem als von Kleidern und von Garderobe. Ich hatte damals gerade mein einziges neues Kleid verdorben, indem ich eine Tasse Kaffee verschüttete. Er tröstete mich und sagte, er würde schon mit Onkel sprechen, daß ich die nötigen Kleider bekäme.« Sie lachte wieder.
»Das spricht jedenfalls für seinen guten Charakter«, erwiderte Jimmy nachdenklich. »Aber ich darf Sie nicht wieder so lange allein lassen, Faith.«
»Ja, aber wie wollen Sie das denn machen?« fragte sie und sah ihn erstaunt an.
»Ich muß Sie eben von hier mit mir fortnehmen«, sagte er vergnügt. »Übrigens wird es nicht lange dauern, bis ich wieder eine gute Stellung bekomme, und etwas Geld habe ich ja auch. Meine Mutter ist nicht ganz ohne Vermögen. Sie könnten bei meinen Verwandten leben.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Aber Jimmy, Sie müssen doch einsehen, daß das nicht geht. Meine Mutter ist wirklich arm, und selbst wenn ich einwilligte, daß Sie für mich sorgen, kann ich doch nicht von Ihnen verlangen, daß Sie obendrein noch meine Mutter unterhalten.« Sie machte ein trauriges Gesicht. »Ich weiß, daß ich aus der Familie Léman bin, und ich besitze wahrscheinlich auch alle die schlechten Eigenschaften der Familie, aber es gibt manchmal Zeiten -«
Jimmy drückte ihren Arm liebevoll und war froh, daß er sie trösten konnte.
Es war bereits elf Uhr, als er in sein Hotel zurückkam. Ein englischer Pressemann wartete unten im Vestibül auf ihn.
»Hallo, Jimmy! Wir haben gehört, daß der alte Brown sich mit Ihnen entzweit hat. Der Chefredakteur hat mich sofort hergeschickt, um Ihnen sagen zu lassen, daß bei uns immer ein Redaktionsstuhl für Sie frei ist, wenn Sie zu uns kommen wollen.«
Jimmy grinste.
»Nein, das ist nicht gut genug für mich, ich schreibe nur Geschichten, für die ich eine Million Dollar bekomme!«
»Wie machen Sie denn das?« fragte der andere interessiert. »Sie wollen doch nicht etwa sagen, daß Sie für einen Artikel oder eine Artikelserie ein so hohes Honorar erhalten?«
»Doch, soviel ist meine Arbeit wert«, erklärte Jimmy, »aber in Wirklichkeit bekomme ich wohl etwas weniger.«
Jimmy erzählte ihm nun von seinen Schwierigkeiten, und der Journalist lachte über die Einstellung der Amerikaner.
»Aber warum machen Sie sich denn so große Kopfschmerzen?« fragte er schließlich erstaunt. »Sie können doch sehr einfach feststellen, ob Harry Léman geheiratet hat oder nicht. Sie brauchen sich doch nur an das Zentralstandesamt in Somerset House zu wenden.«
Jimmy sah ihn erstaunt an, denn davon hatte er noch nie etwas gehört.
»Somerset House«, fuhr der andere fort, »ist die Zentralstelle, wo alle Eheschließungen, Geburten, Todesfälle, Scheidungen und andere Unglücksfälle registriert werden, die den Einwohnern Großbritanniens passieren. Wann soll denn eigentlich die Trauung gewesen sein?«
Jimmy gab die ungefähre Zeit an.
»Nun, die Sache ist wirklich furchtbar einfach.« Der Journalist erklärte Jimmy, wie er es machen müßte, um die gewünschte Aufklärung zu erhalten. Merkwürdig, dachte Jimmy, als er sich am Abend auskleidete, daß ich nicht längst auf diese einfache Lösung gekommen bin.
Aber schließlich war er ja nur auf Besuch in England und kannte wenig von den Einrichtungen des Landes. Glücklicherweise hatte der Sonderberichterstatter der ›New York Post‹ ebensowenig Ahnung davon wie er, und so hatte Jimmy immer noch Gelegenheit, amtliche Feststellungen über die eventuelle Trauung Harry Lémans zu machen. In der amerikanischen Presse war jedenfalls darüber noch nichts mitgeteilt worden. Der freundliche Journalist hatte versprochen, ihn am nächsten Vormittag nach Somerset House zu begleiten, und als Jimmy morgens in die Hotelhalle kam, wartete der Mann schon auf ihn.
Die Durchsicht der Register in Somerset House war lächerlich einfach; nach einer Viertelstunde hatten sie bereits die betreffende Eintragung entdeckt. Jimmy war bestürzt und verstört, als er den nackten Tatsachen gegenüberstand. Schwarz auf weiß konnte er hier lesen:
Harry Léman, 56 Jahre alt, Junggeselle, getraut mit Margaret Smith, 31 Jahre alt, Witwe. Die Vermählung fand statt am 29. Oktober 19.. auf dem Standesamt in Griddelsea.
»Unglaublich«, sagte Jimmy atemlos. »Und das hätte man nun schon längst hier erfahren können! Nur einen Dollar hätte ich zu zahlen brauchen, dann hätte ich schon vor achtzehn
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