0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm
ans Bett gefesselt.
Der Diener ging rückwärts zur Tür. Er zog eine Pistole aus der Tasche und spannte die Waffe. »Los, beeilen Sie sich«, sagte er mürrisch. »Ich habe nicht viel Zelt.«
Percy richtete sich auf. Er musterte kritisch den Teller mit den Sandwiches. Einige Augenblicke kämpfte er mit sich und der Versuchung, einige der Schnitten zu verzehren. Er war hungrig. Aber dann ließ er sich zurückfallen und starrte die weiß getünchte Kellerdecke an. »Bringen Sie das Zeug ruhig wieder weg«, sagte er. »Ich habe nicht vor, etwas zu essen.«
»Hungerstreik?« fragte der Diener amüsiert. »Wen hoffen Sie damit beeindrucken zu können?«
Percy schwieg. »Na ja, vielleicht haben Sie recht«, fuhr der Diener fort. »Weshalb sollten Sie sich noch mästen?« Percy wälzte den Kopf herum, so daß er den Mann im weißen Jackett mustern konnte. »Ich habe es geahnt. Dieser Schuft will erst Liza um Ihr Geld bringen, und dann wird er mich töten.«
»Zeugen sind immer unbequem«, sagte der Diener.
»Wer ist Ihr Boß?«
»Sie erwarten doch nicht im Ernst, daß ich Ihnen einen Namen nenne?«
»Warum nicht? Ich denke, ich soll getötet werden?« fragte Percy bitter. »Was spielt es unter diesen Umständen für eine Rolle, wenn Sie mir den Namen mitteilen?«
»Man kann nicht wissen«, meinte der Diener. »Vielleicht will das Mädchen Sie noch einmal sehen…«
»Na und? Sie verkleben mir ja doch die Lippen!«
»Das Ist richtig«, sagte der Diener. »Ja — das stimmt!« Er schien zu überlegen.
»Los, heraus mit der Sprache! Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, wer meinen Tod wünscht!«
Bevor der Diener etwas sagen konnte, kam von oben ein Geräusch, In seine stahlgrauen Augen trat ein Ausdruck gespannter Aufmerksamkeit. Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf lauschte er. Im nächsten Moment knallte es.
Es war ein dumpfer Knall, hart, trocken, spröde. Percy merkte, wie sein Herz aufgeregt gegen die Rippen trommelte. Oben war ein Schuß gefallen! Danach war es wieder still.
Der Diener zog nervös die Unterlippe zwischen die Zähne. Ei- sah ratlos und verwirrt aus. Im nächsten Augenblick gab er sich einen Ruck und verließ den Kellerraum. Percys Schultern sanken enttäuscht nach unten, als er hörte, daß der Diener von außen den Riegel vorlegte und den Schlüssel herumdrehte. Immerhin konnte er mit den freien Händen die Fußfesseln lösen.
Zwei Minuten später saß Percy auf dem Bett. Er massierte sich die Fußgelenke.
Wer hatte geschossen? Warum war geschossen worden — und auf wen?
Die Sekunden dehnten sich wie Gummi. Aus den Sekunden wurden Minuten. Nichts geschah. Warum kam der Diener nicht zurück? Percy erhob sich. Er stelzte steifbeinig durch den Raum und machte einige Kniebeugen, um seine alte Beweglichkeit zurückzugewinnen. Neben dem Teller mit den Sandwiches stand eine Flasche Bier. Sie war geöffnet. Percy goß das Bier auf den Boden. Er behielt die Flasche in der Hand. Das war genau die Waffe, die er brauchte!
Aber würde er gegen die Pistole des Dieners auch nur die geringste Chance haben? Egal! Er mußte alles auf eine Karte setzen. Jetzt, wo er wußte, daß man seinen Tod beschlossen hatte, war kein Risiko zu gering.
Dann knallte es ein zweitesmal. Percy Stout blickte auf die Armbanduhr, die man ihm belassen hatte. Seit dem ersten Schuß und dem Verschwinden des Dieners waren genau acht Minuten verstrichen. Percys Nervosität nahm rapide zu. Er rüttelte an der Tür, obwohl er wußte, daß sie sich nicht mit Gewalt öffnen ließ, jedenfalls nicht mit den Hilfsmitteln, die ihm zur Verfügung standen.
Dann hörte er Schritte. Sie kamen die Kellertreppe herab, schwer, aber etwas zögernd.
Percy hatte inzwischen gelernt, die Schritte seiner Peiniger auseinanderzuhalten. Er wußte, wie der Diener auftrat, und er kannte den leichten Schritt des Hausbesitzers. Der Mann, der sich jetzt der Kellertür näherte, war ein Fremder.
Kam ein Retter?
Percy hoffte es, aber gleichzeitig zweifelte er daran. Retten konnte ihn nur die Polizei. Aber ein einzelner Beamter würde wohl kaum hier unten auftauchen.
Eine Faust klopfte gegen die Tür. »Hallo?« rief eine heisere männliche Stimme.
»Bitte öffnen Sie!« sagte Percy aufgeregt.
»Sind Sie es, Stout?«
»Ja — und wer sind Sie?«
Percy hörte, wie statt einer Antwort der Riegel zurückgeschoben und der Schlüssel herumgedreht wurde. Percy trat einen Schritt zurück. Er hielt noch immer die Flasche fest umklammert, aber er war zu
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