0443 - Lady Panthera
sehen zwar einen Menschen vor sich, aber man kann sich auch leicht täuschen.«
Ich hielt das für Gerede und wechselte das Thema. »Was wollen Sie jetzt tun, wo Sie wissen, in welchen Händen sich das Kreuz befindet? Können Sie überhaupt etwas tun?«
»Unterschätzen Sie meine Macht nicht, John Sinclair. Sie ist stärker, als Sie denken.«
»Das kann ich mir vorstellen. Aber wollen Sie sich gegen das Kreuz stellen? Wollen Sie es mir vielleicht abnehmen? Wenn ja, wird es schwierig, denn ich bin der Erbe des Kreuzes, der Sohn des Lichts und möglicherweise die Reinkarnation des König Salomo. Darüber sollten Sie nachdenken.«
Sie schaute mich an. Ihr Blick war sehr skeptisch geworden. »Ich frage mich, ob du das Kreuz auf unrechte Art und Weise an dich gebracht hast?«
»Nein, das nie und nimmer. Es ist seinen Weg gegangen. Es hat viel durchgemacht und hinter sich. Berühmte Menschen haben es besessen. Unter anderem Richard Löwenherz und Hector de Valois, ein großer Templer-Führer. Ich habe nur ihr Erbe übernommen.«
Panthera schüttelte den Kopf. »Nein, John Sinclair. Du bist nicht würdig, ein Erbe zu übernehmen. Ich sehe es dir an. Du bist kein würdiger Nachfolger derer, die das Kreuz vor dir besaßen. Ein schwacher Mensch steht vor mir. Ein Mensch, der versucht hat, sich gegen die Hölle zu stellen, der aber verlor, sonst wäre das Hexagramm des Königs nicht von der Fläche verschwunden. Ich kann dich nur verachten. Du bist es nicht wert, das Erbe eines Großen zu besitzen.«
Ich hob die Schultern. »Das kann schon sein, aber ich habe es nun mal und werde auch damit umgehen. Dabei kommt es mir sehr gelegen, dass wir aufeinander getroffen sind. So kannst du mir sicherlich einige Informationen geben, was die damalige Zeit betrifft.«
»Große Worte, John Sinclair, von einem Menschen, der nicht in der Lage ist, sie einzuhalten. Es tut mir leid. Du kannst um meine Freundschaft buhlen, ich werde sie dir jedoch nicht geben. Du besitzt zwar das Erbe des Königs, als meinen König werde ich dich trotzdem nicht anerkennen.«
»Das sollst du auch nicht.«
»Was dann?«
»Wir könnten zusammenarbeiten. Das wäre ideal. Du besitzt mehr Informationen als ich. Unter Umständen kann ich aus den Dingen, die vor langer Zeit geschehen sind, lernen.«
»Nein, nicht mit dir. Ich will und ich werde meinen eigenen Weg gehen, John Sinclair.«
»Ist er anders als der meine?«
»Bestimmt.«
»Also Feindschaft?«
Sie lächelte wieder hintergründig. »Zumindest keine Freundschaft. Es ist mir nicht gegeben, mit dir einen Pakt zu schließen. Das will ich auch nicht, John Sinclair.« Sie drehte sich um und blieb so stehen. Uns wandte sie den Rücken zu.
Nun habe ich nichts gegen einen schönen Rücken einzuwenden — zudem konnte Panthera sich durchaus sehen lassen -, aber in diesem Fall sah die Sache anders aus. Sie konnte nicht so tun, als wären wir nicht vorhanden, das meinte auch Suko.
»Ich glaube, wir müssen etwas unternehmen!« flüsterte er mir zu.
»Das meine ich auch.«
Panthera drehte sich noch immer nicht um. Auch nicht, als sie meine Schritte hören musste, mit denen ich mich ihr näherte. Dabei trat ich bewusst hart auf.
Sie blieb wie ein Denkmal stehen.
Ich legte meine Hand auf ihre rechte freie Schulter und wunderte mich über die Kühle der Haut.
Im nächsten Augenblick wunderte ich mich noch mehr. Gezogen hatte ich sie nicht. Lady Panthera kippte mir rücklings entgegen, so dass ich überrascht einen Schritt zurücktrat, den Körper aber sofort auffing.
Er war ungewöhnlich steif und blieb abgestützt in einer Schräglage auf meinen Armen liegen. Nur mehr die Hacke berührten den Boden.
»Suko, komm her…«
Mein Partner hatte sich auch ohne die Aufforderung schon in Bewegung gesetzt. Dicht neben mir blieb er stehen.
Ich aber starrte in das Gesicht der Frau und bedachte den Inspektor mit keinem Blick.
»Was ist los, John?«
Tief holte ich Luft. »Verdammt!« flüsterte ich leise. »Verdammt. Ich glaube, sie ist tot…«
***
Mein Freund und Partner lachte auf. »John, du irrst dich!«
Heftig schüttelte ich den Kopf. »Nein, Suko. Schau selbst nach. Fühle ihren Puls. Mach schon!« Ich war plötzlich aufgeregt.
Mein Freund tat, was ich verlangte. Und ich ließ ihn dabei nicht aus den Augen.
»Und?«
»John!« flüsterte er. »Verflucht, ich glaube, du hast recht.«
»Ich weiß es.«
Über das Gesicht der Toten hinweg schauten wir uns an. Wahrscheinlich standen in unseren
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