0443 - Lady Panthera
mit dunklen Haaren, die ebenfalls ein violettes Kleid trug, das viel von ihrer linken Schulter und den langen Beinen zeigte.
Ihr Haar fiel als Flut um ihr Gesicht. Es war dunkel, besaß aber breite, graue Strähnen.
Wir waren beide beeindruckt, denn dieses Wesen hätten wir in einem solchen Haus nicht erwartet.
»Bitte, kommen Sie doch näher.« Ihre Stimme war ein rauchiges Flüstern, aber sehr gut zu verstehen.
Die Frau saß hinter einem Schreibtisch, auf dem eine getönte Glasplatte lag. Unter dem Glas schimmerte ein Buchstabe. Es war ein großes, rötlich leuchtendes S.
Vielleicht stand es für Salomo.
»Wollen Sie nicht Platz nehmen?« fragte sie und deutete auf zwei schwere Sessel.
»Danke«, sagte ich.
Sie saß im Licht, wir im Schatten, deshalb bekam ihr Gesicht etwas Geheimnisvolles und auch Düsteres.
Die vollen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Darf ich fragen, wer mit mir telefoniert hat?«
»Ich«, sagte Suko.
Sie richtete ihren Blick auf meinen Freund. Ich konnte es nicht genau erkennen, glaubte aber zu sehen, dass sie grüne Pupillen besaß. Lässig schlug sie die Beine übereinander, so dass der Kleiderstoff noch höher rutschte.
»Ja, ich kenne Ihren Namen, aber den Ihres Begleiters nicht.«
»Ich heiße John Sinclair.«
»Aha«, sagte sie, und es klang so, als wüsste sie Bescheid.
»Darf ich auch um Ihren Namen bitten?« erkundigte ich mich.
Sie lächelte. »Das ist schwer. Nennen Sie mich einfach Panthera.«
»Das ist sehr seltsam.«
»Stimmt. Aber wer zu uns gehört, der vergisst seinen Geburtsnamen einfach.« Sie deutete mit einer weit ausholenden Armbewegung hinter sich.
»Sehen Sie dort den Vorhang. Für mich ist er ein Symbol. Er teilt nicht nur diesen Raum, sondern auch die Welt. Ich bezeichne ihn als einen magischen Äquator.«
»Das ist sehr gewagt…,«
»Vielleicht, aber wir sind auch etwas Besonderes, wie Sie bestimmt wissen.«
»Salomo Magic Assoziation.«
»Korrekt.«
»Und was bezwecken Sie?«
Panthera drückte sich tief in den Sessel zurück und schaute gegen die Decke. »Dahinter steckt eine gewisse Philosophie, die auch unsere Mitglieder verfolgen.«
»Dürfen wir mehr darüber wissen?« fragte Suko.
»Weshalb nicht? Sie sind ja gekommen, weil Sie sich für König Salomo interessieren.«
»In der Tat.«
»Wissen Sie eigentlich, wer König Salomo war?«
Suko schaute mich an, damit ich die Antwort geben konnte. Ich wusste tatsächlich mehr über ihn, gab aber mein Wissen nicht preis, sondern hob die Schultern und antwortete etwas ausweichend. »Ich möchte ihn als eine faszinierende Persönlichkeit bezeichnen.«
Lady Panthera schüttelte den Kopf. »Das reicht bei weitem nicht aus, wie Sie sich vorstellen können.«
»Stimmt. Vielleicht könnten Sie uns aufklären, Madam?«
»Ich werde es gern versuchen. Salomo regierte von 953-993 vor Christus. Seine Mutter hieß Bathseba, der Vater war der mächtige und berühmte König David. Salomo wurde sein Nachfolger auf dem Thron Israels. Er war anders als die vorherigen Könige. Er genoss das Leben. Seine Vorgänger führten Kriege, er dagegen heiratete die Töchter fremder Fürsten und sicherte dadurch seine Grenzen. Dies war schon ein Beweis für seine sprichwörtliche Weisheit. Während seiner vierzigjährigen Herrschaft hat er nicht einen Krieg geführt.«
»Das ist beachtlich«, sagte ich.
»Ja, und wir wollen ihm nacheifern. Auch wir wollen keinen Krieg…«
»Wer will das schon?« fragte ich.
Sie schaute mich fast streng an.
»Bleiben wir doch lieber bei Salomo«, schlug Suko vor.
»Gut. Ich möchte gern bei seiner Weisheit bleiben. Sie war die Folge einer innerlichen Versenkung in das Spiel der Welt. Vor allem in der Teilhabe am erotischen Spiel der Geschlechter. Die Inder bezeichnen dies als den ›Kurzen Pfad zur Erleuchtung‹. In aller Munde brachte ihn der Bau des großen Tempels auf dem Berg Moria und die Errichtung eines herrlichen Palastes auf dem Berg Zion. Seine intensive Beschäftigung mit den geheimen Überlieferungen fremder Völker trug ihm in der damaligen Welt noch zu Lebzeiten den Ruf eines großen Magiers und Weisen ein. Ich glaube, dass er viel gewusst hat. Er besaß viele wertvolle Dinge, die uns heute fehlen. Sein Ruhm und seine Weisheit drangen bis nach Arabien und lockten schließlich die Königin von Saba nach Jerusalem, die ihn wohl nicht nur alleine - wie die Bibel schreibt - mit Rätseln versuchen wollte. Sie gab ihm Gold, Edelsteine und Schiffe. Dafür
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