0443 - Lady Panthera
schon zu sehen. Suko besaß einen Dieterich aus Kunststoff. Man konnte ihn als ein besonderes Material bezeichnen, denn er passte sich den ausgefeilten Schlössern sehr gut an, und meistens kamen wir gut durch.
So auch jetzt.
Mein Freund werkelte nicht lange am Schloss. Nach knapp fünfzehn Sekunden richtete er sich auf und nickte mir zu. »Das war es.«
Ich übernahm den zweiten Teil und öffnete die Tür, während Suko zurückgetreten war, seine Waffe gezogen hatte und mir somit eine gewisse Rückendeckung gab.
Die Angeln waren sehr gut geölt, was mich wiederum nicht wunderte.
Lady Panthera schien diesen Weg des öfteren benutzt zu haben. Auch als Unsichtbare?
Wir kamen hier überhaupt noch nicht klar, zogen nur die Tür auf und leuchteten in einen leeren Raum, der aber einen zweiten Ausgang besaß.
Noch blieben wir stehen. Ich wollte erst sichergehen und ließ den Lampenstrahl auch in jeden der vier Winkel wandern, aber auch dort hielt sich keiner versteckt.
»Sie ist nicht da!« meldete sich Suko.
»Das habe ich mir fast gedacht.« Mein Partner schob sich an mir vorbei und leuchtete gegen die zweite Tür. Ich verfolgte den Strahl mit einem Auge, sah plötzlich etwas auf dem Boden liegen, und auch Suko hatte dieses Etwas entdeckt und ließ den Lampenstrahl wieder nach rechts wandern, um das Objekt in den hellen Schein zu bekommen. Es war ein Toter!
Obwohl wir so geschockt durch diese Entdeckung waren, bewegten wir uns vorsichtig auf die Leiche zu, da wir keine unangenehmen Überraschungen erleben wollten.
Der Mann lag auf dem Rücken. Dass er noch jung war, konnten wir erkennen, und dass er zu einer bestimmten Gesellschaftsschicht gehörte, ebenfalls. An seiner Kleidung und der Bemalung identifizierten wir ihn als Skinhead. Er war tot, und sein Mörder konnte einfach kein Mensch gewesen sein, das erkannten wir an den Verletzungen.
»O verdammt!« flüsterte Suko und rieb sein Kinn. »Wer hat hier gewütet, John?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte ich krächzend und war noch immer stark erschüttert.
»Die Frau?«
Ich hob die Schultern. »Das kann ich mir kaum vorstellen. Sie muss einen Helfer gehabt haben.«
»Ja, ein Tier.« Suko ging weiter. »Als etwas anderes kann ich den Killer nicht bezeichnen.«
Während mein Freund auf die zweite Tür zuschritt, wollte ich den Raum nach Spuren untersuchen. Dazu kam ich nicht mehr, denn ich hörte die gepresst klingende Stimme meines Freundes.
»Komm doch mal her, John.«
Wenn Suko so sprach, war etwas im Busch. Ich drehte mich um und lief zu ihm.
Er stand still da, aber der lange Lampenstrahl zitterte doch. Suko hatte ihn auf eine Treppe gerichtet. Dicht davor und im grellen Kegel der Lampe sahen wir ihn liegen.
Es war der zweite Tote.
Er hatte sich zusammengekrümmt, als hätte er noch versucht, im letzten Augenblick wegzukriechen. Das war ihm nicht gelungen. Der Tod hatte ihn noch vor der untersten Stufe erwischt.
Ich ging näher. Suko blieb zurück. Als ich neben der Leiche stand, winkte ich meinem Freund zu. Sprechen konnte ich nicht. Dazu war das Geschehene einfach zu schrecklich.
»Schau ihn dir an«, sagte ich. »Und sage mir dann, wie er ums Leben gekommen ist.«
Von zwei Lichtstrahlen wurde der Tote jetzt angeleuchtet. Beide waren wir der Ansicht, dass dieser Mensch nicht, wie der erste, von einem Raubtier erwischt worden war.
Der war auf eine andere Art und Weise ums Leben gekommen. Wahrscheinlich hatte ihn ein kaum vorstellbares Mordinstrument erwischt, denn fast über seinem gesamten Körper zeigte sich ein Schnitt.
Auch dieser Tote gehörte zur Gruppe des Skinheads. Was die beiden in dem Keller gesucht hatten, wussten wohl nur sie selbst. Und sie konnten uns keine Antwort mehr geben.
Beide traf es uns plötzlich wie ein Schlag, als wir hinter uns das leise Stöhnen hörten.
Wir fuhren herum und leuchteten gegen eine Wand. Dort lag ein Bündel Mensch. Er blutete stark, aber er lebte, wie auch immer. Wir hetzten zu ihm, knieten uns neben ihm nieder und sahen beide, dass diesem Mann kein Arzt der Welt mehr helfen konnte.
Es glich schon einem Wunder, dass er überhaupt noch lebte. Blut war auch über sein Gesicht gelaufen, und ich wischte es ihm vorsichtig aus seinen Augen.
Er sah uns an. Ob er überhaupt erkannte, dass männliche Personen neben ihm hockten, spielte für ihn keine Rolle. Er wollte noch etwas sagen und unterstrich diesen Wunsch auch mit einer Bewegung, als er unter großen Mühen den Arm hob und mich anfasste.
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