0444 - Die Nonne mit der Teufelsklaue
ihr Gesicht einen beinahe strahlenden Ausdruck angenommen, als würde sie sich auf ihren Tod regelrecht freuen.
Mit diesem Gedanken verließ sie den unteren Wohnraum. Ihr Schlafzimmer lag in der ersten Etage. Die Haustür mußte sie noch abschließen, das hatte sie nach dem Tod ihres Bruders immer so gemacht. Kaum drehte sich der Schlüssel im Schloß, als Kevin, der Hund, unruhig wurde.
Zuerst bellte er heiser, dann fing er an zu knurren, und schließlich stieß er ein erbarmungswürdiges Jaulen aus, das der Frau furchtbare Angst einjagte.
Sie preßte sich mit dem Rücken gegen die Tür, zitterte am ganzen Leib und hatte die Augen weit aufgerissen, während sich ihre Lippen bewegten, ohne daß auch nur ein geflüstertes Wort den Mund verlassen hätte.
Was hatte der Hund?
Sie konnte sich nicht erinnern, ihn in der letzten Zeit so jaulen gehört zu haben. Dieses Geräusch hörte sich schrecklich an. Ihr kam es vor, als wollte das Tier den Mond anheulen.
Plötzlich verstummte das Geräusch.
Im ersten Augenblick erschien Jennifer die Stille noch bedrückender. Sie ballte die Hände, wollte einfach losschreien, aber nur ein Krächzen verließ ihre Kehle.
Minutenlang blieb sie stehen, zitternd, mit Angst gefüllt, die an ihr nagte.
Warum hatte der Hund so geheult?
Im Haus würde sie keine Antwort darauf finden, aber sollte sie tatsächlich nach draußen gehen?
Hinein in die Dunkelheit und Einsamkeit? Früher hatte sie sich davor nicht gefürchtet, seit sie allein im Haus lebte und nur den Hund als Schutz hatte, sah die Sache anders aus.
An Kevin hing sie. Und deshalb überwand sie sich selbst und ihre große Angst.
Sie schloß wieder auf.
Sehr vorsichtig öffnete sie die Tür nur einen Spalt, durch den sie in die Dunkelheit schauen konnte. Über der Haustür befand sich eine Lampe, die sie erst jetzt einschaltete.
Vom Moor her hatten sich die dünnen Nebelschwaden ausgebreitet und trieben jetzt durch den Schein der Lampe. Er berührte auch den Boden, wo er eine hellere Insel schuf, die an ihren runden Rändern allmählich zerfaserte.
Wo Licht ist, gibt es Hoffnung. Diese alte Weisheit traf auch bei Jennifer McFarlaine zu, denn sie traute sich endlich, das Haus zu verlassen. Auf Zehenspitzen schob sie sich an der roh gezimmerten Sitzbank vorbei und blieb neben einer schlanken Scheinbuche stehen, die sich an der Hausecke befand und den Beginn des kleinen Rundwegs kennzeichnete, der um das Haus führte.
Nicht weit entfernt stand die Hundehütte. Ein kleines Häuschen für sich, in dem sich ein großer Ausgang befand. Kevin fühlte sich in seinem Reich wohl, er war auch nie angekettet worden, und jedesmal, wenn jemand kam, begrüßte er die Person.
Nur jetzt nicht…
Das Zittern überlief die Frau urplötzlich. Sie wollte nicht mehr hingehen, denn sie ahnte, was mit Kevin geschehen war. Daß sie trotzdem ein Bein vor das andere setzte, wunderte sie selbst, und so schritt sie auf die Hütte zu.
Noch immer raste ihr Herzschlag. Diesmal sogar stärker als sonst.
Die Entfernung zur Hütte betrug nur wenige Schritte. Sie fielen ihr so ungemein schwer.
Als sie den toten Bruder identifiziert hatte, war ein ähnliches Gefühl in ihr hochgestiegen.
Vor der Hütte blieb sie stehen.
Weder ein Streichholz noch ein Feuerzeug trug sie bei sich. So konnte sie nicht in die Hütte hineinleuchten, und der Lichtschein über der Tür reichte nicht bis zu ihr.
Jennifer McFarlaine bückte sich. In der Hocke blieb sie, schob nur ihren Kopf weiter vor, um in die Hütte blicken zu können. Es roch nach Hund, das tat es immer, sie sah auch den Schatten des Tieres, nur bewegte sich dieser nicht.
Weshalb war er denn so starr?
Sie stellte sich diese Frage immer wieder, wußte möglicherweise auch die Antwort, drängte sie aber zurück. Statt dessen schob sie ihre Hand in die Hütte hinein, und die Finger berührten schon sehr bald das dichte Fell des Hundes.
Jennifer hatte seine Brust erwischt. Sie kannte jede Stelle des Körpers, auch im Dunkeln. Jetzt tastete sie sich höher, sie wollte den Kopf anheben und spürte plötzlich die klebrige Flüssigkeit an ihren Fingern.
Als hätte sie einen heftigen Stoß erhalten, so rasch zuckte die Hand zurück.
Es war zu dunkel. Sie hielt die Finger dicht vor ihre Augen, sah dieses klebrige Zeug und wie es in Streifen an der Handfläche entlang in Richtung Gelenk rann.
Jennifer stand auf. Dabei glichen ihre Bewegungen denen einer ferngesteuerten Puppe. Sie ging den gleichen Weg wieder
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