0445 - Der Mann, der meinen Tod befahl
haben. Solange ist der Fall auch für mich noch nicht abgeschlossen. Sie müssen uns helfen, die Bande möglichst rasch zu fassen.«
»Ich soll Ihnen, dem FBI, helfen?« fragte er, »Sie machen Witze oder Sie machen sich über uns Zivilisten lustig.«
»Nein, keineswegs, Mr. Morris. Sie lassen Sonderdrucke herstellen mit dem Text, daß die Mortimer AG die gestohlenen Dokumente für den Preis von zweihunderttausend Dollar zurückkaufen will. Auf diesem Wisch versprechen Sie, die Sache auf dem privaten Wege beizulegen.«
Ich erklärte ihm die Zusammenhänge und berichtete von McLaughlins Anruf.
»Die Gangster werden also versuchen, Ihnen die alten Dokumente wieder anzudrehen, die sie Joe wieder abgejagt haben. Und gerade das soll auch geschehen. Sie werden auf das Angebot der Gangster eingehen und die Geldsumme bereitstellen.«
»Und wer soll den Kontaktmann spielen?« fragte Morris. »Aus unserer Firma würde sich keiner für einen solch gefährlichen , Job hergeben.«
»Auch daran habe ich gedacht. Wenn es Ihnen recht ist, werde ich selbst die Verbindung mit den Gangstern aufnehmen, vorausgesetzt, sie melden sich auf Ihren Sonderdruck hin.«
»Sie glauben, daß die Burschen anrufen?« fragte Morris und wischte sich mit einem Seidentuch den Schweiß von der Stirn.
»Ich bin überzeugt davon. Außerdem wird Humbly, da McLaughlin bis dahin noch nicht zu ihm zurückgekehrt ist, besonders eilig sein. Er wird versuchen, Laughlin zuvorzukommen, den er natürlich noch immer in Freiheit glaubt. Ja, Humbly wird befürchten, daß Mc-Laughlin ihm das Geschäft vor der Nase wegschnappen könnte.«
»Sie mögen recht haben«, sagte Morris. »Darf ich Ihnen Kaffee anbieten oder einen Whisky? Rauchen Sie?«
»Danke, ja.« Ich nahm eine seiner Zigaretten und entschied mich für einen Whisky mit Soda, der mich belebte.
»Bestellen Sie alles, was Sie brauchen, Mr. Cotton. Ich werde Ihnen ein Büro räumen lassen, in dem Sie alle Vorbereitungen treffen können.«
Das Office enthielt sogar eine Bar mit eingebautem Kühlschrank. Ich schlürfte eiskaltes Sodawasser mit einem Fingerhut voll Whisky. Nach einer halben Stunde hatte ich Morris den Text für das Flugblatt entworfen.
»Zweihunderttausend Dollar Belohnung! Achtung, Bewohner von New York. Bei einem Einbruch in die Tresorräume der Mortimer AG wurden wichtige Geheimdokumente gestohlen. Es ist zu befürchten, daß die Diebe mit dem wertvollen Material nichts änzufangen wissen und es vernichten oder achtlos wegwerfen. Die Mortimer AG ist bereit, dem Wiederbringer dieser Pläne eine Belohnung von zweihunderttausend Dollar auszuzahlen. Wenden Sie sich vertrauensvoll an die Werksleitung. Anruf genügt. Die Auszahlung der zweihunderttausend Dollar Belohnung erfolgt unter Ausschluß des Rechtsweges. Die Werksleitung.«
Direktor Morris Unterzeichnete den Entwurf und gab einer Druckerei den Auftrag. Wenig später bereits wurden die Flugblätter der Mortimer AG an allen Zeitungskiosken von New York mit den Tageszeitungen verteilt.
Drei Stunden waren seitdem vergangen. Ich saß in meinem Office. Jedesmal, wenn das Telefon in diesem Raum mit einem glockenhellen Klang anschlug, zuckte ich zusammen.
Ich meldete mich verabredungsgemäß mit »Shepmaster«.
Jedesmal war es Morris, der sich nach den Gangstern erkundigte.
Gegen sechs sank bei mir die Hoffnung. Sollte Humbly Lunte gerochen haben, daß wir McLaughlin bereits hinter Gitter gebracht hatten?
Um halb sieben schellte das Elfenbeintelefon auf der blankpolierten Mahagonischreibtischplatte.
»Hallo, hier Shepmaster«, meldete ich mich.
»Ich spreche mit Mortimer & Co?« fragte eine Stimme, die verzerrt klang.
»Ja, Sie sprechen mit Mortimer & Co.«
»Es handelt sich um die Geheimdokumente«, sagte der Anrufer und machte eine Pause. Ich versuchte, mich an die Stimme zu erinnern. Es gelang mir nicht. Eines wußte ich mit Sicherheit. Es war nicht Humbly selbst, der in der Telefonkabine stand.
»Haben Sie die Mortimer-Akten gefunden?« fragte ich seelenruhig.
»Wir haben die Akten gefunden«, wiederholte der andere, »möchten aber keine Scherereien haben.«
»Sie möchten unerkannt bleiben?«
»Ja — genau das.«
»Das ist verständlich«, pflichtete ich ihm bei. »Wenn Sie nicht selbst erscheinen wollen, können Sie auch die Sache einem Rechtsanwalt übergeben.«
»Nein, das ist nicht nötig«, erwiderte der andere. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Wir tauschen die Dokumente an einem neutralen Ort gegen das Geld
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